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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.

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Organisation der Volksbibliotheken

dnrch Neugründungen. Die Kreis-Wanderbibliotheken selbst sind nur admini¬
strative Zentralen, während die Ausleihung der Bücher durch die Ausgabestellen
erfolgt, die nach Maßgabe der Verhältnisse mehr oder weniger zahlreich an
geeigneten Orten der Kreise eingerichtet werden. Aber auch andere Volks¬
bibliotheken, solche mit weiterem oder engerem Wirkungskreise als dem der Kreis-
Wanderbibliotheken, sind geeignet, Glieder dieses Organismus zu sein. Namentlich
haben die selbständigen städtischen Volksbibliotheken, deren Entstehung im Zuge
der Entwicklung des Ganzen liegt, enge Fühlung mit der Provinzial-Wander¬
bibliothek. Endlich seien die öffentlichen Lesehallen erwähnt, die lediglich als
die notwendigen, allmählich einzurichtenden Ergänzungen und Zubehöre der
größeren Volksbibliotheken anzusehen sind. Die an die Provinzial-Wander¬
bibliothek angeschlossenen oder anzuschließenden und auf eine Unterstützung aus
staatlichen Mitteln rechnenden Bibliotheken müssen alljährlich zum 1. März durch
die Hand der Landräte dem Direktor der Kaiser-Wilhelm-Bibliothek berichten,
ob und welche Unterstützungen sie glauben für das kommende Jahr erbitten zu
müssen; hierbei sind die Verwendungszwecke anzugeben: a) Einrichtung neuer
zentraler Bibliotheken; b) Einrichtung neuer Ausgabestellen; c) Beschaffung
neuen Büchermaterials 1. für die Zentrale, 2. für Ausgabestellen; ä) Einbinden
vorhandener ungebundener Bücher; e) Ersatz für unbrauchbar gewordene Bücher;
!) Einrichtung von öffentlichen Lesehallen; Z) andere Zwecke. Auch für die
Remunerierung viel beschäftigter Verwalter von Kreis-Wanderbibliotheken und
großen Ausgabestellen wird Geld bewilligt. Die Auszahlung der zur Anschaffung
von Büchern bewilligten Mittel wird davon abhängig gemacht, daß der Direktor
gegen die ihm vorzulegenden Bücherverzeichnisse Bedenken nicht zu erheben hat.
Alljährlich müssen die vorbezeichneten Bibliotheken dem Direktor über das
abgelaufene Lesejahr berichten. Der Anschluß der Kreis-Wanderbibliotheken und
ihrer Ausgabestellen an die Provinzial-Wanderbibliothek und deren Leitung ist
also derartig gestaltet, daß eine dauernde und ununterbrochene Beaufsichtigung
des Organismus stattfindet. Außerdem ist der Direktor in die Lage gesetzt,
überall, wo es ihm nötig erscheint, an Ort und Stelle den Stand und den
Betrieb der Bibliotheken zu revidieren, Hemmungen schnell zu beseitigen und
sich mit den örtlichen Instanzen über geeignete Maßnahmen zur Beseitigung
von Mißständen sowie über Vergrößerung und Verbesserung des Betriebes
zu besprechen."*)

Die Posener Organisation ist erst 1903 ins Leben gerufen worden. Ihre
Fortschritte zeigen sich in folgenden Ziffern: 1905 betrug die Zahl der Zentral¬
stellen 40, die der Ausgabestellen 384, 1910 dagegen 50 bezw. 727. Die
Provinzial-Wanderbibliothek zählte im ersten Jahre 2490, im letzten 31206 Bände.
Über die Zahl der sonst noch vorhandenen Bücher gibt es erst seit 1905/06
bestimmte Nachrichten. Sie betrug damals 71740 und stieg bis 1910 auf



") Focke, "Das staatlich organisierte Volksbibliothekswesen". 1911. S, 7.
Organisation der Volksbibliotheken

dnrch Neugründungen. Die Kreis-Wanderbibliotheken selbst sind nur admini¬
strative Zentralen, während die Ausleihung der Bücher durch die Ausgabestellen
erfolgt, die nach Maßgabe der Verhältnisse mehr oder weniger zahlreich an
geeigneten Orten der Kreise eingerichtet werden. Aber auch andere Volks¬
bibliotheken, solche mit weiterem oder engerem Wirkungskreise als dem der Kreis-
Wanderbibliotheken, sind geeignet, Glieder dieses Organismus zu sein. Namentlich
haben die selbständigen städtischen Volksbibliotheken, deren Entstehung im Zuge
der Entwicklung des Ganzen liegt, enge Fühlung mit der Provinzial-Wander¬
bibliothek. Endlich seien die öffentlichen Lesehallen erwähnt, die lediglich als
die notwendigen, allmählich einzurichtenden Ergänzungen und Zubehöre der
größeren Volksbibliotheken anzusehen sind. Die an die Provinzial-Wander¬
bibliothek angeschlossenen oder anzuschließenden und auf eine Unterstützung aus
staatlichen Mitteln rechnenden Bibliotheken müssen alljährlich zum 1. März durch
die Hand der Landräte dem Direktor der Kaiser-Wilhelm-Bibliothek berichten,
ob und welche Unterstützungen sie glauben für das kommende Jahr erbitten zu
müssen; hierbei sind die Verwendungszwecke anzugeben: a) Einrichtung neuer
zentraler Bibliotheken; b) Einrichtung neuer Ausgabestellen; c) Beschaffung
neuen Büchermaterials 1. für die Zentrale, 2. für Ausgabestellen; ä) Einbinden
vorhandener ungebundener Bücher; e) Ersatz für unbrauchbar gewordene Bücher;
!) Einrichtung von öffentlichen Lesehallen; Z) andere Zwecke. Auch für die
Remunerierung viel beschäftigter Verwalter von Kreis-Wanderbibliotheken und
großen Ausgabestellen wird Geld bewilligt. Die Auszahlung der zur Anschaffung
von Büchern bewilligten Mittel wird davon abhängig gemacht, daß der Direktor
gegen die ihm vorzulegenden Bücherverzeichnisse Bedenken nicht zu erheben hat.
Alljährlich müssen die vorbezeichneten Bibliotheken dem Direktor über das
abgelaufene Lesejahr berichten. Der Anschluß der Kreis-Wanderbibliotheken und
ihrer Ausgabestellen an die Provinzial-Wanderbibliothek und deren Leitung ist
also derartig gestaltet, daß eine dauernde und ununterbrochene Beaufsichtigung
des Organismus stattfindet. Außerdem ist der Direktor in die Lage gesetzt,
überall, wo es ihm nötig erscheint, an Ort und Stelle den Stand und den
Betrieb der Bibliotheken zu revidieren, Hemmungen schnell zu beseitigen und
sich mit den örtlichen Instanzen über geeignete Maßnahmen zur Beseitigung
von Mißständen sowie über Vergrößerung und Verbesserung des Betriebes
zu besprechen."*)

