Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.Die Bayreuther Festspiele gern geduldet. Ein hervorragender Darsteller und Sänger des Siegfried ist dieses Aber mit der Auswahl der besten Kräfte, die jeder für sich Hervorragendes Alle diese gewaltige Arbeit ruht zum größten Teile auf den Schultern So kommt in Bayreuth nach wochenlanger angestrengter Arbeit, die man "Hört ihr den Ruf? Nun danket Gott, Die Bayreuther Festspiele gern geduldet. Ein hervorragender Darsteller und Sänger des Siegfried ist dieses Aber mit der Auswahl der besten Kräfte, die jeder für sich Hervorragendes Alle diese gewaltige Arbeit ruht zum größten Teile auf den Schultern So kommt in Bayreuth nach wochenlanger angestrengter Arbeit, die man „Hört ihr den Ruf? Nun danket Gott, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0332" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/319279"/> <fw type="header" place="top"> Die Bayreuther Festspiele</fw><lb/> <p xml:id="ID_1746" prev="#ID_1745"> gern geduldet. Ein hervorragender Darsteller und Sänger des Siegfried ist dieses<lb/> Jahr Alfred v. Vary, der schon vor zwei Jahren den Lohengrin sang.</p><lb/> <p xml:id="ID_1747"> Aber mit der Auswahl der besten Kräfte, die jeder für sich Hervorragendes<lb/> leisten, ist in Bayreuth durchaus nicht alles getan. Nun gilt es die vortrefflichen<lb/> Einzelleistungen zu der von Wagner gewünschten und zum klaren Ausdrucke<lb/> des Werkes notwendigen Gesamtwirkung zu vereinigen. Viele Wochen vor den<lb/> Festspielen befindet sich die ganze Künstlerschar bereits in Bayreuth, um hier<lb/> losgelöst vom Alltagsgetriebe ganz und gar nur für die Kunst und in der Kunst<lb/> zu leben. In dieser Zeit finden nicht nur Gesamtproben statt, sondern jede Rolle,<lb/> jede Szene wird auf das gründlichste für sich besonders durchdacht, studiert und<lb/> geprobt, bis jede Einzelheit sorgfältig herausgearbeitet ist und sich sinngemäß<lb/> dem großen Ganzen eingliedert. Ja, wo es nötig ist, um bestimmte Stellen in<lb/> voller Deutlichkeit zur Anschauung zu bringen oder kleine in der menschlichen<lb/> Natur begründete Ungleichheiten auszugleichen, finden Proben einzelner Szenen<lb/> oder Stellen einzelner Rollen oft noch am Tage der Aufführung selbst statt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1748"> Alle diese gewaltige Arbeit ruht zum größten Teile auf den Schultern<lb/> Siegfried Wagners, wobei er von einem bewährten Stäbe von Kapellmeistern<lb/> und Solo-Repetitoren unterstützt wird. Die kräftigste dieser Stützen, Julius<lb/> Kniese, wurde Bayreuth leider bereits 190S durch den Tod entrissen. Er hatte<lb/> in jeder Beziehung, besonders aber in der Ausarbeitung fein abgewogener<lb/> Deklamation, viele Jahre lang segensreich für Bayreuth gewirkt. Der durch<lb/> regelmäßigen Besuch der Festspiele Eingeweihte verspürt noch heute vielfach den<lb/> Einfluß Knieses, und er lebt in der dankbaren Erinnerung aller jener, die ihn kannten,<lb/> sowohl der mitwirkenden Künstler als begeisterter Festspielgäste, noch lange fort.</p><lb/> <p xml:id="ID_1749"> So kommt in Bayreuth nach wochenlanger angestrengter Arbeit, die man<lb/> an täglich spielenden Bühnen nicht jedem einzelnen Werke widmen kann, jeder<lb/> einzelne Zug zu deutlichem plastischen Ausdrucke, wodurch wieder der Genuß und<lb/> das Verständnis des ganzen Werkes bedeutend gefördert wird. Dies gibt uns<lb/> auch die sichere Gewähr, daß auch nach dem Jahre 1913, in dem auch für<lb/> „Parsifal" die gesetzliche Schutzfrist abläuft, die Festspiele zu Bayreuth ihren sicheren<lb/> Fortgang nehmen werden. Wie tief diese Überzeugung auch im Publikum Platz<lb/> gegriffen, zeigt der Umstand, daß, obwohl die Zahl der Wagner-Aufführungen<lb/> an anderen Bühnen jährlich zunimmt, doch der Andrang nach Bayreuth mit jedem<lb/> Jahre wächst, so daß viele Wünsche schon lange vor der Festspielzeit nicht mehr<lb/> berücksichtigt werden können. Und noch eins. Die Ausländer stellen nicht mehr<lb/> die größere Anzahl von Besuchern dar, das deutsche Volk erkennt nun auch<lb/> immer mehr den idealen Wert Bayreuths, so daß in diesem Jahre die Zahl der<lb/> deutschen Festspielbesucher auf 88 Prozent angewachsen ist. Freuen wir uns dieser<lb/> Tatsache und erwarten mit hoffnungsvoller Spannung das nächste Festspieljahr,<lb/> indem es hoffentlich auch uns wieder vergönnt sein wird, beim ersten Fanfarenrufe,<lb/> der vor dem Festspielhause die Gäste zum Eintritt lädt, in bewegtem Herzen<lb/> die Mahnung des Gurnemcmz mitzuempfinden:</p><lb/> <quote> „Hört ihr den Ruf? Nun danket Gott,<lb/> Daß ihr berufen, ihn zu hören!"</quote><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0332]
Die Bayreuther Festspiele
gern geduldet. Ein hervorragender Darsteller und Sänger des Siegfried ist dieses
Jahr Alfred v. Vary, der schon vor zwei Jahren den Lohengrin sang.
