Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.Till Luk>-"spieg>!l Eve: Mir wollt Jhr's sagen? Lamme:' Grade dir, du Süße! Eve: Ists wirklich wahr? Bei Gatt, ich schwör es Euch! Lamme: Eve: O lieber Herr, wallt Ihr nicht morgen kommen? Lamme: Ich halt die Qual ohn' Euch nicht länger aus! Ich bitt Euch, Liebste, öffnet! Eve: Gott! -- Ich komme. -- Doch hört, in allen Ehren!? Lamme: El versteht sich, Ich bin doch kein Franzos! Eve: Da komm ich schon. (Sie verschwindet vom Fenster; Lamme eilt hinüber zu Enlensvie^el,) Lamme: Hör. Till, sie öffnet und ich bin erhört! Wünsch gut Gelingen, Freund; ich glaub nicht dran. Eulenspiegel: Lamme: Sie hat mein Ehversprechen! Doch nicht meines. Eulenspiegel: Lamme: Ach geh, Till, du warst sonst doch stets bei Laune, Wenns eine Hetze gab. Eulenspiegel: 's steht auf dem Messer. Das standen deine Streiche immer, Till. Lamme: Du wirst doch nicht in einem Bach ertrinken, Wo du das weite Meer befahren bist. Eulenspiegel: Sie wird dir die Bedingung nicht erfüllen. -- Ein Schelm am Galgen! Nahm doch eine Bessre Anstoß daran. Lamme: Ich dacht, um mich zu kriegen, Nimmt sie wohl auch noch dich. El sieh, wie stolz Eulenspiegel: Doch gleich der Esel seine Beine hebt, Wenn's edle Pferd am Weg verendet ist! Lamme: Herzbruder, sei doch nicht so mißgestimmt. Eulenspiegel: Ich glaub, ich habe Ursach. Scham dich, Till! Lamme: Wo hast du deine Laune! Kläglich ist's, Das Spiel so matt zu enden. Kläglich? -- Nein! Eulenspiegel: Das soll nicht, Lamme! 's ist ein häßlich Wort. Recht hast du, Bruder, eine Schande wärs. Und gar vor diesen! -- Gut, ich werde hoffen. Lamme: Ich könnt dich küssen, Till! Küß nnr mein Weib Eulenspiegel: An meiner Statt! Sieh doch, sie öffnet schon. Lamme: Da will ich gleich -- Eulenspiegel: Vergiß das Sacktuch nicht! (Lamme verschwindet in EveS Haus; der Profoß und seine Knechte mit einem Karren voller Geräte.) Profoß: Habt ihr auch alles mit? Die Feuerzangen, Die Streckbank und die Schlingen? Alles. Meister. Knecht: Grenzboten III 1911 1
Till Luk>-»spieg>!l Eve: Mir wollt Jhr's sagen? Lamme:' Grade dir, du Süße! Eve: Ists wirklich wahr? Bei Gatt, ich schwör es Euch! Lamme: Eve: O lieber Herr, wallt Ihr nicht morgen kommen? Lamme: Ich halt die Qual ohn' Euch nicht länger aus! Ich bitt Euch, Liebste, öffnet! Eve: Gott! — Ich komme. — Doch hört, in allen Ehren!? Lamme: El versteht sich, Ich bin doch kein Franzos! Eve: Da komm ich schon. (Sie verschwindet vom Fenster; Lamme eilt hinüber zu Enlensvie^el,) Lamme: Hör. Till, sie öffnet und ich bin erhört! Wünsch gut Gelingen, Freund; ich glaub nicht dran. Eulenspiegel: Lamme: Sie hat mein Ehversprechen! Doch nicht meines. Eulenspiegel: Lamme: Ach geh, Till, du warst sonst doch stets bei Laune, Wenns eine Hetze gab. Eulenspiegel: 's steht auf dem Messer. Das standen deine Streiche immer, Till. Lamme: Du wirst doch nicht in einem Bach ertrinken, Wo du das weite Meer befahren bist. Eulenspiegel: Sie wird dir die Bedingung nicht erfüllen. — Ein Schelm am Galgen! Nahm doch eine Bessre Anstoß daran. Lamme: Ich dacht, um mich zu kriegen, Nimmt sie wohl auch noch dich. El sieh, wie stolz Eulenspiegel: Doch gleich der Esel seine Beine hebt, Wenn's edle Pferd am Weg verendet ist! Lamme: Herzbruder, sei doch nicht so mißgestimmt. Eulenspiegel: Ich glaub, ich habe Ursach. Scham dich, Till! Lamme: Wo hast du deine Laune! Kläglich ist's, Das Spiel so matt zu enden. Kläglich? — Nein! Eulenspiegel: Das soll nicht, Lamme! 