Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.Das Glück des Hauses Rottland zurückzuführen"). Es zeigte sich also hier mit völliger Klarheit, daß, wenn es gilt, Die Lehre der Humanität und ihre erprobten Organisationen besitzen eben Das Glück des Hauses Rottland Roman von Julius R. Haarhaus II. Die Frage, wer sich an diesem ungewöhnlich schönen Frühlingsmorgen der *) Für das Nähere vergleiche den hochinteressanter Aufsatz von Ludwig Keller: "Charles
Kingsley und die religiös-sozialen Kämpfe in England ini neunzehnten Jahrhundert" (Vor¬ träge und Aufsätze aus der Comeniusgesellschaft) 1911. Das Glück des Hauses Rottland zurückzuführen"). Es zeigte sich also hier mit völliger Klarheit, daß, wenn es gilt, Die Lehre der Humanität und ihre erprobten Organisationen besitzen eben Das Glück des Hauses Rottland Roman von Julius R. Haarhaus II. Die Frage, wer sich an diesem ungewöhnlich schönen Frühlingsmorgen der *) Für das Nähere vergleiche den hochinteressanter Aufsatz von Ludwig Keller: „Charles
Kingsley und die religiös-sozialen Kämpfe in England ini neunzehnten Jahrhundert" (Vor¬ träge und Aufsätze aus der Comeniusgesellschaft) 1911. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0563" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/319510"/> <fw type="header" place="top"> Das Glück des Hauses Rottland</fw><lb/> <p xml:id="ID_2633" prev="#ID_2632"> zurückzuführen"). Es zeigte sich also hier mit völliger Klarheit, daß, wenn es gilt,<lb/> soziale oder konfessionelle Kämpfe von entscheidender Bedeutung auszufechten, es<lb/> für einen jeden Staat ein Glück ist, wenn organisierte Mächte vorhanden sind,<lb/> die über den Gegensatz von Arbeitgeber und Arbeitnehmer erhaben sind und über<lb/> den streitenden Konfessionen stehen, und die alle ihre Glieder zu der unerschütter¬<lb/> lichen Überzeugung erziehen, daß es ihre Pflicht ist, die Autorität der Staatsgewalt<lb/> sowohl gegen hierarchische wie gegen revolutionäre Übergriffe aufrechtzuerhalten<lb/> und in Schutz zu nehmen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2634"> Die Lehre der Humanität und ihre erprobten Organisationen besitzen eben<lb/> eine Festigkeit, die sie von der Gunst oder Ungunst der Zeitverhältnisse unabhängig<lb/> macht. Staaten sind gekommen und gegangen, Umwälzungen aller Art haben sich<lb/> vollzogen, aber die Idee der Humanität und ihre Träger haben den Wechsel der<lb/> Zeit überdauert, und der uralte Baum, obwohl von Stürmen gefährlichster Art<lb/> erschüttert, steht heute in ungeschwächter Lebenskraft da.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Das Glück des Hauses Rottland<lb/> Roman<lb/><note type="byline"> von Julius R. Haarhaus</note> II. </head><lb/> <p xml:id="ID_2635" next="#ID_2636"> Die Frage, wer sich an diesem ungewöhnlich schönen Frühlingsmorgen der<lb/> Kutsche bedienen sollte, war für die beiden Damen nicht leicht zu entscheiden<lb/> gewesen. Die Priorin konnte ihr höheres Alter, ihre geistliche Würde und den<lb/> frommen Zweck der von ihr geplanten Ausfahrt geltend machen, die Gubernatorin<lb/> dagegen ihren höheren Rang, die Verpflichtung, den Besuch einer vornehmen und<lb/> einflußreichen Freundin endlich einmal zu erwidern, und zuletzt den Umstand, daß<lb/> sie beinahe drei volle Wochen lang nicht ausgefahren war. Nach lebhaften Er¬<lb/> örterungen hatte man sich auf den Kompromiß geeinigt, daß beide Schwestern<lb/> nach Münstereifel fahren, zusammen bei den Kapuzinern beichten und dann der<lb/> Frau von Syberg eine Visite abstatten sollten — ohne Zweifel eine überaus glück¬<lb/> liche Lösung, bei der weder der Himmel noch die Welt zu kurz gekommen wären.