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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr.

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Die deutsche Diamantenregie

Ausblicke in eine bessere Zukunft. Die Männer des deutsch-französischen Wirt¬
schaftskomitees haben das erkannt. Mögen sie sich hüten, hohe Politik zu machen
und ebenso hüten, sich von wirtschaftspolitischen Parteien in einem der beiden Länder
ins Schlepptau nehmen zu lassen. Hier und da zeigen sich dazu bedenkliche Neigungen.
Das wäre bei dem Herannahen neuer zollpolitischer Auseinandersetzungen in
Deutschland verhängnisvoll für diese Annäherungsbestrebungen. Die französischen
Finanz- und Geschäftsleute wissen, wie unsinnig das Geschwätz von den Bankerotten
Deutschland ist. Um die Pariser Place de la Bourrö schätzt man die Wirkungen
des deutsch-französischen Abkommens für das Wirtschaftsleben sehr hoch ein und
rechnet auf einen zuerst langsamen, dann aber immer rascheren und glänzenderen
Aufschwung der deutsch-französischen Wirtschaftsbeziehungen. Die Herren spekulieren
so gewiß nicht aus reiner Liebe zu Deutschland, sondern weil sie wissen, daß eine
solche Entente für Frankreich von größtem Vorteil wäre. Trotzdem stimmen wir
-- mit einiger Vorsicht -- im allgemeinen diesen Tendenzen zu, da sie erstens auch
dem deutschen Handel und Wandel nützlich werden können und zweitens eine Aus¬
sicht eröffnen, die politische Krise rascher zu beseitigen. Ist die Finanz bei der
Herabminderung der Spannung interessiert, wird sie auch die von ihr abhängige
Großpresse zur Einstellung der wüsten Dentschenhetze veranlassen und damit wäre
schon viel gewonnen. Kann man auf diesem Gebiet der deutsch-französischen An¬
näherung nicht mit großen Mitteln arbeiten, muß man auch mit den kleinen zufrieden
sein. Alles in allem: die Lage ist ernst, aber keineswegs so verzweifelt, wie die
Pessimisten glauben machen wollen, die im Krieg den einzigen Ausweg suchen.




Die deutsche Diamantenregie
Privatdozent Dr. Zadow von

MW!is die kaiserliche Verordnung vom 16. Januar 1909 betr. den
! Handel mit südwestafrikanischen Diamanten den Förderern dieser
^ Edelsteine die Verpflichtung auferlegt hatte, ihre gesamte Produktion
dem Fiskus zwecks Vermittlung einer möglichst günstigen Ver-
^ wertung zur Verfügung zu stellen, schlössen sich alle an der Diamant¬
gewinnung im Schutzgebiet interessierten Gruppen, mit Allsnahme der Colmcmskop-
Gesellschaft und der kleinen Förderer, zusammen und bewirkten durch Vermittlung
ihrer Bankiers die Errichtung der "Deutschen Dianlantregie-Gesellschaft", welcher
der Vertrieb der deutschen Kolonialdiamanten auf der Grundlage der erwähnten
Verordnung*) übertragen wurde. Diese Regiegesellschaft ist eine Kolonialgesellschaft



*) Die Verordnung sieht auch die Möglichkeit einer Kontingentierung vor, wodurch eine
Vergeudung von Diamanten verhindert und die Möglichkeit gegeben wird, die deutsche Pro¬
duktion den Weltmarktverhältnissen anzupassen.
Die deutsche Diamantenregie

Ausblicke in eine bessere Zukunft. Die Männer des deutsch-französischen Wirt¬
schaftskomitees haben das erkannt. Mögen sie sich hüten, hohe Politik zu machen
und ebenso hüten, sich von wirtschaftspolitischen Parteien in einem der beiden Länder
ins Schlepptau nehmen zu lassen. Hier und da zeigen sich dazu bedenkliche Neigungen.
Das wäre bei dem Herannahen neuer zollpolitischer Auseinandersetzungen in
Deutschland verhängnisvoll für diese Annäherungsbestrebungen. Die französischen
Finanz- und Geschäftsleute wissen, wie unsinnig das Geschwätz von den Bankerotten
Deutschland ist. Um die Pariser Place de la Bourrö schätzt man die Wirkungen
des deutsch-französischen Abkommens für das Wirtschaftsleben sehr hoch ein und
rechnet auf einen zuerst langsamen, dann aber immer rascheren und glänzenderen
Aufschwung der deutsch-französischen Wirtschaftsbeziehungen. Die Herren spekulieren
so gewiß nicht aus reiner Liebe zu Deutschland, sondern weil sie wissen, daß eine
solche Entente für Frankreich von größtem Vorteil wäre. Trotzdem stimmen wir
— mit einiger Vorsicht — im allgemeinen diesen Tendenzen zu, da sie erstens auch
dem deutschen Handel und Wandel nützlich werden können und zweitens eine Aus¬
sicht eröffnen, die politische Krise rascher zu beseitigen. Ist die Finanz bei der
Herabminderung der Spannung interessiert, wird sie auch die von ihr abhängige
Großpresse zur Einstellung der wüsten Dentschenhetze veranlassen und damit wäre
schon viel gewonnen. Kann man auf diesem Gebiet der deutsch-französischen An¬
näherung nicht mit großen Mitteln arbeiten, muß man auch mit den kleinen zufrieden
sein. Alles in allem: die Lage ist ernst, aber keineswegs so verzweifelt, wie die
Pessimisten glauben machen wollen, die im Krieg den einzigen Ausweg suchen.




