Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.Reichsspiegel Reichsspiegel Aolonialpolitik Carl Peters über Deutsch-Südwestafrika -- Seine Gewährsmänner -- Die Verwaltungs¬ organe unserer Kolonien -- Farbigenfreundliche und besiedlungsfeindliche Politik in Ostafrika und Samoa -- Kolonialer Eisenbahnbau Wenn das bekannte Wort von den Frauen, nämlich daß diejenige Frau die Peters ist an Südwest nur vorbeigefahren, er konnte in Lüderitzbucht nicht Grenzboten III 1911 21
Reichsspiegel Reichsspiegel Aolonialpolitik Carl Peters über Deutsch-Südwestafrika — Seine Gewährsmänner — Die Verwaltungs¬ organe unserer Kolonien — Farbigenfreundliche und besiedlungsfeindliche Politik in Ostafrika und Samoa — Kolonialer Eisenbahnbau Wenn das bekannte Wort von den Frauen, nämlich daß diejenige Frau die Peters ist an Südwest nur vorbeigefahren, er konnte in Lüderitzbucht nicht Grenzboten III 1911 21
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Reichsspiegel
Reichsspiegel
Aolonialpolitik
Carl Peters über Deutsch-Südwestafrika — Seine Gewährsmänner — Die Verwaltungs¬
organe unserer Kolonien — Farbigenfreundliche und besiedlungsfeindliche Politik in
Ostafrika und Samoa — Kolonialer Eisenbahnbau
Wenn das bekannte Wort von den Frauen, nämlich daß diejenige Frau die
beste sei, von der man am wenigsten spricht, restlos auf die Kolonien angewendet
würde, so wäre es mit Südwestafrika schlecht bestellt. Aber glücklicherweise
geht es mit der Kolonie im ganzen vorwärts, wenn auch Fortschrittshemmungen
mannigfacher Art in letzter Zeit an der Tagesordnung waren. Um so mehr muh
man ein Urteil bedauern, wie es Dr. Carl Peters jüngst im „Tag" über die
Kolonie gefällt hat. Carl Peters besitzt einen Namen, der in der Welt ernst
genommen wird; er hat sogar eine allerdings nicht mehr sehr große Gemeinde,
die jede Kritik an ihm als ein crimsn laosse msjeZtatis auffaßt. Bei allem
schuldigen Respekt vor dem Gründer unserer ostafrikanischen Kolonie müssen wir
aber sagen, daß er in dem erwähnten Aufsatz sich nicht in allen Punkten mit dem
erforderlichen Verantwortungsgefühl die Wirkungen seiner pessimistischen Dar¬
legungen klar gemacht hat. Das große Publikum kann daraus nichts mehr und
nichts weniger entnehmen, als daß Südwest für uns ein teures Vergnügen ist,
eine Kolonie, die wir der nationalen Ehre wegen in Gottes Namen durchhalten
müssen, weil wir sie nun einmal haben, der aber eine wirtschaftliche Zukunft nur
dann bevorsteht, wenn sie sich der britisch-südafrikanischen Union anschließt. Selbst¬
verständlich nehmen wir an, daß Peters das nicht hat sagen wollen, aber der im
einzelnen nicht näher Eingeweihte wird das leider herauslesen.
Peters ist an Südwest nur vorbeigefahren, er konnte in Lüderitzbucht nicht
an Land gehen und mußte sich daher, wie er selbst sagt, „darauf beschränken,
Umschau zu halten (mit dem Fernglase) und weitere Auskünfte über Land und
Leute von Besuchern zu erwarten". Natürlich gibt es in Lüderitzbucht eine Menge
Mißvergnügter, die dort nicht mühelos die erhofften Reichtümer einzuheimsen ver-
mochten und die jetzt viel Zeit übrig haben, um jeden Dampfer zu besuchen und
dort alle paar Wochen einmal dem seltenen Genuß eisgekühlten Faßbiers sich
hinzugeben. Dabei wird allemal gewaltig politisiert und an dem „verdammten
Affenlande" kein guter Faden gelassen. Es sind manchmal auch ein paar Spa߬
vogel darunter, die dem naiven Reisenden einige Bären aufbinden. Solche Bären
hat sich auch Peters aufbinden lassen, obwohl man von ihm doch ein über das
Normale hinausgehendes Maß von Urteilsfähigkeit erwarten könnte. Spaßhaft
ist z. B., was er sich von „Elektrizitätswerken, welche die Kraft zur Ausbeutung
der Diamantenfelder liefern", hat erzählen lassen. Von den Wasserverhältnissen
in der Kolonie sagt er, daß sie Deutsch-Südwest aus den Ackerbaugebieten unseres
Planeten ausstreichen und auch Viehzucht im großen nur auf besonders bevor¬
zugten Terrains möglich machen, und ferner, daß zehntausend Ansiedler ein ärm¬
liches Dasein führen. Ersteres ist nur bedingt richtig, denn es gibt genug Land,
auf dem Tabak, Gemüse, Obst, Wein, Kartoffeln, ja sogar verschiedene Getreide-
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