Aber mit der Auswahl der besten Kräfte, die jeder für sich Hervorragendes
leisten, ist in Bayreuth durchaus nicht alles getan. Nun gilt es die vortrefflichen
Einzelleistungen zu der von Wagner gewünschten und zum klaren Ausdrucke
des Werkes notwendigen Gesamtwirkung zu vereinigen. Viele Wochen vor den
Festspielen befindet sich die ganze Künstlerschar bereits in Bayreuth, um hier
losgelöst vom Alltagsgetriebe ganz und gar nur für die Kunst und in der Kunst
zu leben. In dieser Zeit finden nicht nur Gesamtproben statt, sondern jede Rolle,
jede Szene wird auf das gründlichste für sich besonders durchdacht, studiert und
geprobt, bis jede Einzelheit sorgfältig herausgearbeitet ist und sich sinngemäß
dem großen Ganzen eingliedert. Ja, wo es nötig ist, um bestimmte Stellen in
voller Deutlichkeit zur Anschauung zu bringen oder kleine in der menschlichen
Natur begründete Ungleichheiten auszugleichen, finden Proben einzelner Szenen
oder Stellen einzelner Rollen oft noch am Tage der Aufführung selbst statt.
Alle diese gewaltige Arbeit ruht zum größten Teile auf den Schultern
Siegfried Wagners, wobei er von einem bewährten Stäbe von Kapellmeistern
und Solo-Repetitoren unterstützt wird. Die kräftigste dieser Stützen, Julius
Kniese, wurde Bayreuth leider bereits 190S durch den Tod entrissen. Er hatte
in jeder Beziehung, besonders aber in der Ausarbeitung fein abgewogener
Deklamation, viele Jahre lang segensreich für Bayreuth gewirkt. Der durch
regelmäßigen Besuch der Festspiele Eingeweihte verspürt noch heute vielfach den
Einfluß Knieses, und er lebt in der dankbaren Erinnerung aller jener, die ihn kannten,
sowohl der mitwirkenden Künstler als begeisterter Festspielgäste, noch lange fort.
So kommt in Bayreuth nach wochenlanger angestrengter Arbeit, die man
an täglich spielenden Bühnen nicht jedem einzelnen Werke widmen kann, jeder
einzelne Zug zu deutlichem plastischen Ausdrucke, wodurch wieder der Genuß und
das Verständnis des ganzen Werkes bedeutend gefördert wird. Dies gibt uns
auch die sichere Gewähr, daß auch nach dem Jahre 1913, in dem auch für
„Parsifal" die gesetzliche Schutzfrist abläuft, die Festspiele zu Bayreuth ihren sicheren
Fortgang nehmen werden. Wie tief diese Überzeugung auch im Publikum Platz
gegriffen, zeigt der Umstand, daß, obwohl die Zahl der Wagner-Aufführungen
an anderen Bühnen jährlich zunimmt, doch der Andrang nach Bayreuth mit jedem
Jahre wächst, so daß viele Wünsche schon lange vor der Festspielzeit nicht mehr
berücksichtigt werden können. Und noch eins. Die Ausländer stellen nicht mehr
die größere Anzahl von Besuchern dar, das deutsche Volk erkennt nun auch
immer mehr den idealen Wert Bayreuths, so daß in diesem Jahre die Zahl der
deutschen Festspielbesucher auf 88 Prozent angewachsen ist. Freuen wir uns dieser
Tatsache und erwarten mit hoffnungsvoller Spannung das nächste Festspieljahr,
indem es hoffentlich auch uns wieder vergönnt sein wird, beim ersten Fanfarenrufe,
der vor dem Festspielhause die Gäste zum Eintritt lädt, in bewegtem Herzen
die Mahnung des Gurnemcmz mitzuempfinden:
„Hört ihr den Ruf? Nun danket Gott,
Daß ihr berufen, ihn zu hören!"
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