Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.Staat und Handel Daraus folgern mit unabänderlicher Logik die Aufgaben des Staates, die Je kräftiger, gesünder, arbeitsfrohcr und vermehrungsfähiger ein Staat Damit aber ein Staat sein Volk kräftig macht, muß er ihm Nahrung Das sind die Grundprinzipien, nach denen das Staatswesen handeln und Wenn es also wahr ist, daß das Volk sich den Staat geschaffen hat, und Staat und Handel Daraus folgern mit unabänderlicher Logik die Aufgaben des Staates, die Je kräftiger, gesünder, arbeitsfrohcr und vermehrungsfähiger ein Staat Damit aber ein Staat sein Volk kräftig macht, muß er ihm Nahrung Das sind die Grundprinzipien, nach denen das Staatswesen handeln und Wenn es also wahr ist, daß das Volk sich den Staat geschaffen hat, und <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0256" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/319205"/> <fw type="header" place="top"> Staat und Handel</fw><lb/> <p xml:id="ID_1501"> Daraus folgern mit unabänderlicher Logik die Aufgaben des Staates, die<lb/> Pflichten der Leiter des Staatswesens.</p><lb/> <p xml:id="ID_1502"> Je kräftiger, gesünder, arbeitsfrohcr und vermehrungsfähiger ein Staat<lb/> sein Volk erhalten kann, um so kräftiger, gesünder, erweiterungsfähiger und<lb/> geachteter wird er selbst sein. Denn ein Staat mit einem schwachen Volk ist<lb/> nichts, ob die Erde, die er umschließt, auch noch so verschwenderlich große und<lb/> reiche Ernten gibt. Das Volk kann sie nicht ausnutzen — weder zum Schaffen<lb/> von Edelmetall noch zu eigener Kräftigung. Ein Staat mit einem kranken<lb/> Volk ist nichts, denn er muß dahinsiechen, ob sein Vieh sich auch so stark und<lb/> reichlich vermehrt, daß es herdenweise in strotzender Kraft auf den Wiesen weidet.<lb/> Der Kranke ist unfähig, die Schönheit und den Reichtum der Natur zu genießen<lb/> oder zu verwerten. Ein Staat mit einem faulen Volk ist nichts als ein Haufen<lb/> schmutziger Bettler, wenn er auch in einen: Stück Erde atmet, das ein Paradies<lb/> wäre. Ein Staat mit einen: Volk, das sich nicht vermehrt, stirbt allmählich aus<lb/> und lahmt den Trieb des Menschen, zu arbeiten, um seinen Nachkommen etwas<lb/> nach besten: Wissen und Gewissen Geschaffenes zur Weiterarbeit zu hinterlassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1503"> Damit aber ein Staat sein Volk kräftig macht, muß er ihm Nahrung<lb/> geben! Damit ein Staat sein Volk gesund macht, muß er ihn: Sonne und<lb/> Freiheit geben! Damit ein Staat sein Volk arbeitsfroh macht, muß er ihm<lb/> Arbeit geben! Damit ein Staat sein Volk vermehrungsfähiger macht, muß er<lb/> ihn: geben: Nahrung, Freiheit und Arbeit!</p><lb/> <p xml:id="ID_1504"> Das sind die Grundprinzipien, nach denen das Staatswesen handeln und<lb/> Gesetze schaffen müßte.» »</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_1505" next="#ID_1506"> Wenn es also wahr ist, daß das Volk sich den Staat geschaffen hat, und<lb/> wenn es wahr ist, daß der Begriff des Staates mit dem Bewußtsein und dein<lb/> Verstände des Menschengeschlechtes in nichts zusammenfällt, so muß es auch<lb/> wahr sein, daß der Endbegriff des Staatsbegriffes der konstitutionelle Staat<lb/> sein muß. Denn wenn Millionen von menschlichen Gehirnen sich über das<lb/> Prinzip einer staatlichen Gemeinschaft einig werden und es anerkennen, so müssen<lb/> sie auch einen menschlichen Vertreter des Prinzips anerkennen. Dadurch, daß<lb/> Millionen von menschlichen Gehirnen sich den Staat schufen, erkennen sie an,<lb/> daß sie einen Führer brauchen, trotzdem aber die Kraft in sich haben und fühlen,<lb/> selbst milderten und mitreden zu können. Ein anarchischer Volksstaat wäre<lb/> schließlich ja doch nur eine Herde, in der jeder sein eigenes Futter sucht. Eine<lb/> Autokratie dagegen wäre: Millionen von denkenden Gehirnen den Zufälligkeiten<lb/> eines einzigen durchaus ebenso von der Natur eingerichteten Gehirnes willenlos<lb/> unterzuordnen. Der konstitutionelle Staat ist aber: ein verantwortlicher<lb/> Unparteiischer an der Spitze, eine Schar verantwortlicher Gehirne um ihn zu<lb/> seiner Hilfe, und eine Vertretung aus der Masse aller Stunde und Gewerbe<lb/> heraus gewählter Gehirne zum Beirat. Aus all denen zusammen müßte doch<lb/> eine Leitung entstehen, die einen so komplizierten Menschenapparat, wie es ein</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0256]
Staat und Handel
Daraus folgern mit unabänderlicher Logik die Aufgaben des Staates, die
Pflichten der Leiter des Staatswesens.