Die Posener Organisation ist erst 1903 ins Leben gerufen worden. Ihre
Fortschritte zeigen sich in folgenden Ziffern: 1905 betrug die Zahl der Zentral¬
stellen 40, die der Ausgabestellen 384, 1910 dagegen 50 bezw. 727. Die
Provinzial-Wanderbibliothek zählte im ersten Jahre 2490, im letzten 31206 Bände.
Über die Zahl der sonst noch vorhandenen Bücher gibt es erst seit 1905/06
bestimmte Nachrichten. Sie betrug damals 71740 und stieg bis 1910 auf



") Focke, „Das staatlich organisierte Volksbibliothekswesen". 1911. S, 7.
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[0464] Organisation der Volksbibliotheken dnrch Neugründungen. Die Kreis-Wanderbibliotheken selbst sind nur admini¬ strative Zentralen, während die Ausleihung der Bücher durch die Ausgabestellen erfolgt, die nach Maßgabe der Verhältnisse mehr oder weniger zahlreich an geeigneten Orten der Kreise eingerichtet werden. Aber auch andere Volks¬ bibliotheken, solche mit weiterem oder engerem Wirkungskreise als dem der Kreis- Wanderbibliotheken, sind geeignet, Glieder dieses Organismus zu sein. Namentlich haben die selbständigen städtischen Volksbibliotheken, deren Entstehung im Zuge der Entwicklung des Ganzen liegt, enge Fühlung mit der Provinzial-Wander¬ bibliothek. Endlich seien die öffentlichen Lesehallen erwähnt, die lediglich als die notwendigen, allmählich einzurichtenden Ergänzungen und Zubehöre der größeren Volksbibliotheken anzusehen sind. Die an die Provinzial-Wander¬ bibliothek angeschlossenen oder anzuschließenden und auf eine Unterstützung aus staatlichen Mitteln rechnenden Bibliotheken müssen alljährlich zum 1. März durch die Hand der Landräte dem Direktor der Kaiser-Wilhelm-Bibliothek berichten, ob und welche Unterstützungen sie glauben für das kommende Jahr erbitten zu müssen; hierbei sind die Verwendungszwecke anzugeben: a) Einrichtung neuer zentraler Bibliotheken; b) Einrichtung neuer Ausgabestellen; c) Beschaffung neuen Büchermaterials 1. für die Zentrale, 2. für Ausgabestellen; ä) Einbinden vorhandener ungebundener Bücher; e) Ersatz für unbrauchbar gewordene Bücher; !) Einrichtung von öffentlichen Lesehallen; Z) andere Zwecke. Auch für die Remunerierung viel beschäftigter Verwalter von Kreis-Wanderbibliotheken und großen Ausgabestellen wird Geld bewilligt. Die Auszahlung der zur Anschaffung von Büchern bewilligten Mittel wird davon abhängig gemacht, daß der Direktor gegen die ihm vorzulegenden Bücherverzeichnisse Bedenken nicht zu erheben hat. Alljährlich müssen die vorbezeichneten Bibliotheken dem Direktor über das abgelaufene Lesejahr berichten. Der Anschluß der Kreis-Wanderbibliotheken und ihrer Ausgabestellen an die Provinzial-Wanderbibliothek und deren Leitung ist also derartig gestaltet, daß eine dauernde und ununterbrochene Beaufsichtigung des Organismus stattfindet. Außerdem ist der Direktor in die Lage gesetzt, überall, wo es ihm nötig erscheint, an Ort und Stelle den Stand und den Betrieb der Bibliotheken zu revidieren, Hemmungen schnell zu beseitigen und sich mit den örtlichen Instanzen über geeignete Maßnahmen zur Beseitigung von Mißständen sowie über Vergrößerung und Verbesserung des Betriebes zu besprechen."*) Die Posener Organisation ist erst 1903 ins Leben gerufen worden. Ihre Fortschritte zeigen sich in folgenden Ziffern: 1905 betrug die Zahl der Zentral¬ stellen 40, die der Ausgabestellen 384, 1910 dagegen 50 bezw. 727. Die Provinzial-Wanderbibliothek zählte im ersten Jahre 2490, im letzten 31206 Bände. Über die Zahl der sonst noch vorhandenen Bücher gibt es erst seit 1905/06 bestimmte Nachrichten. Sie betrug damals 71740 und stieg bis 1910 auf ") Focke, „Das staatlich organisierte Volksbibliothekswesen". 1911. S, 7.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318948/464>, abgerufen am 04.01.2025.