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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.

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Das Gluck des Hauses Rottland

"Pardon, mon euer, der hatte eine v. Koths; meine Großmutter selig hat
sie ganz genau gekannt --"

"Madame meinen den Großvater, Edmund v. Metternich auf Vettelhoven,
aber hier handelt sich's um den Enkel."

"Ach so, Sie reden von dem jüngeren Edmund I Dessen Tante war also die
Gutta v. Metternich, die den kurkölnischer Landhofmeister v. der Leyen heiratete.
Es nutz eine süperbe Frau gewesen sein."

"Das war die Tante seines Vaters. Soviel mir wißlich, hatte der jüngere
Edmund von der Schwertseite her nur einen Onkel."

"Und dieser Edmund hatte eine v. Prime? Hieß sie vielleicht Margaretha
Susanne?"

"Mit Verlaub, Madame, das war ihre Mutter. Sie selbst hieß Maria Elisabeth."

"Maria Elisabeth! Richtig! Von der hat mir meine selige Mutter erzählt.
Sie war blatternarbig und hatte eine hohe Schulter. Sie muß zeitig Wittib
geworden sein."

"Ganz recht, Frau Gubernatorin, und ihr Gemahl hinterließ ihr eine einzige
Tochter, Maria Katharina, die den Johann v. Harff zu Drimborn heiratete."

"Die habe ich gekannt, wie sie noch jeune jille war. Man konnte sie für
eine be2ut6 passieren lassen, ohngeachtet ihre Nase ein weniges zu groß war, aber
ihre conäuite ließ viel zu wünschen übrig, denn sie war coquette und zu allem
csvable. Auf dem Schlosse zu Düsseldorf sprang sie einmal mit weißen atlassenen
Schuhen in die kontaine, und ich kann mich erinnern, daß dieser eclat noch Jahre
lang besprochen wurde. Aber nun weiß ich immer noch nicht, wie die v. Harff
mit denen v. Gertzen verwandt sind."

"Die Wittib des v. Metternich heiratete in zweiter Ehe den Johann Bertram
v. Gertzen --"

"Ah -- jetzt verstehe ich! Dieser v. Gertzen war also der beau-peie von
der v. Harff --"

"-- Und hatte einen Bruder mit Namen Johann Otto --"

"-- Und der ist der Großvater von der Katharina Jgnatia, die neulich den
o. Pallandt zu Breitenbend geheiratet hat. ^erci bien, mon ami! Jetzt weiß
ich Bescheid."

"Waren Madame und die mater reverenäa bei den Hochzeitsfestivitäten?"
erlaubte sich der geistliche Freund zu fragen.

,,^e vous prie, mon ami! Wie kämen denn wir dazu!" entgegnete Frau
v. Ödinghoven mit Schärfe.

"Nun, ich glaubte, weil Herr v. Pallandt doch wohl ein cousin von dem
Herrn v. Pallandt zu Wachendorf ist. Und so nahm ich an, die Herrschaften
hätten durch Dero Herrn neveu auch Relationen zu der Familie in Breitenbend."
"

"Die Verwandtschaft mit dem zu Wachendorf gilt uns keinen Deut, erklärte
die Gubernatorin sehr bestimmt; "übrigens ist er nur der neveu unseres Bruders
oder vielmehr der neveu unserer seligen Schwägerin."

"Und obendrein Calvinist," setzte die Priorin mit dem Ausdruck des Abscheus
hinzu, "und von seinen äebauLnes hört man entsetzliche Geschichten."

"Er führt ein tolles Leben und hat sich in den paar Jahren, da er im Felde
stand, die übelsten Sitten angewöhnt," ergänzte Frau v. Ödinghoven den Bericht


Das Gluck des Hauses Rottland

„Pardon, mon euer, der hatte eine v. Koths; meine Großmutter selig hat
sie ganz genau gekannt —"

„Madame meinen den Großvater, Edmund v. Metternich auf Vettelhoven,
aber hier handelt sich's um den Enkel."

„Ach so, Sie reden von dem jüngeren Edmund I Dessen Tante war also die
Gutta v. Metternich, die den kurkölnischer Landhofmeister v. der Leyen heiratete.
Es nutz eine süperbe Frau gewesen sein."

„Das war die Tante seines Vaters. Soviel mir wißlich, hatte der jüngere
Edmund von der Schwertseite her nur einen Onkel."

„Und dieser Edmund hatte eine v. Prime? Hieß sie vielleicht Margaretha
Susanne?"

„Mit Verlaub, Madame, das war ihre Mutter. Sie selbst hieß Maria Elisabeth."

„Maria Elisabeth! Richtig! Von der hat mir meine selige Mutter erzählt.
Sie war blatternarbig und hatte eine hohe Schulter. Sie muß zeitig Wittib
geworden sein."

„Ganz recht, Frau Gubernatorin, und ihr Gemahl hinterließ ihr eine einzige
Tochter, Maria Katharina, die den Johann v. Harff zu Drimborn heiratete."

„Die habe ich gekannt, wie sie noch jeune jille war. Man konnte sie für
eine be2ut6 passieren lassen, ohngeachtet ihre Nase ein weniges zu groß war, aber
ihre conäuite ließ viel zu wünschen übrig, denn sie war coquette und zu allem
csvable. Auf dem Schlosse zu Düsseldorf sprang sie einmal mit weißen atlassenen
Schuhen in die kontaine, und ich kann mich erinnern, daß dieser eclat noch Jahre
lang besprochen wurde. Aber nun weiß ich immer noch nicht, wie die v. Harff
mit denen v. Gertzen verwandt sind."

