Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.Die Lebensvertenerung und ihre Bekämpfung die kleinen Gewerbetreibenden entlastet werden, bessere Ausgestaltung des Sub- Für uns unterliegt es keinem Zweisel, daß die auf die Hebung des Mittel¬ Die vorerwähnte Schrift über "Die Not des höheren Mittelstandes" ver¬ Die Lebensvertenerung und ihre Bekämpfung die kleinen Gewerbetreibenden entlastet werden, bessere Ausgestaltung des Sub- Für uns unterliegt es keinem Zweisel, daß die auf die Hebung des Mittel¬ Die vorerwähnte Schrift über „Die Not des höheren Mittelstandes" ver¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0111" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/319060"/> <fw type="header" place="top"> Die Lebensvertenerung und ihre Bekämpfung</fw><lb/> <p xml:id="ID_983" prev="#ID_982"> die kleinen Gewerbetreibenden entlastet werden, bessere Ausgestaltung des Sub-<lb/> missionswesens und Unterstützung der Versicherung der selbständigen Handwerker<lb/> und sonstigen kleinen Geschäftsleute. So zweckmäßig und notwendig jede einzelne<lb/> dieser Maßregeln ist, so werden sie doch auch in ihrer Gesamtheit nicht genügen,<lb/> um jdie wirtschaftliche Lage des Mittelstandes wesentlich zu verbessern. Sie<lb/> kommen auch nur den gewerbtätigen Angehörigen des Mittelstandes, nicht auch<lb/> den geistigen Arbeitern, den Pensionären und den kleinen Rentnern zugute,<lb/> weil es bei diesen an den gewerblichen Unternehmungen fehlt, durch deren<lb/> Förderung die Lage der einzelnen mittelbar gehoben werden kann.</p><lb/> <p xml:id="ID_984"> Für uns unterliegt es keinem Zweisel, daß die auf die Hebung des Mittel¬<lb/> standes gerichteten Bestrebungen nur dann von Erfolg gekrönt sein werden,<lb/> wenn gleichzeitig der wirtschaftliche Druck, der infolge der allgemeinen Teuerung<lb/> auf dem Volke lastet, wesentlich gemindert wird, wenn die durch anderweitige<lb/> Maßregeln hervorgerufenen Mehrerträge aus dem Gewerbe nicht vom Haushalt<lb/> verschlungen werden. Es gilt also, nicht nur soweit möglich die beruflichen<lb/> Einnahmen des Mittelstandes zu mehren, sondern gleichzeitig die Ausgaben der<lb/> privaten Wirtschaft zu ermäßigen, so daß seine Angehörigen bei vernünftiger<lb/> Lebensweise Ersparnisse machen, Kapitalien oder Grundstücke erwerben und<lb/> sonnt wirtschaftlich und gesellschaftlich aufsteigen können. Die Aussicht hierauf<lb/> ist von günstigsten Einfluß auf die Stimmung und das Verhalten der beteiligten<lb/> Kreise. Wenn selbst Unbemittelte hoffen dürfen, sich durch Fleiß und Spar¬<lb/> samkeit eine behagliche und selbständige Stellung für ihr Alter zu sichern, so<lb/> werden sie in jungen Jahren auch schwere Arbeit gern übernehmen, sich selbst<lb/> und ihre Leistungen zu vervollkommnen suchen und sich mit einem bescheidenen<lb/> Lose begnügen. Sie werden frei bleiben von dem jetzt in den unteren Klassen<lb/> vielfach herrschenden Neide, der an der Gesundheit unseres Volkes zehrt; sie<lb/> werden auch Freude an unseren öffentlichen Einrichtungen finden, die gewiß<lb/> verbesserungsfähig, im ganzen aber doch weit befriedigender sind, als die aller<lb/> anderen Länder der Welt. Solange dagegen der Bürger infolge der hohen<lb/> Preise aller Lebensbedürfnisse auch bei sparsamer Wirtschaftsführung mit des<lb/> Lebens Nöten zu kämpfen hat, kann mau Zufriedenheit bei ihm nicht erwarten.</p><lb/> <p xml:id="ID_985" next="#ID_986"> Die vorerwähnte Schrift über „Die Not des höheren Mittelstandes" ver¬<lb/> weist nun die Verbraucher im wesentlichen auf den Weg der Selbsthilfe mittels<lb/> eines von ihnen zu gründenden Vereins, der ihre Interessen vor allem den<lb/> Erzeugern und den Behörden gegenüber zu vertreten Hütte. Gewiß könnte ein<lb/> das ganze Reich umfassender Verein von Verbrauchern unter sachverständiger,<lb/> tatkräftiger Leitung Hervorragendes zu ihrem Nutzen leisten. Ihre bisherige<lb/> Ohnmacht beruht hauptsächlich auf dem Mangel einer Organisation zur Ver¬<lb/> tretung ihrer gesamten Interessen, während die Erzeuger sich bereits längst zu<lb/> festen und einflußreichen Verbänden zusammengeschlossen haben. Bei der heutigen<lb/> politischen und sozialen Zerrissenheit des deutschen Volkes erscheint es aber ganz<lb/> ausgeschlossen, daß es in absehbarer Zeit zur Gründung eiues das ganze Reich</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0111]
