Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.Grgcmisation der Oolksbibliotheken Nahrung ihrem Volkstum zu erhalten und, wenn möglich, auch die Polen zu Die ältere Organisation ist die Oberschlesiens. Sie wurde bereits 1896 Grgcmisation der Oolksbibliotheken Nahrung ihrem Volkstum zu erhalten und, wenn möglich, auch die Polen zu Die ältere Organisation ist die Oberschlesiens. Sie wurde bereits 1896 <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0462" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/319409"/> <fw type="header" place="top"> Grgcmisation der Oolksbibliotheken</fw><lb/> <p xml:id="ID_2205" prev="#ID_2204"> Nahrung ihrem Volkstum zu erhalten und, wenn möglich, auch die Polen zu<lb/> gewinnen. Die Formen der Organisation sind verschieden, da ja auch die<lb/> Bezirke durch die Art der Besiedelung, die Berufsgliederung usw. stark von¬<lb/> einander abweichen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2206" next="#ID_2207"> Die ältere Organisation ist die Oberschlesiens. Sie wurde bereits 1896<lb/> durch den um die kulturelle Hebung des Regierungsbezirks Oppeln hochverdienten<lb/> Oberregierungsrat Küster in die Wege geleitet. Sein Bestreben ging zunächst<lb/> dahin, an allen größeren Orten eigene, selbständige Bibliotheken, sogenannte<lb/> Standbibliotheken, zu errichten. Diese bilden den Kernpunkt der Organisation.<lb/> Die Eigentümer dieser Büchereien sind zum Teil Städte, zum Teil Landgemeinden,<lb/> zum Teil Jndustriegesellschaften und Vereine. 1897 entstand die erste Bibliothek<lb/> und zwar in Kattowitz, 1903 gab es deren bereits 68, 1906 104 und 1909<lb/> 141. Der Bücherbestand stieg von 62939 Bänden im Jahre 1903 auf 153177<lb/> im Jahre 1909. Diesen Standbibliotheken traten im Jahre 1903 Wander¬<lb/> büchereien als Ergänzung zur Seite, also Bibliotheken, die nur für eine gewisse<lb/> Zeit an einem Orte bleiben und dann an einen anderen „wandern". Die<lb/> Zahl dieser Wanderbüchereien wuchs von 8 im Jahre 1903 auf 735 im Jahre<lb/> 1909. Die Zahl der in ihnen enthaltenen Bücher stieg in derselben Zeit von<lb/> 927 auf 65734. Die Zahl der Leser betrug 1903: 20000. 1909: 104000;<lb/> davou waren 15000 bezw. 67 000 Leser mit polnischer Muttersprache. Die<lb/> Gesamtaufwendimgen für Bibliothekszwecke betrugen 1902/03 75000 Mark,<lb/> 1908/09 183000 Mark. Mehr als die Hälfte davon bezahlt der Staat. Diese<lb/> Zahlen allein zeigen, welch große Organisation wir vor uns haben. Über die<lb/> Ursachen dieser Erfolge spricht sich Küster in seiner 1907 erschienenen Schrift<lb/> „Kulturelle Wohlfahrtspflege in Oberschlesien" (S. 10) folgendermaßen aus:<lb/> „Einerseits hat die Regierung nach genauer Erforschung der verschiedenen ört¬<lb/> lichen Verhältnisse von vornherein ein einheitliches Aktionsprogramm aufgestellt,<lb/> in welchem die der hiesigen Volksbibliothek zu stellende Kulturaufgabe scharf<lb/> umgrenzt und für ihre Organisierung, Einrichtung und Verwaltung eingehende<lb/> und klare Grundsätze gegeben wurden. Sodann ist die Durchführung dieses<lb/> allgemeinen Programms von der Regierung in lebendigem Benehmen mit den<lb/> örtlichen Interessenten unter Vermeidung bureaukratischer Formen und Ma߬<lb/> nahmen geleitet worden, so daß bald auch eine unter ihrer Leitung stehende<lb/> Gesamtorganisation der zahlreichen Einzelbibliotheken geschaffen werden konnte,<lb/> deren Wirksamkeit die innere und äußere Fortführung der Bibliotheksarbeit in<lb/> den immer mehr geebneten Bahnen bewährter, vielseitiger Erfahrungen verbürgt.<lb/> Im Anschluß daran ist ferner zur Zusammenfassung und Verarbeitung dieser<lb/> Erfahrungen, zur Revision der einzelnen Bibliotheken und zur Entlastung der<lb/> Regierung von den laufenden Verwaltungsarbeiten die besonders wichtige Stellung<lb/> eines Verbandsbibliothekars im Hauptamte geschaffen worden, der gleichzeitig<lb/> als Hilfsorgan der Negierung und als Vertrauensmann der Bibliotheken wirkt<lb/> und daher auch zur Ausgleichung etwaiger Gegensätze zwischen diesen beiden</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0462]
Grgcmisation der Oolksbibliotheken
Nahrung ihrem Volkstum zu erhalten und, wenn möglich, auch die Polen zu
gewinnen. Die Formen der Organisation sind verschieden, da ja auch die
Bezirke durch die Art der Besiedelung, die Berufsgliederung usw. stark von¬
einander abweichen.
