Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.Till Lnlcnsxicgel 'ne gute Arbeit. Profotz: Dann mach die Schlinge fest.-- (Betrachtet den Galgen) Gut Morgen. Euer Gnaden. Gut geschlafen? Eulen spiegel: Und schon so früh am Tag heraus? (Volt findet sich ein.) Profotz: Das Lästermaul! Tut nur, als hört ihr nicht. Das kenn ich schon; Verbirgt sich doch die Angst nur hinterm Maul. Wie, Angst habt Ihr. Herr Schlingensteller? -- Ich Eulenspiegel: Bin doch nicht Euer Ehweib! Laßt ihn reden! -- Profoß: (Das arme Sünderglöcklein ertönt.) Geh, trag ihm noch die Henkersmahlzeit hin. Hört doch, sie läuten heute früh zur Messe. Eulenspiegel: Ist Maienandacht? -- (Nimmt die Schüssel in Empfang.) , (Er verschwindet vom Fenster.) Als Anteil von der Tafel? -- Delikat! -- Komm hierher, Christian, ist ein guter Platz, Erster Bürger: Man kann von hier aus alles prächtig sehen. Seht, seht, da kommen die Herrn Richter schon. Zweiter Bürger: Und dort der Rektor! Dritter Bürger: Vierter Bürger: Und den Kanzler, seht! Wie würdevoll die Herren sich begrüßen! Erster Bürger: Er gibt den Schlüssel; seht, sie holen ihn! Dritter Bürger: Ob auch der Landgraf kommt? Vierter Bürger: Natürlich doch! Zweiter Bürger: Er ist doch der Gerichtsherr! Nein, der Kanzler! Dritter Bürger: Seht doch, jetzt hol'n sie ihn! Vierter Bürger: Phe! Ruhe! Ruhe! Erster Bürger: Der Landgraf kommt! Der Landgraf! Mehrere: Zweiter Bürger: Sagt ich's nicht!? Herrsch, wie tief sie sich zur Erde neigen! Erster Bürger: Dritter Bürger:, Sind alles Katzenbuckel! Ruhe! Ruhe! Rufe: (DaS Glöcklein schweigt; vom Turm schlagt es vier Uhr; die Herren nehmen ihre Plätze ein. Eulenspiegel wird ein wenig später herausgeführt,) I^lau jugtitia! Halsgencht hebt an! Grober: Der Delinquent! Seht doch den Delinquent! Einige: : Ich bitte alles Volk um größte Ruhe! Grober Stellt ihn dort auf den schrägen! -- Delinquent, Er ist zum Tod durch Strang verurteilt worden, Doch hat er abgeleugnet. Das Gesetz Schreibt Foltrung vor, wenn er beim Leugnen bleibt, Um ihn zum Schuldbekenntnis anzuregen; Bekenne er, ist er von der Folter frei. Ich leg es ihm ans Herz, zu überlegen, Ob er bekennen will. -- Eulenspiegel: Ich will bekennen. Einige: Hört, hört, er will bekennen! Till Lnlcnsxicgel 'ne gute Arbeit. Profotz: Dann mach die Schlinge fest.— (Betrachtet den Galgen) Gut Morgen. Euer Gnaden. Gut geschlafen? Eulen spiegel: Und schon so früh am Tag heraus? (Volt findet sich ein.) Profotz: Das Lästermaul! Tut nur, als hört ihr nicht. Das kenn ich schon; Verbirgt sich doch die Angst nur hinterm Maul. Wie, Angst habt Ihr. Herr Schlingensteller? — Ich Eulenspiegel: Bin doch nicht Euer Ehweib! Laßt ihn reden! — Profoß: (Das arme Sünderglöcklein ertönt.) Geh, trag ihm noch die Henkersmahlzeit hin. Hört doch, sie läuten heute früh zur Messe. Eulenspiegel: Ist Maienandacht? — (Nimmt die Schüssel in Empfang.) , (Er verschwindet vom Fenster.) Als Anteil von der