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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.

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Die Beziehungen der deutschen Romantik ^ur deutschen Malerei

dem Fremden sehr schwer, wenn nicht geradezu unmöglich gemacht wird, die
Chinesen unter sich zu beobachten, -- aber diesen Einblick ins intimere Leben
der Chinesen, der uns in der Praxis bisher versagt geblieben ist, gewährt uns
dafür um so reichlicher ihre in dieser Hinsicht außerordentlich lehrreiche realistische
Romanliteratur, und was uns hier geboten wird, ist, soweit ich sehe, nur
geeignet, die allgemein gemachte Wahrnehmung zu bestätigen.

So ist denn, wenn man die Kehrseite des Konfuzianismus betrachtet, das
Bild im ganzen kein sehr erfreuliches. Gleichwohl würde es unbillig sein, für
den Niedergang des geistigen und sittlichen Lebens Konfuzius verantwortlich zu
machen. Wenn ihn dabei ein Vorwurf trifft, so könnte es höchstens der sein,
daß er sich in seinen moralischen Forderungen gar zu ausschließlich innerhalb
der Grenzen des Erreichbaren bewegt und dadurch dem Streben nach höheren
Idealen von Hause aus wenig Anregung geboten habe. Unabhängig von den
ursprünglichen Absichten und Zielen seines Schöpfers ist der Konfuzianismus
als ein Produkt geschichtlicher Entwicklung seine eigenen Bahnen gewandelt.
Aber neben ihm kommt noch ein anderer Faktor im geistigen Leben der Chinesen
in Betracht, den ich einstweilen unberücksichtigt gelassen habe, der aber darum
für eine richtige Würdigung des chinesischen Volkstums nicht minder wichtig ist,
und dies ist die Religion. Wie sich die religiösen Anschauungen der Chinesen
teils in Übereinstimmung mit dem Konfuzianismus, teils in Gegensatz zu ihm
gestellt haben, darauf werde ich mir erlauben, im folgenden Vortrag des
Näheren einzugehen. ,




Die Beziehungen der deutschen Romantik
zur deutschen Malerei
von Dr Roland Schacht

le gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts auftretende Reaktion
gegen die Aufklärung äußert sich nicht nur in dem Idealismus der
kantischen und nachkantischen Philosophie, sondern gleichwertig in
einer vom Pietismus vorbereiteten Erstarkung des religiösen Gefühls.
Religion ist künstlerische Philosophie; was dort Abstraktion, ist hier
durch Symbole veranschaulicht, was dort der Verstand erkennt, erfaßt hier das
Gemüt. Nur an der Macht der in der Literatur herrschenden ganz anders
gearteten Tendenzen mag es gelegen haben, daß das erstarkende religiöse Gefühl
seinen Ausdruck, von vereinzelten Versuchen abgesehen, nicht in der Literatur,
sondern in der bildenden Kunst, besonders in der Malerei suchte. Allein das
großartige Lebensgefühl, das sich im Bravourgepränge der damals konventionell
geschätzten Barockmeister offenbarte, konnte dein Empfinden der sehnsüchtigen und
dabei innerlich oft haltlosen Gemüter nicht entsprechen, und die Tradition des dem


Grenzboten III 1911 Is
Die Beziehungen der deutschen Romantik ^ur deutschen Malerei

dem Fremden sehr schwer, wenn nicht geradezu unmöglich gemacht wird, die
Chinesen unter sich zu beobachten, — aber diesen Einblick ins intimere Leben
der Chinesen, der uns in der Praxis bisher versagt geblieben ist, gewährt uns
dafür um so reichlicher ihre in dieser Hinsicht außerordentlich lehrreiche realistische
Romanliteratur, und was uns hier geboten wird, ist, soweit ich sehe, nur
geeignet, die allgemein gemachte Wahrnehmung zu bestätigen.

So ist denn, wenn man die Kehrseite des Konfuzianismus betrachtet, das
Bild im ganzen kein sehr erfreuliches. Gleichwohl würde es unbillig sein, für
den Niedergang des geistigen und sittlichen Lebens Konfuzius verantwortlich zu
machen. Wenn ihn dabei ein Vorwurf trifft, so könnte es höchstens der sein,
daß er sich in seinen moralischen Forderungen gar zu ausschließlich innerhalb
der Grenzen des Erreichbaren bewegt und dadurch dem Streben nach höheren
Idealen von Hause aus wenig Anregung geboten habe. Unabhängig von den
ursprünglichen Absichten und Zielen seines Schöpfers ist der Konfuzianismus
als ein Produkt geschichtlicher Entwicklung seine eigenen Bahnen gewandelt.
Aber neben ihm kommt noch ein anderer Faktor im geistigen Leben der Chinesen
in Betracht, den ich einstweilen unberücksichtigt gelassen habe, der aber darum
für eine richtige Würdigung des chinesischen Volkstums nicht minder wichtig ist,
und dies ist die Religion. Wie sich die religiösen Anschauungen der Chinesen
teils in Übereinstimmung mit dem Konfuzianismus, teils in Gegensatz zu ihm
gestellt haben, darauf werde ich mir erlauben, im folgenden Vortrag des
Näheren einzugehen. ,




