Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.westfälisches Volksfest Grobgewichtig, etwas warm, Umschlagtücher überm Arm, Aus den Wegen überall Strömen sie zum Abendball. Etwas riechen sie nach Motten- Pulver, etwas nach den: Kollen. Und die Burschen, die schon da sind, Bald den jungen Dirnen nah sind; Sehen heiter aus und tragen Hochgestärkte Wäschekragen -- Manchem werden sie schon reichlich Unbequem und etwas weichlich. Bei des Abends kühler Feuchtung Kommt die Feuerwerkbeleuchtung. Rote Räder, die sich drehten, Langezogene Raketen, Die mit einem leisen Knallen Oben goldne Kugeln ballen. Leuchten und herniederfallen. Staunend ruft man: "Ah! Ah! El!" Und dann ist auch dies vorbei. Noch zum Schluß mit einemmal Wird man preußisch, national; Die Musik ist etwas vor, Und die Menge schleppt im Chor. Für die Bessern ists ein Zeichen, Jetzt dem Trubel zu entweichen. Man verteilt den letzten Kuchen Und dann kommt das große Suchen -- Kinder schreien, Mütter rufen, Eilig nimmt man noch den Zucker; Equipagen. Pferdehufen. Hinterher die armen Schlucker. Um die Taille mit den Dirnen, Wang' an Wange, Stirn an Stirnen, Melodie und heitres Ganze Führt der Bub die Magd zum Tanze. Mancher stößt sie mit dem Knie, Manche wieder treten sie. westfälisches Volksfest Grobgewichtig, etwas warm, Umschlagtücher überm Arm, Aus den Wegen überall Strömen sie zum Abendball. Etwas riechen sie nach Motten- Pulver, etwas nach den: Kollen. Und die Burschen, die schon da sind, Bald den jungen Dirnen nah sind; Sehen heiter aus und tragen Hochgestärkte Wäschekragen — Manchem werden sie schon reichlich Unbequem und etwas weichlich. Bei des Abends kühler Feuchtung Kommt die Feuerwerkbeleuchtung. Rote Räder, die sich drehten, Langezogene Raketen, Die mit einem leisen Knallen Oben goldne Kugeln ballen. Leuchten und herniederfallen. Staunend ruft man: „Ah! Ah! El!" Und dann ist auch dies vorbei. Noch zum Schluß mit einemmal Wird man preußisch, national; Die Musik ist etwas vor, Und die Menge schleppt im Chor. Für die Bessern ists ein Zeichen, Jetzt dem Trubel zu entweichen. Man verteilt den letzten Kuchen Und dann kommt das große Suchen — Kinder schreien, Mütter rufen, Eilig nimmt man noch den Zucker; Equipagen. Pferdehufen. Hinterher die armen Schlucker. Um die Taille mit den Dirnen, Wang' an Wange, Stirn an Stirnen, Melodie und heitres Ganze Führt der Bub die Magd zum Tanze. Mancher stößt sie mit dem Knie, Manche wieder treten sie. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0324" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/319271"/> <fw type="header" place="top"> westfälisches Volksfest</fw><lb/> <lg xml:id="POEMID_29" type="poem"> <l> Grobgewichtig, etwas warm,<lb/> Umschlagtücher überm Arm,<lb/> Aus den Wegen überall<lb/> Strömen sie zum Abendball.<lb/> Etwas riechen sie nach Motten-<lb/> Pulver, etwas nach den: Kollen.<lb/> Und die Burschen, die schon da sind,<lb/> Bald den jungen Dirnen nah sind;<lb/> Sehen heiter aus und tragen<lb/> Hochgestärkte Wäschekragen —<lb/> Manchem werden sie schon reichlich<lb/> Unbequem und etwas weichlich.</l> <l> Bei des Abends kühler Feuchtung<lb/> Kommt die Feuerwerkbeleuchtung.<lb/> Rote Räder, die sich drehten,<lb/> Langezogene Raketen,<lb/> Die mit einem leisen Knallen<lb/> Oben goldne Kugeln ballen.<lb/> Leuchten und herniederfallen.<lb/> Staunend ruft man: „Ah! Ah! El!"<lb/> Und dann ist auch dies vorbei.</l> <l> Noch zum Schluß mit einemmal<lb/> Wird man preußisch, national;<lb/> Die Musik ist etwas vor,<lb/> Und die Menge schleppt im Chor.<lb/> Für die Bessern ists ein Zeichen,<lb/> Jetzt dem Trubel zu entweichen.<lb/> Man verteilt den letzten Kuchen<lb/> Und dann kommt das große Suchen —<lb/> Kinder schreien, Mütter rufen,<lb/> Eilig nimmt man noch den Zucker;<lb/> Equipagen. Pferdehufen.<lb/> Hinterher die armen Schlucker.<lb/></l> <l> Um die Taille mit den Dirnen,<lb/> Wang' an Wange, Stirn an Stirnen,<lb/> Melodie und heitres Ganze<lb/> Führt der Bub die Magd zum Tanze.<lb/> Mancher stößt sie mit dem Knie,<lb/> Manche wieder treten sie.</l> </lg><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0324]
westfälisches Volksfest
Grobgewichtig, etwas warm,
Umschlagtücher überm Arm,
Aus den Wegen überall
Strömen sie zum Abendball.
Etwas riechen sie nach Motten-
Pulver, etwas nach den: Kollen.
Und die Burschen, die schon da sind,
Bald den jungen Dirnen nah sind;
Sehen heiter aus und tragen
Hochgestärkte Wäschekragen —
Manchem werden sie schon reichlich
Unbequem und etwas weichlich. Bei des Abends kühler Feuchtung
Kommt die Feuerwerkbeleuchtung.
Rote Räder, die sich drehten,
Langezogene Raketen,
Die mit einem leisen Knallen
Oben goldne Kugeln ballen.
Leuchten und herniederfallen.
Staunend ruft man: „Ah! Ah! El!"
Und dann ist auch dies vorbei. Noch zum Schluß mit einemmal
Wird man preußisch, national;
Die Musik ist etwas vor,
Und die Menge schleppt im Chor.
Für die Bessern ists ein Zeichen,
Jetzt dem Trubel zu entweichen.
Man verteilt den letzten Kuchen
Und dann kommt das große Suchen —
Kinder schreien, Mütter rufen,
Eilig nimmt man noch den Zucker;
Equipagen. Pferdehufen.
Hinterher die armen Schlucker.
Um die Taille mit den Dirnen,
Wang' an Wange, Stirn an Stirnen,
Melodie und heitres Ganze
Führt der Bub die Magd zum Tanze.
Mancher stößt sie mit dem Knie,
Manche wieder treten sie.
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