Tafel? — Delikat! — Komm hierher, Christian, ist ein guter Platz, Erster Bürger: Man kann von hier aus alles prächtig sehen. Seht, seht, da kommen die Herrn Richter schon. Zweiter Bürger: Und dort der Rektor! Dritter Bürger: Vierter Bürger: Und den Kanzler, seht! Wie würdevoll die Herren sich begrüßen! Erster Bürger: Er gibt den Schlüssel; seht, sie holen ihn! Dritter Bürger: Ob auch der Landgraf kommt? Vierter Bürger: Natürlich doch! Zweiter Bürger: Er ist doch der Gerichtsherr! Nein, der Kanzler! Dritter Bürger: Seht doch, jetzt hol'n sie ihn! Vierter Bürger: Phe! Ruhe! Ruhe! Erster Bürger: Der Landgraf kommt! Der Landgraf! Mehrere: Zweiter Bürger: Sagt ich's nicht!? Herrsch, wie tief sie sich zur Erde neigen! Erster Bürger: Dritter Bürger:, Sind alles Katzenbuckel! Ruhe! Ruhe! Rufe: (DaS Glöcklein schweigt; vom Turm schlagt es vier Uhr; die Herren nehmen ihre Plätze ein. Eulenspiegel wird ein wenig später herausgeführt,) I^lau jugtitia! Halsgencht hebt an! 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Und schon so früh am Tag heraus?
(Volt findet sich ein.)
Profotz:
Das Lästermaul!
Tut nur, als hört ihr nicht. Das kenn ich schon;
Verbirgt sich doch die Angst nur hinterm Maul.
Wie, Angst habt Ihr. Herr Schlingensteller? — Ich
Eulenspiegel:
Bin doch nicht Euer Ehweib!
Laßt ihn reden! —
Profoß:
(Das arme Sünderglöcklein ertönt.)
Geh, trag ihm noch die Henkersmahlzeit hin.
Hört doch, sie läuten heute früh zur Messe.
Eulenspiegel:
Ist Maienandacht? —
(Nimmt die Schüssel in Empfang.)
,
Welch Leckerei! Die schickt mir wohl der Fürst
(Er verschwindet vom Fenster.)
Als Anteil von der Tafel? — Delikat! —
Komm hierher, Christian, ist ein guter Platz,
Erster Bürger:
Man kann von hier aus alles prächtig sehen.
Seht, seht, da kommen die Herrn Richter schon.
Zweiter Bürger:
Und dort der Rektor!
Dritter Bürger:
Vierter Bürger:
Und den Kanzler, seht!
Wie würdevoll die Herren sich begrüßen!
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Der Landgraf!
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Herrsch, wie tief sie sich zur Erde neigen!
Erster Bürger:
Dritter Bürger:,
Sind alles Katzenbuckel!
Ruhe! Ruhe!
Rufe:
(DaS Glöcklein schweigt; vom Turm schlagt es vier Uhr; die Herren nehmen ihre
Plätze ein. Eulenspiegel wird ein wenig später herausgeführt,)
I^lau jugtitia! Halsgencht hebt an!
Grober:
Der Delinquent! Seht doch den Delinquent!
Einige:
: Ich bitte alles Volk um größte Ruhe!
Grober
Stellt ihn dort auf den schrägen! — Delinquent,
Er ist zum Tod durch Strang verurteilt worden,
Doch hat er abgeleugnet. Das Gesetz
Schreibt Foltrung vor, wenn er beim Leugnen bleibt,
Um ihn zum Schuldbekenntnis anzuregen;
Bekenne er, ist er von der Folter frei.
Ich leg es ihm ans Herz, zu überlegen,
Ob er bekennen will. —
Eulenspiegel:
Ich will bekennen.
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Hört, hört, er will bekennen!
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