Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.Maßgebliches undUnmaßgebliches [Beginn Spaltensatz] Schöne Literatur Karl Busse hat die Erzählungen über "Die DaS alte Haus. Ein humoristischer Es ist ein gemütliches altes Haus, das da licher Ruhe am Markt steht. Ein übermütiges Maßgebliches undUnmaßgebliches [Beginn Spaltensatz] Schöne Literatur Karl Busse hat die Erzählungen über „Die DaS alte Haus. Ein humoristischer Es ist ein gemütliches altes Haus, das da licher Ruhe am Markt steht. Ein übermütiges <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0193" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/319142"/> <figure facs="http://media.dwds.de/dta/images/grenzboten_341893_318948/figures/grenzboten_341893_318948_319142_000.jpg"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Maßgebliches undUnmaßgebliches</head><lb/> <cb type="start"/> <div n="2"> <head> Schöne Literatur</head> <p xml:id="ID_1279"> Karl Busse hat die Erzählungen über „Die<lb/> Schüler von Polajcwo" (Stuttgart, I, G,<lb/> Cottasche Buchhandlung Nachf. Preis 3 M.)<lb/> völlig Hingearbeitet und durch neue Stücke<lb/> vermehrt. Ein Vergleich der beiden Auflagen<lb/> zeigt, in welch erfreulicher Weise sich der Dichter<lb/> entwickelt hat. Das Buch ist jetzt nach der Um¬<lb/> arbeitung ein künstlerisches und Psychologisches<lb/> Meisterwerk geworden. Ans dem Leben heraus<lb/> sind die Gestalten der Schüler geschaffen und<lb/> ihre Schicksale greifen uus ans Herz, Jede<lb/> Figur ist mitliebcvollerSorgfalt und mit tiefem<lb/> Verstehen für die Freuden und Leiden dieser<lb/> geheimnisvollen Werdezeit herausgearbeitet.<lb/> Zwölf Novellen enthält der Band, und sie alle<lb/> spielen am Gymnasium zu Polajcwo; aber<lb/> trotz des gleichen Milieus bewahrt jede ihre<lb/> Eigenart, und mit Spannung und ohne<lb/> einen Augenblick der Ermüdung liest man<lb/> das Buch von Anfang bis zu Ende, Mag Busse<lb/> erzählen, wie ein schmächtigeSBürschchen, dessen<lb/> Mutter tot und dessen Vater dem Schnaps<lb/> verfallen ist, zum Dieb wird, oder die erste<lb/> Liebe eines Primaners schildern — immer weiß<lb/> er uns zupacken und zur Teilnahme zu zwingen.<lb/> Zu dramatische» Wucht steigert sich die Hand¬<lb/> lung in der Novelle „Abrechnung". Hier ist<lb/> mit den einfachsten Mitteln eine Szene zwischen<lb/> Schüler undLehrer gezeichnet, die man atemlos<lb/> miterlebt. Erschütternd wirkt es, wie dieser<lb/> Junge aufs äußerste empört in der letzten<lb/> Stunde seiner Schulzeit demi Ordinarius die<lb/> unwürdige, rohe Behandlung zahlenmäßig vor¬<lb/> rechnet.</p> <p xml:id="ID_1280"> DaS alte Haus. Ein humoristischer<lb/> Roman von Ernst Claus-n. Leipzig, Fr. Wilh.<lb/> Grunow. Preis 4 M.</p> <p xml:id="ID_1281" next="#ID_1282"> Es ist ein gemütliches altes Haus, das da<lb/> in irgendeiner kleinen Residenzstadt in beschau-</p> <cb/><lb/> <p xml:id="ID_1282" prev="#ID_1281" next="#ID_1283"> licher Ruhe am Markt steht. Ein übermütiges<lb/> Künstlervölkchen, von demi Prächtigen OnkelKarl<lb/> betreut, haust hier und weiß sich in lachender<lb/> Lebensfreude mit dem' ernsten Dasein abzu¬<lb/> finden. DerMaler Jung, ein Pflegesohn Onkel<lb/> Karls, hat sich in das schöne, viel umworbene<lb/> Fräulein v. Syderow verliebt und sie geheiratet,<lb/> ohne sich viel um die adelstolze Sippe zu küm¬<lb/> mern, die verächtlich auf den armen Künstler<lb/> herabsieht. Das junge Paar wird aber von<lb/> der guten Gesellschaft in Acht und Bann getan.<lb/> Der Maler ist plötzlich ein elender Stümper,<lb/> seine Bilder, die er auf die Ausstellung der<lb/> kleinen Residenz schickt, werden von der Jury<lb/> zurückgewiesen; die wunderlichen alten Tanten<lb/> der jungen Frau, die sie erzogen und bei Hofe<lb/> eingeführt habe», ziehen sich ganz von ihr zurück.<lb/> Da mau nun auf dieser Welt noch immer nicht<lb/> von Liebe und Humor leben kann, wird die<lb/> Situation allmählich doch recht kritisch, wenn<lb/> auch der gute alte Onkel nach Kräften hilft<lb/> und dem jungen Paar Obdach und Kost ge¬<lb/> währt. Nach einer Begegnung mit demi Kunst-<lb/> kritiker, der dieZurückweisung derBilder Fungs<lb/> von der Ausstellung verursacht hat, stürmt Frau<lb/> Lotte geb. v. Syderow derartig zornmütig ins<lb/> Atelier, daß ihr Mann das sonst so lachende,<lb/> sorglose Kindergesicht als Lady Macbeth malen<lb/> kann. Es muß etwas geschehenl Die Wände<lb/> des Ateliers hängen voll von Bildern, aber<lb/> kein Mensch fragt mehr danach, und trotz allen<lb/> Humors beginnt ganz leise im Hintergrund<lb/> das graue Gespenst der Sorge aufzutauchen.<lb/> Und es geschieht etwas, freilichgauz ohneZutuu<lb/> der Beteiligten, Der Maler muß verreisen,<lb/> „um das Waisenhaus in Weißeubüttel aus¬<lb/> zumalen", und da ihm der Abschied von seiner<lb/> jungen schönen Frau schwer wird, eilt er erst<lb/> im letzten Augenblick zum Bahnhof, wobei er<lb/> in seinem rasenden Lauf von seineu Wider¬<lb/> sachern gesehen wird. Nun wird mit köstlichem</p> <cb type="end"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0193]
[Abbildung]
Maßgebliches undUnmaßgebliches
Schöne Literatur Karl Busse hat die Erzählungen über „Die
Schüler von Polajcwo" (Stuttgart, I, G,
Cottasche Buchhandlung Nachf. Preis 3 M.)
