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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.

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"Organisation der Volksbibliotheken

Diese Massenbewegungen werden dann eben zu Ausdrucksbewegungen in
einem so großen Stile, daß er den weiten Dimensionen des Naturtheaters
angepaßt ist.

Die Vermittlung des Gedankenganges durch das gesprochene Wort kann
dann bei solchen Stücken auf ein Minimum beschränkt werden, das Wort braucht
in ihnen keine selbständige Rolle als Ausdrucksmittel mehr zu spielen.

Das ist um so leichter durchführbar, wenn die Schaustücke einen allgemein
bekannten, etwa historischen Stoff darstellen oder wenn der Inhalt so großzügig
angelegt wird, daß er durch eine kurze Angabe auf dem Theaterzettel genügend
klargelegt werden kann.

Musikalische Bestandteile, Tänze und Spiele können in ein solches Stück
mit Leichtigkeit eingefügt werden und fügen zu der malerischen Massenwirkung
das Musikalische, das spezifisch romantische Element.

Faßt man zusammen und bedenkt man, daß Singspiele (Verslustspiele) und
historische Schaustücke allein als der Freilichtbühne, d. h. dem stilisierten Garten¬
theater und der naturalistischen Freilichtbühne angemessen erscheinen, so muß man
sagen, das ist nicht viel im Vergleich zu den Ansprüchen, die heute unberechtigter¬
weise von der Freilichtbühne erhoben werden.

Es ist nicht sehr viel, aber es ist doch etwas, und zwar etwas nicht
Unbedeutendes, wenn es richtig erfaßt und kultiviert wird, vor allem aber --
etwas Sommerliches.




Organisation der Volksbibliotheken
von Dr. <L, Iaeschke

Z^^sIn der Presse, soweit sie nicht mehr oder minder sich fachlich mit
diesen Fragen beschäftigt, ist über unsere Volksbibliotheken in den
^ letzten Jahren wenig zu lesen gewesen. Nur ab und zu bei den
I Tagungen der Gesellschaft zur Verbreitung von Volksbildung, des
! Borromäus-Vereins usw. wird von ihnen Notiz genommen. Die
großen Probleme jedoch, die im Volksbibliothekswesen liegen, sind, soweit meine
Kenntnisse reichen, in den großen, für die Allgemeinheit berechneten Blättern
noch nirgends ausführlicher behandelt worden. Was an Artikeln hier und dort
erschienen ist, läßt zum Teil die nötigen Erfahrungen und den erforderlichen
Überblick vermissen. Diese Erscheinung ist um so sonderbarer, als die Volks¬
bibliothek eng verknüpft ist mit zwei Fragen, die die Öffentlichkeit in den letzten
Jahren auf das heftigste beschäftigt haben: Schundliteratur und Jugendpflege.
Unter den wirksamen Mitteln im Kampf gegen die Schundliteratur wurde mit


«Organisation der Volksbibliotheken

Diese Massenbewegungen werden dann eben zu Ausdrucksbewegungen in
einem so großen Stile, daß er den weiten Dimensionen des Naturtheaters
angepaßt ist.

Die Vermittlung des Gedankenganges durch das gesprochene Wort kann
dann bei solchen Stücken auf ein Minimum beschränkt werden, das Wort braucht
in ihnen keine selbständige Rolle als Ausdrucksmittel mehr zu spielen.

Das ist um so leichter durchführbar, wenn die Schaustücke einen allgemein
bekannten, etwa historischen Stoff darstellen oder wenn der Inhalt so großzügig
angelegt wird, daß er durch eine kurze Angabe auf dem Theaterzettel genügend
klargelegt werden kann.

Musikalische Bestandteile, Tänze und Spiele können in ein solches Stück
mit Leichtigkeit eingefügt werden und fügen zu der malerischen Massenwirkung
das Musikalische, das spezifisch romantische Element.

Faßt man zusammen und bedenkt man, daß Singspiele (Verslustspiele) und
historische Schaustücke allein als der Freilichtbühne, d. h. dem stilisierten Garten¬
theater und der naturalistischen Freilichtbühne angemessen erscheinen, so muß man
sagen, das ist nicht viel im Vergleich zu den Ansprüchen, die heute unberechtigter¬
weise von der Freilichtbühne erhoben werden.