Je kräftiger, gesünder, arbeitsfrohcr und vermehrungsfähiger ein Staat
sein Volk erhalten kann, um so kräftiger, gesünder, erweiterungsfähiger und
geachteter wird er selbst sein. Denn ein Staat mit einem schwachen Volk ist
nichts, ob die Erde, die er umschließt, auch noch so verschwenderlich große und
reiche Ernten gibt. Das Volk kann sie nicht ausnutzen — weder zum Schaffen
von Edelmetall noch zu eigener Kräftigung. Ein Staat mit einem kranken
Volk ist nichts, denn er muß dahinsiechen, ob sein Vieh sich auch so stark und
reichlich vermehrt, daß es herdenweise in strotzender Kraft auf den Wiesen weidet.
Der Kranke ist unfähig, die Schönheit und den Reichtum der Natur zu genießen
oder zu verwerten. Ein Staat mit einem faulen Volk ist nichts als ein Haufen
schmutziger Bettler, wenn er auch in einen: Stück Erde atmet, das ein Paradies
wäre. Ein Staat mit einen: Volk, das sich nicht vermehrt, stirbt allmählich aus
und lahmt den Trieb des Menschen, zu arbeiten, um seinen Nachkommen etwas
nach besten: Wissen und Gewissen Geschaffenes zur Weiterarbeit zu hinterlassen.
Damit aber ein Staat sein Volk kräftig macht, muß er ihm Nahrung
geben! Damit ein Staat sein Volk gesund macht, muß er ihn: Sonne und
Freiheit geben! Damit ein Staat sein Volk arbeitsfroh macht, muß er ihm
Arbeit geben! Damit ein Staat sein Volk vermehrungsfähiger macht, muß er
ihn: geben: Nahrung, Freiheit und Arbeit!
Das sind die Grundprinzipien, nach denen das Staatswesen handeln und
Gesetze schaffen müßte.» »
Wenn es also wahr ist, daß das Volk sich den Staat geschaffen hat, und
wenn es wahr ist, daß der Begriff des Staates mit dem Bewußtsein und dein
Verstände des Menschengeschlechtes in nichts zusammenfällt, so muß es auch
wahr sein, daß der Endbegriff des Staatsbegriffes der konstitutionelle Staat
sein muß. Denn wenn Millionen von menschlichen Gehirnen sich über das
Prinzip einer staatlichen Gemeinschaft einig werden und es anerkennen, so müssen
sie auch einen menschlichen Vertreter des Prinzips anerkennen. Dadurch, daß
Millionen von menschlichen Gehirnen sich den Staat schufen, erkennen sie an,
daß sie einen Führer brauchen, trotzdem aber die Kraft in sich haben und fühlen,
selbst milderten und mitreden zu können. Ein anarchischer Volksstaat wäre
schließlich ja doch nur eine Herde, in der jeder sein eigenes Futter sucht. Eine
Autokratie dagegen wäre: Millionen von denkenden Gehirnen den Zufälligkeiten
eines einzigen durchaus ebenso von der Natur eingerichteten Gehirnes willenlos
unterzuordnen. Der konstitutionelle Staat ist aber: ein verantwortlicher
Unparteiischer an der Spitze, eine Schar verantwortlicher Gehirne um ihn zu
seiner Hilfe, und eine Vertretung aus der Masse aller Stunde und Gewerbe
heraus gewählter Gehirne zum Beirat. Aus all denen zusammen müßte doch
eine Leitung entstehen, die einen so komplizierten Menschenapparat, wie es ein
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