Die deutsche Diamantenregie
Privatdozent Dr. Zadow von

MW!is die kaiserliche Verordnung vom 16. Januar 1909 betr. den
! Handel mit südwestafrikanischen Diamanten den Förderern dieser
^ Edelsteine die Verpflichtung auferlegt hatte, ihre gesamte Produktion
dem Fiskus zwecks Vermittlung einer möglichst günstigen Ver-
^ wertung zur Verfügung zu stellen, schlössen sich alle an der Diamant¬
gewinnung im Schutzgebiet interessierten Gruppen, mit Allsnahme der Colmcmskop-
Gesellschaft und der kleinen Förderer, zusammen und bewirkten durch Vermittlung
ihrer Bankiers die Errichtung der „Deutschen Dianlantregie-Gesellschaft", welcher
der Vertrieb der deutschen Kolonialdiamanten auf der Grundlage der erwähnten
Verordnung*) übertragen wurde. Diese Regiegesellschaft ist eine Kolonialgesellschaft



*) Die Verordnung sieht auch die Möglichkeit einer Kontingentierung vor, wodurch eine
Vergeudung von Diamanten verhindert und die Möglichkeit gegeben wird, die deutsche Pro¬
duktion den Weltmarktverhältnissen anzupassen.
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[0546] Die deutsche Diamantenregie Ausblicke in eine bessere Zukunft. Die Männer des deutsch-französischen Wirt¬ schaftskomitees haben das erkannt. Mögen sie sich hüten, hohe Politik zu machen und ebenso hüten, sich von wirtschaftspolitischen Parteien in einem der beiden Länder ins Schlepptau nehmen zu lassen. Hier und da zeigen sich dazu bedenkliche Neigungen. Das wäre bei dem Herannahen neuer zollpolitischer Auseinandersetzungen in Deutschland verhängnisvoll für diese Annäherungsbestrebungen. Die französischen Finanz- und Geschäftsleute wissen, wie unsinnig das Geschwätz von den Bankerotten Deutschland ist. Um die Pariser Place de la Bourrö schätzt man die Wirkungen des deutsch-französischen Abkommens für das Wirtschaftsleben sehr hoch ein und rechnet auf einen zuerst langsamen, dann aber immer rascheren und glänzenderen Aufschwung der deutsch-französischen Wirtschaftsbeziehungen. Die Herren spekulieren so gewiß nicht aus reiner Liebe zu Deutschland, sondern weil sie wissen, daß eine solche Entente für Frankreich von größtem Vorteil wäre. Trotzdem stimmen wir — mit einiger Vorsicht — im allgemeinen diesen Tendenzen zu, da sie erstens auch dem deutschen Handel und Wandel nützlich werden können und zweitens eine Aus¬ sicht eröffnen, die politische Krise rascher zu beseitigen. Ist die Finanz bei der Herabminderung der Spannung interessiert, wird sie auch die von ihr abhängige Großpresse zur Einstellung der wüsten Dentschenhetze veranlassen und damit wäre schon viel gewonnen. Kann man auf diesem Gebiet der deutsch-französischen An¬ näherung nicht mit großen Mitteln arbeiten, muß man auch mit den kleinen zufrieden sein. Alles in allem: die Lage ist ernst, aber keineswegs so verzweifelt, wie die Pessimisten glauben machen wollen, die im Krieg den einzigen Ausweg suchen. Die deutsche Diamantenregie Privatdozent Dr. Zadow von MW!is die kaiserliche Verordnung vom 16. Januar 1909 betr. den ! Handel mit südwestafrikanischen Diamanten den Förderern dieser ^ Edelsteine die Verpflichtung auferlegt hatte, ihre gesamte Produktion dem Fiskus zwecks Vermittlung einer möglichst günstigen Ver- ^ wertung zur Verfügung zu stellen, schlössen sich alle an der Diamant¬ gewinnung im Schutzgebiet interessierten Gruppen, mit Allsnahme der Colmcmskop- Gesellschaft und der kleinen Förderer, zusammen und bewirkten durch Vermittlung ihrer Bankiers die Errichtung der „Deutschen Dianlantregie-Gesellschaft", welcher der Vertrieb der deutschen Kolonialdiamanten auf der Grundlage der erwähnten Verordnung*) übertragen wurde. Diese Regiegesellschaft ist eine Kolonialgesellschaft *) Die Verordnung sieht auch die Möglichkeit einer Kontingentierung vor, wodurch eine Vergeudung von Diamanten verhindert und die Möglichkeit gegeben wird, die deutsche Pro¬ duktion den Weltmarktverhältnissen anzupassen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_319600/546>, abgerufen am 03.07.2024.