Die Beziehungen der deutschen Romantik
zur deutschen Malerei
von Dr Roland Schacht

le gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts auftretende Reaktion
gegen die Aufklärung äußert sich nicht nur in dem Idealismus der
kantischen und nachkantischen Philosophie, sondern gleichwertig in
einer vom Pietismus vorbereiteten Erstarkung des religiösen Gefühls.
Religion ist künstlerische Philosophie; was dort Abstraktion, ist hier
durch Symbole veranschaulicht, was dort der Verstand erkennt, erfaßt hier das
Gemüt. Nur an der Macht der in der Literatur herrschenden ganz anders
gearteten Tendenzen mag es gelegen haben, daß das erstarkende religiöse Gefühl
seinen Ausdruck, von vereinzelten Versuchen abgesehen, nicht in der Literatur,
sondern in der bildenden Kunst, besonders in der Malerei suchte. Allein das
großartige Lebensgefühl, das sich im Bravourgepränge der damals konventionell
geschätzten Barockmeister offenbarte, konnte dein Empfinden der sehnsüchtigen und
dabei innerlich oft haltlosen Gemüter nicht entsprechen, und die Tradition des dem


Grenzboten III 1911 Is
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[0133] Die Beziehungen der deutschen Romantik ^ur deutschen Malerei dem Fremden sehr schwer, wenn nicht geradezu unmöglich gemacht wird, die Chinesen unter sich zu beobachten, — aber diesen Einblick ins intimere Leben der Chinesen, der uns in der Praxis bisher versagt geblieben ist, gewährt uns dafür um so reichlicher ihre in dieser Hinsicht außerordentlich lehrreiche realistische Romanliteratur, und was uns hier geboten wird, ist, soweit ich sehe, nur geeignet, die allgemein gemachte Wahrnehmung zu bestätigen. So ist denn, wenn man die Kehrseite des Konfuzianismus betrachtet, das Bild im ganzen kein sehr erfreuliches. Gleichwohl würde es unbillig sein, für den Niedergang des geistigen und sittlichen Lebens Konfuzius verantwortlich zu machen. Wenn ihn dabei ein Vorwurf trifft, so könnte es höchstens der sein, daß er sich in seinen moralischen Forderungen gar zu ausschließlich innerhalb der Grenzen des Erreichbaren bewegt und dadurch dem Streben nach höheren Idealen von Hause aus wenig Anregung geboten habe. Unabhängig von den ursprünglichen Absichten und Zielen seines Schöpfers ist der Konfuzianismus als ein Produkt geschichtlicher Entwicklung seine eigenen Bahnen gewandelt. Aber neben ihm kommt noch ein anderer Faktor im geistigen Leben der Chinesen in Betracht, den ich einstweilen unberücksichtigt gelassen habe, der aber darum für eine richtige Würdigung des chinesischen Volkstums nicht minder wichtig ist, und dies ist die Religion. Wie sich die religiösen Anschauungen der Chinesen teils in Übereinstimmung mit dem Konfuzianismus, teils in Gegensatz zu ihm gestellt haben, darauf werde ich mir erlauben, im folgenden Vortrag des Näheren einzugehen. , Die Beziehungen der deutschen Romantik zur deutschen Malerei von Dr Roland Schacht le gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts auftretende Reaktion gegen die Aufklärung äußert sich nicht nur in dem Idealismus der kantischen und nachkantischen Philosophie, sondern gleichwertig in einer vom Pietismus vorbereiteten Erstarkung des religiösen Gefühls. Religion ist künstlerische Philosophie; was dort Abstraktion, ist hier durch Symbole veranschaulicht, was dort der Verstand erkennt, erfaßt hier das Gemüt. Nur an der Macht der in der Literatur herrschenden ganz anders gearteten Tendenzen mag es gelegen haben, daß das erstarkende religiöse Gefühl seinen Ausdruck, von vereinzelten Versuchen abgesehen, nicht in der Literatur, sondern in der bildenden Kunst, besonders in der Malerei suchte. Allein das großartige Lebensgefühl, das sich im Bravourgepränge der damals konventionell geschätzten Barockmeister offenbarte, konnte dein Empfinden der sehnsüchtigen und dabei innerlich oft haltlosen Gemüter nicht entsprechen, und die Tradition des dem Grenzboten III 1911 Is

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318948/133>, abgerufen am 29.12.2024.