Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.Das neue Hamburg im Gange seiner Entwicklung von Wien her, wo er in den sechziger Jahren als Die Tätigkeit Brinckmanns wirkte besonders stark auf das hamburgische Hand- Das neue Hamburg im Gange seiner Entwicklung von Wien her, wo er in den sechziger Jahren als Die Tätigkeit Brinckmanns wirkte besonders stark auf das hamburgische Hand- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0528" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/319475"/> <fw type="header" place="top"> Das neue Hamburg</fw><lb/> <p xml:id="ID_2505" prev="#ID_2504"> im Gange seiner Entwicklung von Wien her, wo er in den sechziger Jahren als<lb/> Student der Naturwissenschaft bei Hyrtl und Simony hörte, aber sofort aufs<lb/> lebhafteste durch Eitelberger und sein Museum für Kunst und Industrie angezogen<lb/> und durch ihn, Lützow und Jakob v. Falke ganz für das eigentliche Arbeitsgebiet<lb/> seines Lebens gewonnen wurde. Seine Sammlung erweist durch ihre glänzende<lb/> ostasiatische Abteilung den Weltblick des Hamburgers, durch die liebevolle Auf¬<lb/> nahme und Betreuung des Heimischen, insbesondere auch des Hamburger Kunst¬<lb/> gewerbes, den praktischen Sinn ihres Gründers. Alfred Lichtwark zog in der<lb/> Kunsthalle einen alten Hamburger Meister nach dein anderen wieder in das ihm<lb/> gebührende Licht, beschrieb und erläuterte die alten Werke in musterhaften Einzel¬<lb/> schriften und sammelte ihnen ein Publikum. Er vereinigte darüber hinaus andere<lb/> Gemälde zu einer die Richtungen des Jahrhunderts wiedergebenden deutschen<lb/> Sammlung, die zwar manchen geschenkten Ballast mitschleppt, aber bei einer Aus¬<lb/> sonderung in dem bewilligten großen Anbau sich erst in vollem Glänze zeigen<lb/> wird. Und Lichtwark schuf vor allem eine nirgends so vorhandene Sammlung<lb/> von Bildern aus Hamburg. Er zog die ersten Meister neuerer deutscher Malerei<lb/> dafür heran, ohne übrigens Staatsmittel in Anspruch zu nehmen, nur auf Stiftungen<lb/> angewiesen, und ließ von ihnen Bildnisse hamburgischer Persönlichkeiten, Ausschnitte<lb/> aus der Stadt und den sie umgebenden Landschaften malen. Am zahlreichsten<lb/> sind Graf Leopold Kalckreuth, der jetzt bei Hamburg lebt, und Max Liebermann<lb/> vertreten-, neben ihnen nenne ich Heinrich Zügel, Franz Skarbina, Ludwig<lb/> v. Hofmann, Hans v. Bartels, Theodor Hagen, Gotthard Kuehl, Ludwig Dettmann.<lb/> Hans Otte, Max Slevogt, Walther Leistikow, Wilhelm Trübner und unter den<lb/> wenigen Bildhauern den Wiener Viktor Tilgner. Das ganze jüngere Geschlecht<lb/> eingeborener Hamburger Maler ging nun dieselben Wege, und neben dem alten<lb/> Valentin Ruths und Ascan Lutteroth sind eine ganze Fülle jüngerer Talente in<lb/> der Sammlung, wie Arthur Siebelist, Karl Albrecht, Ernst Eitner, Friedrich<lb/> Schayer, Julius v. Ehren, Jean Paul Kayser, Arthur Jllies. Die Sammlung<lb/> wird immer weiter ausgebaut und ist noch lange nicht fertig, die Möglichkeiten<lb/> ihrer Entwicklung sind ja nahezu unbegrenzt.</p><lb/> <p xml:id="ID_2506" next="#ID_2507"> Die Tätigkeit Brinckmanns wirkte besonders stark auf das hamburgische Hand-<lb/> werk. Das eigentliche, im Hause betriebene Kunsthandwerk war hier, in der Stadt<lb/> und den Vierlanden, einem eigenartigen, zum hamburgischen Staat gehörigen<lb/> Landbezirk, nie ganz erloschen. Es ward nun lebhaft befeuert, und wer das<lb/> Hamburger Rathaus besucht, wird Werke hamburgischen Kunstgewerbes an reprä¬<lb/> sentativer Stelle zu erfreulicher Wirkung vereinigt finden, Goldschmiedearbeit, Holz¬<lb/> werk und Stickerei, alles gemacht von Händen, die nach einer niemals unter¬<lb/> brochenen Tradition schufen. Lichtwarks Tätigkeit wirkte nicht so stark auf die<lb/> hamburgische Gesellschaft wie auf die Hamburger Volksschullehrer. Sie haben sich,<lb/> in mancher Beziehung zu einseitig, aber doch vielfach mit sehr erfreulicher Wirkung,<lb/> die künstlerische Bildung des Kindes angelegen sein lassen, eine besondere Ver¬<lb/> einigung für diesen Zweck gegründet und Gutes geleistet; eine Reihe wertvoller<lb/> Veröffentlichungen ist aus diesem Kreise hervorgegangen, und eine ganze Anzahl<lb/> weithin bekannter Namen bezeugt die geistige Regsamkeit dieses Volksteils: Otto<lb/> Ernst entstammt der Hamburger Volksschullehrerschaft, ebenso wie Ilse Frapan<lb/> und Jakob Loewenberg, auch Gustav Falke stand ihr ganz nahe, und die Lide-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0528]