<lb/> Man bereitete sich auf die Ausfahrt würdig vor: die Gubernatorin, indem sie nach<lb/> sorgfältiger Musterung ihrer Toiletten die violenfarbige Damastrobe mit den<lb/> Bouffanten und dem fünf Brabanter Ellen langen Mcmteau anlegte, die Priorin,<lb/> indem sie sich eine Stunde lang geistlichen Betrachtungen hingab und ein Schälchen<lb/> gezuckerter Früchte verspeiste, für die sie eine besondere Schwäche hatte, weil sie<lb/> dadurch, wie sie behauptete, immer an das himmlische Manna erinnert wurde.<lb/> Dann schickten die Schwestern die alte Villa, die in jüngeren Jahren Kuhmagd</p><lb/> <note xml:id="FID_47" place="foot"> *) Für das Nähere vergleiche den hochinteressanter Aufsatz von Ludwig Keller: „Charles<lb/> Kingsley und die religiös-sozialen Kämpfe in England ini neunzehnten Jahrhundert" (Vor¬<lb/> träge und Aufsätze aus der Comeniusgesellschaft) 1911.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0563]
Das Glück des Hauses Rottland
zurückzuführen"). Es zeigte sich also hier mit völliger Klarheit, daß, wenn es gilt,
soziale oder konfessionelle Kämpfe von entscheidender Bedeutung auszufechten, es
für einen jeden Staat ein Glück ist, wenn organisierte Mächte vorhanden sind,
die über den Gegensatz von Arbeitgeber und Arbeitnehmer erhaben sind und über
den streitenden Konfessionen stehen, und die alle ihre Glieder zu der unerschütter¬
lichen Überzeugung erziehen, daß es ihre Pflicht ist, die Autorität der Staatsgewalt
sowohl gegen hierarchische wie gegen revolutionäre Übergriffe aufrechtzuerhalten
und in Schutz zu nehmen.
Die Lehre der Humanität und ihre erprobten Organisationen besitzen eben
eine Festigkeit, die sie von der Gunst oder Ungunst der Zeitverhältnisse unabhängig
macht. Staaten sind gekommen und gegangen, Umwälzungen aller Art haben sich
vollzogen, aber die Idee der Humanität und ihre Träger haben den Wechsel der
Zeit überdauert, und der uralte Baum, obwohl von Stürmen gefährlichster Art
erschüttert, steht heute in ungeschwächter Lebenskraft da.
Das Glück des Hauses Rottland
Roman
von Julius R. Haarhaus II.
Die Frage, wer sich an diesem ungewöhnlich schönen Frühlingsmorgen der
Kutsche bedienen sollte, war für die beiden Damen nicht leicht zu entscheiden
gewesen. Die Priorin konnte ihr höheres Alter, ihre geistliche Würde und den
frommen Zweck der von ihr geplanten Ausfahrt geltend machen, die Gubernatorin
dagegen ihren höheren Rang, die Verpflichtung, den Besuch einer vornehmen und
einflußreichen Freundin endlich einmal zu erwidern, und zuletzt den Umstand, daß
sie beinahe drei volle Wochen lang nicht ausgefahren war. Nach lebhaften Er¬
örterungen hatte man sich auf den Kompromiß geeinigt, daß beide Schwestern
nach Münstereifel fahren, zusammen bei den Kapuzinern beichten und dann der
Frau von Syberg eine Visite abstatten sollten — ohne Zweifel eine überaus glück¬
liche Lösung, bei der weder der Himmel noch die Welt zu kurz gekommen wären.
Man bereitete sich auf die Ausfahrt würdig vor: die Gubernatorin, indem sie nach
sorgfältiger Musterung ihrer Toiletten die violenfarbige Damastrobe mit den
Bouffanten und dem fünf Brabanter Ellen langen Mcmteau anlegte, die Priorin,
indem sie sich eine Stunde lang geistlichen Betrachtungen hingab und ein Schälchen
gezuckerter Früchte verspeiste, für die sie eine besondere Schwäche hatte, weil sie
dadurch, wie sie behauptete, immer an das himmlische Manna erinnert wurde.
Dann schickten die Schwestern die alte Villa, die in jüngeren Jahren Kuhmagd
*) Für das Nähere vergleiche den hochinteressanter Aufsatz von Ludwig Keller: „Charles
Kingsley und die religiös-sozialen Kämpfe in England ini neunzehnten Jahrhundert" (Vor¬
träge und Aufsätze aus der Comeniusgesellschaft) 1911.
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