Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.Der Streit um den Hansabund systems eine Erörterung des Maßes der Zölle und eine Betrachtung, wie weit es Ebenso anfechtbar sind die Ausführungen Buecks über Rießer. Es ist doch Es ist richtig und sehr bedauerlich, daß Rießer von sich sagen kann "Gott Der Streit um den Hansabund systems eine Erörterung des Maßes der Zölle und eine Betrachtung, wie weit es Ebenso anfechtbar sind die Ausführungen Buecks über Rießer. Es ist doch Es ist richtig und sehr bedauerlich, daß Rießer von sich sagen kann „Gott <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0399" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/319346"/> <fw type="header" place="top"> Der Streit um den Hansabund</fw><lb/> <p xml:id="ID_1976" prev="#ID_1975"> systems eine Erörterung des Maßes der Zölle und eine Betrachtung, wie weit es<lb/> die entschiedene und zielbewußte Förderung der Ausfuhr zulassen könne und<lb/> zulassen müsse, durchaus gestattet und die Fertigindustrie ist keine Verräterin am<lb/> System, wenn sie solche Betrachtungen anstellt. Bueck hat freilich immer die<lb/> Bedeutung des innern Marktes für die Industrie etwas einseitig hervorgehoben,<lb/> damit ist aber andern noch nicht untersagt, darüber anderer Meinung zu sein<lb/> wie er. Es ist durchaus richtig, daß die freisinnige Volkspartei tatsächlich<lb/> Gegnerin der Schutzzollpolitik ist und daß ihre Versuche, vorläufig nur vom<lb/> allmählichen Abbau der Zölle zu reden, nicht viel sagen wollen, aber es ist offen¬<lb/> sichtlich unrichtig, von dem Zentrum oder gar einem erheblichen Teil der national¬<lb/> liberalen Partei zu sagen, sie seien nicht unbedingt sichere Anhänger des Wirtschafts¬<lb/> systems. Freilich werden sich alle diese Parteien ihr Urteil und die Entscheidung<lb/> über die Höhe einzelner Zölle offen halten, vielleicht sogar gegen eine weitere<lb/> Ausdehnung und Erhöhung der Agrarzölle angehen, das Zentrum vor allem muß<lb/> hier so kavieren, daß es seine Arbeiter und zugleich seine Anhänger unter den<lb/> Landwirten zufrieden stellt. Aber denken denn nicht andere heute ebenso? Hat<lb/> nicht Bueck selbst erklärt, mit den Agrarzöllen sei es nun genug? Hat nicht der<lb/> Zentralverband deutscher Industrieller die heute taktisch noch nicht einmal kluge<lb/> Erklärung feierlichst abgegeben, er werde nicht in eine weitere Erhöhung der<lb/> Lebensmittelzölle willigen? Die Schilderung der Parteienstellung zur Schutzzoll-<lb/> Politik ist also mindestens recht übertrieben, einseitig Grau in Grau gemalt, um<lb/> darzutun, wie notwendig die Freundschaft mit den Konservativen sei.</p><lb/> <p xml:id="ID_1977"> Ebenso anfechtbar sind die Ausführungen Buecks über Rießer. Es ist doch<lb/> wohl etwas kühn, zu sagen, daß der Hansabund eine absolute Schwenkung ins<lb/> linksliberale Lager vollzogen habe, weil sein Vorsitzender einige, allerdings recht<lb/> überflüssige persönliche Bemerkungen über die Mitarbeit der Sozialdemokraten<lb/> und über gewisse von ihm eigenartig gedeutete innerpolitische Vorgänge bei der<lb/> sogenannten Sammlungspolitik gemacht hat. Wir haben doch einen Hansabund<lb/> und keinen Rießerbund, sagte Professor Duisberg sehr richtig, und dem Hansa¬<lb/> bund kann man höchstens den berechtigten Vorwurf machen, daß einige seiner<lb/> Agitationsredner nicht die Richtlinien des Hansabundes, sondern eine eigene recht<lb/> kritikbedürftige Auffassung unserer Wirtschaftspolitik vertreten haben. Der Hansa-<lb/> bund als solcher hat keine Beschlüsse gefaßt, die gegen seine von der Industrie<lb/> gebilligten Richtlinien verstoßen. Es heißt die Sachlichkeit der Kritik bedenklich<lb/> verletzen, wenn Bueck behauptet, weil die Linksliberalen und ihre Presse Rießer<lb/> als den ihrigen in Anspruch nehmen, so müsse dieser mit absoluter Sicherheit<lb/> Gegner der Schutzzollpolitik werden. Es kommt doch nicht darauf an, wie die<lb/> Linksliberalen und das Berliner Tageblatt Rießer ansehen, sondern wie dieser<lb/> sich selbst ansieht und was er tatsächlich ist. Es ist schwer zu glauben, daß die<lb/> Mitgliedschaft Nießers im Vorstande der nationalliberalen Partei Bueck unbekannt<lb/> geblieben sein sollte, nachdem Rießer auf diese Tatsache selbst wiederholt öffentlich<lb/> aufmerksam gemacht hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_1978" next="#ID_1979"> Es ist richtig und sehr bedauerlich, daß Rießer von sich sagen kann „Gott<lb/> schütze mich vor meinen Freunden". Es ist richtig, daß die Frankfurter Zeitung,<lb/> ganz zu schweigen vom Berliner Tageblatt, fortgesetzt versuchten, den Hansabund<lb/> in einer ganzen Reihe von Fragen und so auch in der Zoll- und Handelspolitik</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0399]
