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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr.

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Die dänische Dimnantenregie

im Sinne des Schutzgebietsgesetzes, sie hat keine Erwerbszwecke und erhebt lediglich
eine Gebühr in Höhe von 5 Prozent vom Werte der verkauften Steine; ihre Kon¬
struktion bildet demnach eine Vereinigung der Bergbauinteressen auf der einen
und der fiskalischen und Schutzgebietsinteressen auf der anderen Seite.

Es ist nun eine an sich seltsame Erscheinung, daß die deutsche Diamanten¬
regie den Handel in den deutsch-südwestafrikanischen Diamanten nicht von deutschen
Handelsfirmen besorgen läßt, sondern ein Antwerpener Händlersyndikat mit dem
Vertriebe betraut hat. Obgleich die junge deutsche Diamantenproduktion vergleichs¬
weise sehr große Mengen darstellt und der ständig wachsende Reichtum Teutsch¬
lands die Basis für einen ausgebreiteten deutschen Tiamantenhandel zu bieten
scheint, wandern dennoch die deutsch-südwestasrikanischen Diamanten kurz nach
ihrer Ankunft in Berlin über die Grenze, um in Antwerpen oder Amsterdam auf den
Markt gebracht zu werden. Diese Entwicklung ist hauptsächlich durch die Ver¬
hältnisse bedingt und zeigt ganz auffallende Parallelen mit der Entwicklung des
englischen Diamantenhandels, so daß sich daraus beachtenswerte Schlüsse für die
Beeinflussung der weiteren Entfaltung des deutschen Diamantenhandels durch die
zuständigen Faktoren ziehen lassen.

Vor Entdeckung der südafrikanischen Diamanten war Paris die Zentrale
des Weltdiamantenhandels, wo die damals wichtigste Produktion der brasilianischen
Diamanten auf den Markt gelangte; denn der einzige andere Diamantenproduzent
-- Indien -- kam wegen der geringen Zahl seiner Steine nicht in Betracht.
Auch die englisch-südafrikanischeDiamantenproduktion schloß sich an den französischen
Diamantenmarkt an. Erst mit der wachsenden Bedeutung der Produktion
der südafrikanischen Diamanten, die unter scharfem Preisdruck den Markt zu
beherrschen begannen, interessierten sich englische Handelsfirmen sür das Geschäft
und verlegten allmählich den Markt nach London, das sich hierdurch zur Diamant-
Handelsmetropole entwickelte. Später wurde dann die südafrikanische Produktion in
dem großen englischen Diamantsyndikat zusammengefaßt, das auch durch die
Entdeckung der Premiermine und deren Outsiderstellung keine wesentliche
Erschütterung erfahren hat; vielmehr hat sich diese Politik ganz besonders
bewährt bei der großen Finanzkrisis von 1907, als die allgemeine Geld¬
kalamität den Absatz dieses Luxusartikels besonders nachhaltig beeinflußte.

Entsprechend den Anfängen in England hat bis jetzt auch der deutsche
Handel keine Organisation geschaffen, um einen wirklichen Diamantenmarkt in
Deutschland auszubilden, und die Monopolorganisation der Diamantenregie für
das südwestafrikanische Schutzgebiet, die in dem ersten Jahre ihrer Tätigkeit
mit den besonderen Schwierigkeiten des Diamantenmarktes zu kämpfen hatte,
hat schließlich den Vertrag mit dem Antwerpener Händlersyndikat geschlossen,
weil er das geringste Risiko zu bieten schien.

Es liegt nun die Frage nahe, ob die Möglichkeit oder Notwendigkeit besteht,
das bisherige Verkaufssystem der deutschen Diamantenregie aufzugeben und ob
sich die Annahme des englischen Systems des Diamantenverkaufs empfiehlt.


Die dänische Dimnantenregie

im Sinne des Schutzgebietsgesetzes, sie hat keine Erwerbszwecke und erhebt lediglich
eine Gebühr in Höhe von 5 Prozent vom Werte der verkauften Steine; ihre Kon¬
struktion bildet demnach eine Vereinigung der Bergbauinteressen auf der einen
und der fiskalischen und Schutzgebietsinteressen auf der anderen Seite.

Es ist nun eine an sich seltsame Erscheinung, daß die deutsche Diamanten¬
regie den Handel in den deutsch-südwestafrikanischen Diamanten nicht von deutschen
Handelsfirmen besorgen läßt, sondern ein Antwerpener Händlersyndikat mit dem
Vertriebe betraut hat. Obgleich die junge deutsche Diamantenproduktion vergleichs¬
weise sehr große Mengen darstellt und der ständig wachsende Reichtum Teutsch¬
lands die Basis für einen ausgebreiteten deutschen Tiamantenhandel zu bieten
scheint, wandern dennoch die deutsch-südwestasrikanischen Diamanten kurz nach
ihrer Ankunft in Berlin über die Grenze, um in Antwerpen oder Amsterdam auf den
Markt gebracht zu werden. Diese Entwicklung ist hauptsächlich durch die Ver¬
hältnisse bedingt und zeigt ganz auffallende Parallelen mit der Entwicklung des
englischen Diamantenhandels, so daß sich daraus beachtenswerte Schlüsse für die
Beeinflussung der weiteren Entfaltung des deutschen Diamantenhandels durch die
zuständigen Faktoren ziehen lassen.

Vor Entdeckung der südafrikanischen Diamanten war Paris die Zentrale
des Weltdiamantenhandels, wo die damals wichtigste Produktion der brasilianischen
Diamanten auf den Markt gelangte; denn der einzige andere Diamantenproduzent
— Indien — kam wegen der geringen Zahl seiner Steine nicht in Betracht.
Auch die englisch-südafrikanischeDiamantenproduktion schloß sich an den französischen
Diamantenmarkt an. Erst mit der wachsenden Bedeutung der Produktion
der südafrikanischen Diamanten, die unter scharfem Preisdruck den Markt zu
beherrschen begannen, interessierten sich englische Handelsfirmen sür das Geschäft
und verlegten allmählich den Markt nach London, das sich hierdurch zur Diamant-
Handelsmetropole entwickelte. Später wurde dann die südafrikanische Produktion in
dem großen englischen Diamantsyndikat zusammengefaßt, das auch durch die
Entdeckung der Premiermine und deren Outsiderstellung keine wesentliche
Erschütterung erfahren hat; vielmehr hat sich diese Politik ganz besonders
bewährt bei der großen Finanzkrisis von 1907, als die allgemeine Geld¬
kalamität den Absatz dieses Luxusartikels besonders nachhaltig beeinflußte.

Entsprechend den Anfängen in England hat bis jetzt auch der deutsche
Handel keine Organisation geschaffen, um einen wirklichen Diamantenmarkt in
Deutschland auszubilden, und die Monopolorganisation der Diamantenregie für
das südwestafrikanische Schutzgebiet, die in dem ersten Jahre ihrer Tätigkeit
mit den besonderen Schwierigkeiten des Diamantenmarktes zu kämpfen hatte,
hat schließlich den Vertrag mit dem Antwerpener Händlersyndikat geschlossen,
weil er das geringste Risiko zu bieten schien.

Es liegt nun die Frage nahe, ob die Möglichkeit oder Notwendigkeit besteht,
das bisherige Verkaufssystem der deutschen Diamantenregie aufzugeben und ob
sich die Annahme des englischen Systems des Diamantenverkaufs empfiehlt.


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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

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Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_319600/547>, abgerufen am 03.07.2024.