Die Lebensvertenerung und ihre Bekämpfung
die kleinen Gewerbetreibenden entlastet werden, bessere Ausgestaltung des Sub-
missionswesens und Unterstützung der Versicherung der selbständigen Handwerker
und sonstigen kleinen Geschäftsleute. So zweckmäßig und notwendig jede einzelne
dieser Maßregeln ist, so werden sie doch auch in ihrer Gesamtheit nicht genügen,
um jdie wirtschaftliche Lage des Mittelstandes wesentlich zu verbessern. Sie
kommen auch nur den gewerbtätigen Angehörigen des Mittelstandes, nicht auch
den geistigen Arbeitern, den Pensionären und den kleinen Rentnern zugute,
weil es bei diesen an den gewerblichen Unternehmungen fehlt, durch deren
Förderung die Lage der einzelnen mittelbar gehoben werden kann.
Für uns unterliegt es keinem Zweisel, daß die auf die Hebung des Mittel¬
standes gerichteten Bestrebungen nur dann von Erfolg gekrönt sein werden,
wenn gleichzeitig der wirtschaftliche Druck, der infolge der allgemeinen Teuerung
auf dem Volke lastet, wesentlich gemindert wird, wenn die durch anderweitige
Maßregeln hervorgerufenen Mehrerträge aus dem Gewerbe nicht vom Haushalt
verschlungen werden. Es gilt also, nicht nur soweit möglich die beruflichen
Einnahmen des Mittelstandes zu mehren, sondern gleichzeitig die Ausgaben der
privaten Wirtschaft zu ermäßigen, so daß seine Angehörigen bei vernünftiger
Lebensweise Ersparnisse machen, Kapitalien oder Grundstücke erwerben und
sonnt wirtschaftlich und gesellschaftlich aufsteigen können. Die Aussicht hierauf
ist von günstigsten Einfluß auf die Stimmung und das Verhalten der beteiligten
Kreise. Wenn selbst Unbemittelte hoffen dürfen, sich durch Fleiß und Spar¬
samkeit eine behagliche und selbständige Stellung für ihr Alter zu sichern, so
werden sie in jungen Jahren auch schwere Arbeit gern übernehmen, sich selbst
und ihre Leistungen zu vervollkommnen suchen und sich mit einem bescheidenen
Lose begnügen. Sie werden frei bleiben von dem jetzt in den unteren Klassen
vielfach herrschenden Neide, der an der Gesundheit unseres Volkes zehrt; sie
werden auch Freude an unseren öffentlichen Einrichtungen finden, die gewiß
verbesserungsfähig, im ganzen aber doch weit befriedigender sind, als die aller
anderen Länder der Welt. Solange dagegen der Bürger infolge der hohen
Preise aller Lebensbedürfnisse auch bei sparsamer Wirtschaftsführung mit des
Lebens Nöten zu kämpfen hat, kann mau Zufriedenheit bei ihm nicht erwarten.
Die vorerwähnte Schrift über „Die Not des höheren Mittelstandes" ver¬
weist nun die Verbraucher im wesentlichen auf den Weg der Selbsthilfe mittels
eines von ihnen zu gründenden Vereins, der ihre Interessen vor allem den
Erzeugern und den Behörden gegenüber zu vertreten Hütte. Gewiß könnte ein
das ganze Reich umfassender Verein von Verbrauchern unter sachverständiger,
tatkräftiger Leitung Hervorragendes zu ihrem Nutzen leisten. Ihre bisherige
Ohnmacht beruht hauptsächlich auf dem Mangel einer Organisation zur Ver¬
tretung ihrer gesamten Interessen, während die Erzeuger sich bereits längst zu
festen und einflußreichen Verbänden zusammengeschlossen haben. Bei der heutigen
politischen und sozialen Zerrissenheit des deutschen Volkes erscheint es aber ganz
ausgeschlossen, daß es in absehbarer Zeit zur Gründung eiues das ganze Reich
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