Das neue Hamburg
im Gange seiner Entwicklung von Wien her, wo er in den sechziger Jahren als
Student der Naturwissenschaft bei Hyrtl und Simony hörte, aber sofort aufs
lebhafteste durch Eitelberger und sein Museum für Kunst und Industrie angezogen
und durch ihn, Lützow und Jakob v. Falke ganz für das eigentliche Arbeitsgebiet
seines Lebens gewonnen wurde. Seine Sammlung erweist durch ihre glänzende
ostasiatische Abteilung den Weltblick des Hamburgers, durch die liebevolle Auf¬
nahme und Betreuung des Heimischen, insbesondere auch des Hamburger Kunst¬
gewerbes, den praktischen Sinn ihres Gründers. Alfred Lichtwark zog in der
Kunsthalle einen alten Hamburger Meister nach dein anderen wieder in das ihm
gebührende Licht, beschrieb und erläuterte die alten Werke in musterhaften Einzel¬
schriften und sammelte ihnen ein Publikum. Er vereinigte darüber hinaus andere
Gemälde zu einer die Richtungen des Jahrhunderts wiedergebenden deutschen
Sammlung, die zwar manchen geschenkten Ballast mitschleppt, aber bei einer Aus¬
sonderung in dem bewilligten großen Anbau sich erst in vollem Glänze zeigen
wird. Und Lichtwark schuf vor allem eine nirgends so vorhandene Sammlung
von Bildern aus Hamburg. Er zog die ersten Meister neuerer deutscher Malerei
dafür heran, ohne übrigens Staatsmittel in Anspruch zu nehmen, nur auf Stiftungen
angewiesen, und ließ von ihnen Bildnisse hamburgischer Persönlichkeiten, Ausschnitte
aus der Stadt und den sie umgebenden Landschaften malen. Am zahlreichsten
sind Graf Leopold Kalckreuth, der jetzt bei Hamburg lebt, und Max Liebermann
vertreten-, neben ihnen nenne ich Heinrich Zügel, Franz Skarbina, Ludwig
v. Hofmann, Hans v. Bartels, Theodor Hagen, Gotthard Kuehl, Ludwig Dettmann.
Hans Otte, Max Slevogt, Walther Leistikow, Wilhelm Trübner und unter den
wenigen Bildhauern den Wiener Viktor Tilgner. Das ganze jüngere Geschlecht
eingeborener Hamburger Maler ging nun dieselben Wege, und neben dem alten
Valentin Ruths und Ascan Lutteroth sind eine ganze Fülle jüngerer Talente in
der Sammlung, wie Arthur Siebelist, Karl Albrecht, Ernst Eitner, Friedrich
Schayer, Julius v. Ehren, Jean Paul Kayser, Arthur Jllies. Die Sammlung
wird immer weiter ausgebaut und ist noch lange nicht fertig, die Möglichkeiten
ihrer Entwicklung sind ja nahezu unbegrenzt.
Die Tätigkeit Brinckmanns wirkte besonders stark auf das hamburgische Hand-
werk. Das eigentliche, im Hause betriebene Kunsthandwerk war hier, in der Stadt
und den Vierlanden, einem eigenartigen, zum hamburgischen Staat gehörigen
Landbezirk, nie ganz erloschen. Es ward nun lebhaft befeuert, und wer das
Hamburger Rathaus besucht, wird Werke hamburgischen Kunstgewerbes an reprä¬
sentativer Stelle zu erfreulicher Wirkung vereinigt finden, Goldschmiedearbeit, Holz¬
werk und Stickerei, alles gemacht von Händen, die nach einer niemals unter¬
brochenen Tradition schufen. Lichtwarks Tätigkeit wirkte nicht so stark auf die
hamburgische Gesellschaft wie auf die Hamburger Volksschullehrer. Sie haben sich,
in mancher Beziehung zu einseitig, aber doch vielfach mit sehr erfreulicher Wirkung,
die künstlerische Bildung des Kindes angelegen sein lassen, eine besondere Ver¬
einigung für diesen Zweck gegründet und Gutes geleistet; eine Reihe wertvoller
Veröffentlichungen ist aus diesem Kreise hervorgegangen, und eine ganze Anzahl
weithin bekannter Namen bezeugt die geistige Regsamkeit dieses Volksteils: Otto
Ernst entstammt der Hamburger Volksschullehrerschaft, ebenso wie Ilse Frapan
und Jakob Loewenberg, auch Gustav Falke stand ihr ganz nahe, und die Lide-
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