Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.Das neue Hamburg rarische Gesellschaft ist wesentlich von Hamburger Volksschullehrern zuerst getragen Die größte Hoffnung gerade der niederdeutsch Fühlenden, der Dramatiker Vom Hamburger Theater ist letzthin beim Fortgang des Freiherrn Alfred Das allgemeine Vorlesungswesen wurde lange Zeit nebenamtlich von Ober¬ Grenzboten III 1911 6"
Das neue Hamburg rarische Gesellschaft ist wesentlich von Hamburger Volksschullehrern zuerst getragen Die größte Hoffnung gerade der niederdeutsch Fühlenden, der Dramatiker Vom Hamburger Theater ist letzthin beim Fortgang des Freiherrn Alfred Das allgemeine Vorlesungswesen wurde lange Zeit nebenamtlich von Ober¬ Grenzboten III 1911 6»
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Das neue Hamburg
rarische Gesellschaft ist wesentlich von Hamburger Volksschullehrern zuerst getragen
worden, wie auch die lebhaften Bestrebungen zur Belebung des Niederdeutschen
hier guten Boden fanden.
Die größte Hoffnung gerade der niederdeutsch Fühlenden, der Dramatiker
Fritz Stavenhagen, ist im Jahre 1906 viel zu früh dahingegangen, auch Liliencron
ist tot, aber die Zahl von Schriftstellern, die man auch draußen kennt und liest,
ist immer noch größer, als sie seit hundertfünfzig Jahren jemals in Hamburg
gewesen ist. Gustav Falke, Otto Ernst, Jakob Loewenberg habe ich schon erwähnt,
ich nenne die feine Darstellerin der Hamburger Gesellschaft Adalbert Meinhardt
(Marie Hirsch), den Romandichter Richard Huldschiner, Charlotte Niese, Ewald
Gerhard Seeliger, den Balladendichter, und könnte noch eine ganze Reihe Ge¬
wordener und Werdender nennen, begnüge mich aber mit zwei allbekannten Namen:
Richard Dehmel und Gustav Frenssen. Wer auf literarischem Wege einen guten
Begriff vom neuen Hamburg bekommen möchte, findet zwar noch kein Werk, das
es ganz darstellt, aber er lese „Die Niederelbe" von Richard Linde, „Asmus
Sempers Jugendland" von Otto Ernst, Ewald Gerhard Seeligers Balladenbuch
„Hamburg", „Die Kinder aus Ohlsens Gang" von Gustav Falke, das allerdings
schon recht spezielle Werk „Mein Heimatbuch" von Paul Bröcker und, wenn er
von den sozialen Strömungen hier etwas empfangen will, „Helmut Harringa"
von Hermann Popert und „Im Kampf um die Ideale" von Georg Bonne —
dann wird er ein Bild gewinnen, das freilich noch durch Alfred Lichtwarks ver¬
schiedene Schriften (vor allem „Hamburg, Niedersachsen" und „Der Deutsche der
Zukunft") ergänzt werden muß.
Vom Hamburger Theater ist letzthin beim Fortgang des Freiherrn Alfred
v. Berger nach Wien so viel die Rede gewesen, daß ich es mir erlassen kann,
auch darüber etwas zu sagen, zumal da anscheinend die nächste Zukunft hier noch
Neues und Ueberraschendes bringen wird. Aber wie das bauliche, das künst¬
lerische und das literarische, so ist auch das wissenschaftliche Hamburg zu ganz
neuen Zielen fortgeschritten. Früher gab es hier ein Akademisches Gymnasium,
das ein Mittelding, zwischen Schule und Hochschule darstellte — seit feinem Ein¬
gehen ist der Drang nach höherer Bildung in der immer wachsenden Bevölkerung,
zumal dem neuen Mittelstande, nie zur Genüge befriedigt worden. In den letzten
Jahren aber ist das allgemein zugängliche Vorlesungswesen der Oberschulbehörde
immer weiter ausgebaut worden und umfaßt heute in zahlreichen Kursen ziemlich
alle Wissenschaften, von der Theologie und der Rechtskunde bis zur Medizin und
allen Fächern einer philosophischen Fakultät. Daneben besteht ein besonderes
technisches Vorlesungswesen im Zusammenhang mit den verschiedenen staatlichen
technischen Schulen, neben denen eine lebendig und jugendlich wirksame staatliche
Kunstgewerbeschule existiert, der Fritz Schumacher jetzt nach schönem Entwurf ein
neues Heim schafft.
Das allgemeine Vorlesungswesen wurde lange Zeit nebenamtlich von Ober¬
lehrern, Anstaltsärzten, Pastoren, Richtern, Anwälten und auswärtigen, besonders
berufenen Gelehrten bestritten. Allmählich hat man eine ganze Reihe von Pro¬
fessoren im Hauptamt dafür anstellen müssen, und neben diese sind jetzt die
Dozenten des Kolonialinstituts getreten, das nach Form und Betrieb eine völlige
Hochschule darstellt. Eine Reihe der hier bestehenden wissenschaftlichen Anstalten
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