„Die Wittib des v. Metternich heiratete in zweiter Ehe den Johann Bertram
v. Gertzen —"

„Ah — jetzt verstehe ich! Dieser v. Gertzen war also der beau-peie von
der v. Harff —"

„— Und hatte einen Bruder mit Namen Johann Otto —"

„— Und der ist der Großvater von der Katharina Jgnatia, die neulich den
o. Pallandt zu Breitenbend geheiratet hat. ^erci bien, mon ami! Jetzt weiß
ich Bescheid."

„Waren Madame und die mater reverenäa bei den Hochzeitsfestivitäten?"
erlaubte sich der geistliche Freund zu fragen.

,,^e vous prie, mon ami! Wie kämen denn wir dazu!" entgegnete Frau
v. Ödinghoven mit Schärfe.

„Nun, ich glaubte, weil Herr v. Pallandt doch wohl ein cousin von dem
Herrn v. Pallandt zu Wachendorf ist. Und so nahm ich an, die Herrschaften
hätten durch Dero Herrn neveu auch Relationen zu der Familie in Breitenbend."
"

„Die Verwandtschaft mit dem zu Wachendorf gilt uns keinen Deut, erklärte
die Gubernatorin sehr bestimmt; „übrigens ist er nur der neveu unseres Bruders
oder vielmehr der neveu unserer seligen Schwägerin."

„Und obendrein Calvinist," setzte die Priorin mit dem Ausdruck des Abscheus
hinzu, „und von seinen äebauLnes hört man entsetzliche Geschichten."

„Er führt ein tolles Leben und hat sich in den paar Jahren, da er im Felde
stand, die übelsten Sitten angewöhnt," ergänzte Frau v. Ödinghoven den Bericht


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[0567] Das Gluck des Hauses Rottland „Pardon, mon euer, der hatte eine v. Koths; meine Großmutter selig hat sie ganz genau gekannt —" „Madame meinen den Großvater, Edmund v. Metternich auf Vettelhoven, aber hier handelt sich's um den Enkel." „Ach so, Sie reden von dem jüngeren Edmund I Dessen Tante war also die Gutta v. Metternich, die den kurkölnischer Landhofmeister v. der Leyen heiratete. Es nutz eine süperbe Frau gewesen sein." „Das war die Tante seines Vaters. Soviel mir wißlich, hatte der jüngere Edmund von der Schwertseite her nur einen Onkel." „Und dieser Edmund hatte eine v. Prime? Hieß sie vielleicht Margaretha Susanne?" „Mit Verlaub, Madame, das war ihre Mutter. Sie selbst hieß Maria Elisabeth." „Maria Elisabeth! Richtig! Von der hat mir meine selige Mutter erzählt. Sie war blatternarbig und hatte eine hohe Schulter. Sie muß zeitig Wittib geworden sein." „Ganz recht, Frau Gubernatorin, und ihr Gemahl hinterließ ihr eine einzige Tochter, Maria Katharina, die den Johann v. Harff zu Drimborn heiratete." „Die habe ich gekannt, wie sie noch jeune jille war. Man konnte sie für eine be2ut6 passieren lassen, ohngeachtet ihre Nase ein weniges zu groß war, aber ihre conäuite ließ viel zu wünschen übrig, denn sie war coquette und zu allem csvable. Auf dem Schlosse zu Düsseldorf sprang sie einmal mit weißen atlassenen Schuhen in die kontaine, und ich kann mich erinnern, daß dieser eclat noch Jahre lang besprochen wurde. Aber nun weiß ich immer noch nicht, wie die v. Harff mit denen v. Gertzen verwandt sind." „Die Wittib des v. Metternich heiratete in zweiter Ehe den Johann Bertram v. Gertzen —" „Ah — jetzt verstehe ich! Dieser v. Gertzen war also der beau-peie von der v. Harff —" „— Und hatte einen Bruder mit Namen Johann Otto —" „— Und der ist der Großvater von der Katharina Jgnatia, die neulich den o. Pallandt zu Breitenbend geheiratet hat. ^erci bien, mon ami! Jetzt weiß ich Bescheid." „Waren Madame und die mater reverenäa bei den Hochzeitsfestivitäten?" erlaubte sich der geistliche Freund zu fragen. ,,^e vous prie, mon ami! Wie kämen denn wir dazu!" entgegnete Frau v. Ödinghoven mit Schärfe. „Nun, ich glaubte, weil Herr v. Pallandt doch wohl ein cousin von dem Herrn v. Pallandt zu Wachendorf ist. Und so nahm ich an, die Herrschaften hätten durch Dero Herrn neveu auch Relationen zu der Familie in Breitenbend." " „Die Verwandtschaft mit dem zu Wachendorf gilt uns keinen Deut, erklärte die Gubernatorin sehr bestimmt; „übrigens ist er nur der neveu unseres Bruders oder vielmehr der neveu unserer seligen Schwägerin." „Und obendrein Calvinist," setzte die Priorin mit dem Ausdruck des Abscheus hinzu, „und von seinen äebauLnes hört man entsetzliche Geschichten." „Er führt ein tolles Leben und hat sich in den paar Jahren, da er im Felde stand, die übelsten Sitten angewöhnt," ergänzte Frau v. Ödinghoven den Bericht

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318948/567>, abgerufen am 04.01.2025.