Es ist nicht sehr viel, aber es ist doch etwas, und zwar etwas nicht
Unbedeutendes, wenn es richtig erfaßt und kultiviert wird, vor allem aber —
etwas Sommerliches.




Organisation der Volksbibliotheken
von Dr. <L, Iaeschke

Z^^sIn der Presse, soweit sie nicht mehr oder minder sich fachlich mit
diesen Fragen beschäftigt, ist über unsere Volksbibliotheken in den
^ letzten Jahren wenig zu lesen gewesen. Nur ab und zu bei den
I Tagungen der Gesellschaft zur Verbreitung von Volksbildung, des
! Borromäus-Vereins usw. wird von ihnen Notiz genommen. Die
großen Probleme jedoch, die im Volksbibliothekswesen liegen, sind, soweit meine
Kenntnisse reichen, in den großen, für die Allgemeinheit berechneten Blättern
noch nirgends ausführlicher behandelt worden. Was an Artikeln hier und dort
erschienen ist, läßt zum Teil die nötigen Erfahrungen und den erforderlichen
Überblick vermissen. Diese Erscheinung ist um so sonderbarer, als die Volks¬
bibliothek eng verknüpft ist mit zwei Fragen, die die Öffentlichkeit in den letzten
Jahren auf das heftigste beschäftigt haben: Schundliteratur und Jugendpflege.
Unter den wirksamen Mitteln im Kampf gegen die Schundliteratur wurde mit


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[0459] «Organisation der Volksbibliotheken Diese Massenbewegungen werden dann eben zu Ausdrucksbewegungen in einem so großen Stile, daß er den weiten Dimensionen des Naturtheaters angepaßt ist. Die Vermittlung des Gedankenganges durch das gesprochene Wort kann dann bei solchen Stücken auf ein Minimum beschränkt werden, das Wort braucht in ihnen keine selbständige Rolle als Ausdrucksmittel mehr zu spielen. Das ist um so leichter durchführbar, wenn die Schaustücke einen allgemein bekannten, etwa historischen Stoff darstellen oder wenn der Inhalt so großzügig angelegt wird, daß er durch eine kurze Angabe auf dem Theaterzettel genügend klargelegt werden kann. Musikalische Bestandteile, Tänze und Spiele können in ein solches Stück mit Leichtigkeit eingefügt werden und fügen zu der malerischen Massenwirkung das Musikalische, das spezifisch romantische Element. Faßt man zusammen und bedenkt man, daß Singspiele (Verslustspiele) und historische Schaustücke allein als der Freilichtbühne, d. h. dem stilisierten Garten¬ theater und der naturalistischen Freilichtbühne angemessen erscheinen, so muß man sagen, das ist nicht viel im Vergleich zu den Ansprüchen, die heute unberechtigter¬ weise von der Freilichtbühne erhoben werden. Es ist nicht sehr viel, aber es ist doch etwas, und zwar etwas nicht Unbedeutendes, wenn es richtig erfaßt und kultiviert wird, vor allem aber — etwas Sommerliches. Organisation der Volksbibliotheken von Dr. <L, Iaeschke Z^^sIn der Presse, soweit sie nicht mehr oder minder sich fachlich mit diesen Fragen beschäftigt, ist über unsere Volksbibliotheken in den ^ letzten Jahren wenig zu lesen gewesen. Nur ab und zu bei den I Tagungen der Gesellschaft zur Verbreitung von Volksbildung, des ! Borromäus-Vereins usw. wird von ihnen Notiz genommen. Die großen Probleme jedoch, die im Volksbibliothekswesen liegen, sind, soweit meine Kenntnisse reichen, in den großen, für die Allgemeinheit berechneten Blättern noch nirgends ausführlicher behandelt worden. Was an Artikeln hier und dort erschienen ist, läßt zum Teil die nötigen Erfahrungen und den erforderlichen Überblick vermissen. Diese Erscheinung ist um so sonderbarer, als die Volks¬ bibliothek eng verknüpft ist mit zwei Fragen, die die Öffentlichkeit in den letzten Jahren auf das heftigste beschäftigt haben: Schundliteratur und Jugendpflege. Unter den wirksamen Mitteln im Kampf gegen die Schundliteratur wurde mit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318948/459>, abgerufen am 29.12.2024.