völlig Hingearbeitet und durch neue Stücke
vermehrt. Ein Vergleich der beiden Auflagen
zeigt, in welch erfreulicher Weise sich der Dichter
entwickelt hat. Das Buch ist jetzt nach der Um¬
arbeitung ein künstlerisches und Psychologisches
Meisterwerk geworden. Ans dem Leben heraus
sind die Gestalten der Schüler geschaffen und
ihre Schicksale greifen uus ans Herz, Jede
Figur ist mitliebcvollerSorgfalt und mit tiefem
Verstehen für die Freuden und Leiden dieser
geheimnisvollen Werdezeit herausgearbeitet.
Zwölf Novellen enthält der Band, und sie alle
spielen am Gymnasium zu Polajcwo; aber
trotz des gleichen Milieus bewahrt jede ihre
Eigenart, und mit Spannung und ohne
einen Augenblick der Ermüdung liest man
das Buch von Anfang bis zu Ende, Mag Busse
erzählen, wie ein schmächtigeSBürschchen, dessen
Mutter tot und dessen Vater dem Schnaps
verfallen ist, zum Dieb wird, oder die erste
Liebe eines Primaners schildern — immer weiß
er uns zupacken und zur Teilnahme zu zwingen.
Zu dramatische» Wucht steigert sich die Hand¬
lung in der Novelle „Abrechnung". Hier ist
mit den einfachsten Mitteln eine Szene zwischen
Schüler undLehrer gezeichnet, die man atemlos
miterlebt. Erschütternd wirkt es, wie dieser
Junge aufs äußerste empört in der letzten
Stunde seiner Schulzeit demi Ordinarius die
unwürdige, rohe Behandlung zahlenmäßig vor¬
rechnet.
DaS alte Haus. Ein humoristischer
Roman von Ernst Claus-n. Leipzig, Fr. Wilh.
Grunow. Preis 4 M.
Es ist ein gemütliches altes Haus, das da
in irgendeiner kleinen Residenzstadt in beschau-
licher Ruhe am Markt steht. Ein übermütiges
Künstlervölkchen, von demi Prächtigen OnkelKarl
betreut, haust hier und weiß sich in lachender
Lebensfreude mit dem' ernsten Dasein abzu¬
finden. DerMaler Jung, ein Pflegesohn Onkel
Karls, hat sich in das schöne, viel umworbene
Fräulein v. Syderow verliebt und sie geheiratet,
ohne sich viel um die adelstolze Sippe zu küm¬
mern, die verächtlich auf den armen Künstler
herabsieht. Das junge Paar wird aber von
der guten Gesellschaft in Acht und Bann getan.
Der Maler ist plötzlich ein elender Stümper,
seine Bilder, die er auf die Ausstellung der
kleinen Residenz schickt, werden von der Jury
zurückgewiesen; die wunderlichen alten Tanten
der jungen Frau, die sie erzogen und bei Hofe
eingeführt habe», ziehen sich ganz von ihr zurück.
Da mau nun auf dieser Welt noch immer nicht
von Liebe und Humor leben kann, wird die
Situation allmählich doch recht kritisch, wenn
auch der gute alte Onkel nach Kräften hilft
und dem jungen Paar Obdach und Kost ge¬
währt. Nach einer Begegnung mit demi Kunst-
kritiker, der dieZurückweisung derBilder Fungs
von der Ausstellung verursacht hat, stürmt Frau
Lotte geb. v. Syderow derartig zornmütig ins
Atelier, daß ihr Mann das sonst so lachende,
sorglose Kindergesicht als Lady Macbeth malen
kann. Es muß etwas geschehenl Die Wände
des Ateliers hängen voll von Bildern, aber
kein Mensch fragt mehr danach, und trotz allen
Humors beginnt ganz leise im Hintergrund
das graue Gespenst der Sorge aufzutauchen.
Und es geschieht etwas, freilichgauz ohneZutuu
der Beteiligten, Der Maler muß verreisen,
„um das Waisenhaus in Weißeubüttel aus¬
zumalen", und da ihm der Abschied von seiner
jungen schönen Frau schwer wird, eilt er erst
im letzten Augenblick zum Bahnhof, wobei er
in seinem rasenden Lauf von seineu Wider¬
sachern gesehen wird. Nun wird mit köstlichem
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