Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.De'r Aampf der Bildungsidl^ale Blüte die Erfinder und Entdecker hervor, aber auch die praktischen Organisatoren Sollte es dazu etwa der empfehlenswerte Weg sein, daß man sie während Könnte man nicht vielleicht sagen, der Typus des Realisten (immer in Darüber freilich darf der andere durchaus nicht verkümmern! Es ist kein De'r Aampf der Bildungsidl^ale Blüte die Erfinder und Entdecker hervor, aber auch die praktischen Organisatoren Sollte es dazu etwa der empfehlenswerte Weg sein, daß man sie während Könnte man nicht vielleicht sagen, der Typus des Realisten (immer in Darüber freilich darf der andere durchaus nicht verkümmern! Es ist kein <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0073" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/319022"/> <fw type="header" place="top"> De'r Aampf der Bildungsidl^ale</fw><lb/> <p xml:id="ID_819" prev="#ID_818"> Blüte die Erfinder und Entdecker hervor, aber auch die praktischen Organisatoren<lb/> des Lebens, aus dem Lager der anderen, die man, wenn auch mit zweifelhafter<lb/> Berechtigung Idealisten nennen wird, die Denker ans abstrakteren: Gebiet, die<lb/> Philosophennaturen, mich wohl die meisten der wissenschaftlichen Forscher. Ob<lb/> nun Richter, ob Gesetzgeber, ob Führer des Volkes auf allerlei wichtigen Gebieten<lb/> den einen oder den andern der Wege beschritten haben sollen, das freilich wird<lb/> schwerlich allgemeingültig zu beantworten sein: Persönlichkeiten von beiderlei<lb/> Art mögen hier ihren Wert behaupten und erweisen; aber jedenfalls ist ihnen<lb/> Blick für die Wirklichkeit des Lebens und allmähliche Ausbildung nach dieser<lb/> Seite durchaus unentbehrlich.</p><lb/> <p xml:id="ID_820"> Sollte es dazu etwa der empfehlenswerte Weg sein, daß man sie während<lb/> der Jugendjahre vor allem zur sinnenden inneren Betrachtung des Lebens an¬<lb/> leite und dem dann folgenden Teil des Lebens die Entwicklung des praktischen<lb/> Sinnes überlasse? Dieser Weg ist uns bis jetzt der geläufigere. Aber das<lb/> Gefühl, daß damit nur ein Notbehelf statthabe, hat sich doch vielfach geregt.<lb/> Daß überhaupt alle höheren Berufe von den sinnenden Naturen, den zumeist<lb/> im abstrakten (unanschaulichen) Denken Geübten zu verwalten seien, ist eine<lb/> Annahme, die sich geschichtlich erklärt, aber mit Recht ins Wanken gekommen<lb/> ist. Man sehe z. B., was tüchtige Offiziere in Stellungen von der höchsten<lb/> geistigen Verantwortlichkeit zu leisten vermocht haben; und was hervorragende<lb/> Kaufleute auch außerhalb ihrer eigentlichen Erfahrnngssphäre leisten können,<lb/> mag die Zukunft voller zeigen, als Vergangenheit und Gegenwart.</p><lb/> <p xml:id="ID_821"> Könnte man nicht vielleicht sagen, der Typus des Realisten (immer in<lb/> unserm besonderen Sinne), des Sach- und Tatmenschen also, entspreche einem<lb/> jugendlichen Entwicklungsstadium des Menschen und der des sinnenden Geistcs-<lb/> menschen jener Art mehr dem reifen, wenn nicht dem späten Lebensalter? Ist<lb/> es nicht für das Gedeihen einer Nation wichtig, vor allem recht viele Mit¬<lb/> glieder des tätigen, unternehmenden Typus zu besitzen? Ist das nicht nach¬<lb/> gerade bei einer aufstrebenden und aufblühenden Nation das Natürliche? Ist<lb/> nicht unsere nationale Entwicklung dadurch gehemmt worden, daß wir ein Über¬<lb/> gewicht des nichtpraktischen gehabt und gewahrt haben? Immerhin, wir haben<lb/> uns ja trotzdem hindurch- und emporgearbeitet, weil energische Zucht sich mit<lb/> den breiten Denk- und Redeübungen verbunden hat. Aber Gegenwart und<lb/> Zukunft fordern mit größerer Bestimmtheit die Förderung der Menschen von<lb/> dem zweiten Typus, der eben der erste insofern sein soll, als er im Vorder¬<lb/> gründe zu