Der Streit um den Hansabund
systems eine Erörterung des Maßes der Zölle und eine Betrachtung, wie weit es
die entschiedene und zielbewußte Förderung der Ausfuhr zulassen könne und
zulassen müsse, durchaus gestattet und die Fertigindustrie ist keine Verräterin am
System, wenn sie solche Betrachtungen anstellt. Bueck hat freilich immer die
Bedeutung des innern Marktes für die Industrie etwas einseitig hervorgehoben,
damit ist aber andern noch nicht untersagt, darüber anderer Meinung zu sein
wie er. Es ist durchaus richtig, daß die freisinnige Volkspartei tatsächlich
Gegnerin der Schutzzollpolitik ist und daß ihre Versuche, vorläufig nur vom
allmählichen Abbau der Zölle zu reden, nicht viel sagen wollen, aber es ist offen¬
sichtlich unrichtig, von dem Zentrum oder gar einem erheblichen Teil der national¬
liberalen Partei zu sagen, sie seien nicht unbedingt sichere Anhänger des Wirtschafts¬
systems. Freilich werden sich alle diese Parteien ihr Urteil und die Entscheidung
über die Höhe einzelner Zölle offen halten, vielleicht sogar gegen eine weitere
Ausdehnung und Erhöhung der Agrarzölle angehen, das Zentrum vor allem muß
hier so kavieren, daß es seine Arbeiter und zugleich seine Anhänger unter den
Landwirten zufrieden stellt. Aber denken denn nicht andere heute ebenso? Hat
nicht Bueck selbst erklärt, mit den Agrarzöllen sei es nun genug? Hat nicht der
Zentralverband deutscher Industrieller die heute taktisch noch nicht einmal kluge
Erklärung feierlichst abgegeben, er werde nicht in eine weitere Erhöhung der
Lebensmittelzölle willigen? Die Schilderung der Parteienstellung zur Schutzzoll-
Politik ist also mindestens recht übertrieben, einseitig Grau in Grau gemalt, um
darzutun, wie notwendig die Freundschaft mit den Konservativen sei.
Ebenso anfechtbar sind die Ausführungen Buecks über Rießer. Es ist doch
wohl etwas kühn, zu sagen, daß der Hansabund eine absolute Schwenkung ins
linksliberale Lager vollzogen habe, weil sein Vorsitzender einige, allerdings recht
überflüssige persönliche Bemerkungen über die Mitarbeit der Sozialdemokraten
und über gewisse von ihm eigenartig gedeutete innerpolitische Vorgänge bei der
sogenannten Sammlungspolitik gemacht hat. Wir haben doch einen Hansabund
und keinen Rießerbund, sagte Professor Duisberg sehr richtig, und dem Hansa¬
bund kann man höchstens den berechtigten Vorwurf machen, daß einige seiner
Agitationsredner nicht die Richtlinien des Hansabundes, sondern eine eigene recht
kritikbedürftige Auffassung unserer Wirtschaftspolitik vertreten haben. Der Hansa-
bund als solcher hat keine Beschlüsse gefaßt, die gegen seine von der Industrie
gebilligten Richtlinien verstoßen. Es heißt die Sachlichkeit der Kritik bedenklich
verletzen, wenn Bueck behauptet, weil die Linksliberalen und ihre Presse Rießer
als den ihrigen in Anspruch nehmen, so müsse dieser mit absoluter Sicherheit
Gegner der Schutzzollpolitik werden. Es kommt doch nicht darauf an, wie die
Linksliberalen und das Berliner Tageblatt Rießer ansehen, sondern wie dieser
sich selbst ansieht und was er tatsächlich ist. Es ist schwer zu glauben, daß die
Mitgliedschaft Nießers im Vorstande der nationalliberalen Partei Bueck unbekannt
geblieben sein sollte, nachdem Rießer auf diese Tatsache selbst wiederholt öffentlich
aufmerksam gemacht hat.
Es ist richtig und sehr bedauerlich, daß Rießer von sich sagen kann „Gott
schütze mich vor meinen Freunden". Es ist richtig, daß die Frankfurter Zeitung,
ganz zu schweigen vom Berliner Tageblatt, fortgesetzt versuchten, den Hansabund
in einer ganzen Reihe von Fragen und so auch in der Zoll- und Handelspolitik
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