Die ältere Organisation ist die Oberschlesiens. Sie wurde bereits 1896
durch den um die kulturelle Hebung des Regierungsbezirks Oppeln hochverdienten
Oberregierungsrat Küster in die Wege geleitet. Sein Bestreben ging zunächst
dahin, an allen größeren Orten eigene, selbständige Bibliotheken, sogenannte
Standbibliotheken, zu errichten. Diese bilden den Kernpunkt der Organisation.
Die Eigentümer dieser Büchereien sind zum Teil Städte, zum Teil Landgemeinden,
zum Teil Jndustriegesellschaften und Vereine. 1897 entstand die erste Bibliothek
und zwar in Kattowitz, 1903 gab es deren bereits 68, 1906 104 und 1909
141. Der Bücherbestand stieg von 62939 Bänden im Jahre 1903 auf 153177
im Jahre 1909. Diesen Standbibliotheken traten im Jahre 1903 Wander¬
büchereien als Ergänzung zur Seite, also Bibliotheken, die nur für eine gewisse
Zeit an einem Orte bleiben und dann an einen anderen „wandern". Die
Zahl dieser Wanderbüchereien wuchs von 8 im Jahre 1903 auf 735 im Jahre
1909. Die Zahl der in ihnen enthaltenen Bücher stieg in derselben Zeit von
927 auf 65734. Die Zahl der Leser betrug 1903: 20000. 1909: 104000;
davou waren 15000 bezw. 67 000 Leser mit polnischer Muttersprache. Die
Gesamtaufwendimgen für Bibliothekszwecke betrugen 1902/03 75000 Mark,
1908/09 183000 Mark. Mehr als die Hälfte davon bezahlt der Staat. Diese
Zahlen allein zeigen, welch große Organisation wir vor uns haben. Über die
Ursachen dieser Erfolge spricht sich Küster in seiner 1907 erschienenen Schrift
„Kulturelle Wohlfahrtspflege in Oberschlesien" (S. 10) folgendermaßen aus:
„Einerseits hat die Regierung nach genauer Erforschung der verschiedenen ört¬
lichen Verhältnisse von vornherein ein einheitliches Aktionsprogramm aufgestellt,
in welchem die der hiesigen Volksbibliothek zu stellende Kulturaufgabe scharf
umgrenzt und für ihre Organisierung, Einrichtung und Verwaltung eingehende
und klare Grundsätze gegeben wurden. Sodann ist die Durchführung dieses
allgemeinen Programms von der Regierung in lebendigem Benehmen mit den
örtlichen Interessenten unter Vermeidung bureaukratischer Formen und Ma߬
nahmen geleitet worden, so daß bald auch eine unter ihrer Leitung stehende
Gesamtorganisation der zahlreichen Einzelbibliotheken geschaffen werden konnte,
deren Wirksamkeit die innere und äußere Fortführung der Bibliotheksarbeit in
den immer mehr geebneten Bahnen bewährter, vielseitiger Erfahrungen verbürgt.
Im Anschluß daran ist ferner zur Zusammenfassung und Verarbeitung dieser
Erfahrungen, zur Revision der einzelnen Bibliotheken und zur Entlastung der
Regierung von den laufenden Verwaltungsarbeiten die besonders wichtige Stellung
eines Verbandsbibliothekars im Hauptamte geschaffen worden, der gleichzeitig
als Hilfsorgan der Negierung und als Vertrauensmann der Bibliotheken wirkt
und daher auch zur Ausgleichung etwaiger Gegensätze zwischen diesen beiden
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