stehen hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_822" next="#ID_823"> Darüber freilich darf der andere durchaus nicht verkümmern! Es ist kein<lb/> Wunder, daß ein Land wie Amerika vor allem den zweiten Typus aufweist<lb/> und durch ihn seine tüchtigsten Lebensleistungen erzielt hat; aber in neuerer<lb/> Zeit findet dort doch auch der erste seine Stätte, Pflege und Würdigung: die<lb/> im besten Sinn aufblühenden Universitäten helfen zumeist dazu. Und wir in<lb/> Deutschland haben diesen ersten Typus lange Zeit hindurch so ausschließlich</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0073]
De'r Aampf der Bildungsidl^ale
Blüte die Erfinder und Entdecker hervor, aber auch die praktischen Organisatoren
des Lebens, aus dem Lager der anderen, die man, wenn auch mit zweifelhafter
Berechtigung Idealisten nennen wird, die Denker ans abstrakteren: Gebiet, die
Philosophennaturen, mich wohl die meisten der wissenschaftlichen Forscher. Ob
nun Richter, ob Gesetzgeber, ob Führer des Volkes auf allerlei wichtigen Gebieten
den einen oder den andern der Wege beschritten haben sollen, das freilich wird
schwerlich allgemeingültig zu beantworten sein: Persönlichkeiten von beiderlei
Art mögen hier ihren Wert behaupten und erweisen; aber jedenfalls ist ihnen
Blick für die Wirklichkeit des Lebens und allmähliche Ausbildung nach dieser
Seite durchaus unentbehrlich.
Sollte es dazu etwa der empfehlenswerte Weg sein, daß man sie während
der Jugendjahre vor allem zur sinnenden inneren Betrachtung des Lebens an¬
leite und dem dann folgenden Teil des Lebens die Entwicklung des praktischen
Sinnes überlasse? Dieser Weg ist uns bis jetzt der geläufigere. Aber das
Gefühl, daß damit nur ein Notbehelf statthabe, hat sich doch vielfach geregt.
Daß überhaupt alle höheren Berufe von den sinnenden Naturen, den zumeist
im abstrakten (unanschaulichen) Denken Geübten zu verwalten seien, ist eine
Annahme, die sich geschichtlich erklärt, aber mit Recht ins Wanken gekommen
ist. Man sehe z. B., was tüchtige Offiziere in Stellungen von der höchsten
geistigen Verantwortlichkeit zu leisten vermocht haben; und was hervorragende
Kaufleute auch außerhalb ihrer eigentlichen Erfahrnngssphäre leisten können,
mag die Zukunft voller zeigen, als Vergangenheit und Gegenwart.
Könnte man nicht vielleicht sagen, der Typus des Realisten (immer in
unserm besonderen Sinne), des Sach- und Tatmenschen also, entspreche einem
jugendlichen Entwicklungsstadium des Menschen und der des sinnenden Geistcs-
menschen jener Art mehr dem reifen, wenn nicht dem späten Lebensalter? Ist
es nicht für das Gedeihen einer Nation wichtig, vor allem recht viele Mit¬
glieder des tätigen, unternehmenden Typus zu besitzen? Ist das nicht nach¬
gerade bei einer aufstrebenden und aufblühenden Nation das Natürliche? Ist
nicht unsere nationale Entwicklung dadurch gehemmt worden, daß wir ein Über¬
gewicht des nichtpraktischen gehabt und gewahrt haben? Immerhin, wir haben
uns ja trotzdem hindurch- und emporgearbeitet, weil energische Zucht sich mit
den breiten Denk- und Redeübungen verbunden hat. Aber Gegenwart und
Zukunft fordern mit größerer Bestimmtheit die Förderung der Menschen von
dem zweiten Typus, der eben der erste insofern sein soll, als er im Vorder¬
gründe zu stehen hat.
Darüber freilich darf der andere durchaus nicht verkümmern! Es ist kein
Wunder, daß ein Land wie Amerika vor allem den zweiten Typus aufweist
und durch ihn seine tüchtigsten Lebensleistungen erzielt hat; aber in neuerer
Zeit findet dort doch auch der erste seine Stätte, Pflege und Würdigung: die
im besten Sinn aufblühenden Universitäten helfen zumeist dazu. Und wir in
Deutschland haben diesen ersten Typus lange Zeit hindurch so ausschließlich
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