's ist ein häßlich Wort. Recht hast du, Bruder, eine Schande wärs. Und gar vor diesen! — Gut, ich werde hoffen. Lamme: Ich könnt dich küssen, Till! Küß nnr mein Weib Eulenspiegel: An meiner Statt! Sieh doch, sie öffnet schon. Lamme: Da will ich gleich — Eulenspiegel: Vergiß das Sacktuch nicht! (Lamme verschwindet in EveS Haus; der Profoß und seine Knechte mit einem Karren voller Geräte.) Profoß: Habt ihr auch alles mit? Die Feuerzangen, Die Streckbank und die Schlingen? Alles. Meister. Knecht: Grenzboten III 1911 1
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Mir wollt Jhr's sagen?
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Lamme:
Eve:
O lieber Herr, wallt Ihr nicht morgen kommen?
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Ich halt die Qual ohn' Euch nicht länger aus!
Ich bitt Euch, Liebste, öffnet!
Eve:
Gott! — Ich komme. —
Doch hört, in allen Ehren!?
Lamme:
El versteht sich,
Ich bin doch kein Franzos!
Eve:
Da komm ich schon.
(Sie verschwindet vom Fenster; Lamme eilt hinüber zu Enlensvie^el,)
Lamme:
Hör. Till, sie öffnet und ich bin erhört!
Wünsch gut Gelingen, Freund; ich glaub nicht dran.
Eulenspiegel:
Lamme:
Sie hat mein Ehversprechen!
Doch nicht meines.
Eulenspiegel:
Lamme:
Ach geh, Till, du warst sonst doch stets bei Laune,
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Wenns eine Hetze gab.
Eulenspiegel:
's steht auf dem Messer.
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Du wirst doch nicht in einem Bach ertrinken,
Wo du das weite Meer befahren bist.
Eulenspiegel:
Sie wird dir die Bedingung nicht erfüllen. —
Ein Schelm am Galgen! Nahm doch eine Bessre
Anstoß daran.
Lamme:
Ich dacht, um mich zu kriegen,
Nimmt sie wohl auch noch dich.
El sieh, wie stolz
Eulenspiegel:
Doch gleich der Esel seine Beine hebt,
Wenn's edle Pferd am Weg verendet ist!
Lamme:
Herzbruder, sei doch nicht so mißgestimmt.
Eulenspiegel:
Ich glaub, ich habe Ursach.
Scham dich, Till!
Lamme:
Wo hast du deine Laune! Kläglich ist's,
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Kläglich? — Nein!
Eulenspiegel:
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Recht hast du, Bruder, eine Schande wärs.
Und gar vor diesen! — Gut, ich werde hoffen.
Lamme:
Ich könnt dich küssen, Till!
Küß nnr mein Weib
Eulenspiegel:
An meiner Statt! Sieh doch, sie öffnet schon.
Lamme:
Da will ich gleich —
Eulenspiegel:
Vergiß das Sacktuch nicht!
(Lamme verschwindet in EveS Haus; der Profoß und seine Knechte mit einem Karren
voller Geräte.)
Profoß:
Habt ihr auch alles mit? Die Feuerzangen,
Die Streckbank und die Schlingen?
Alles. Meister.
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Grenzboten III 1911 1
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