Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Drittes Vierteljahr.Dio Lebensvcrteueruug und ihre Bekämpfung Maße, daß dadurch die mit dem wirtschaftlichem Aufschwünge verbundene, dem Mit den hierdurch hervorgerufenen mißlichen Verhältnissen der höheren Der Verfasser begründet seine Vorschläge hauptsächlich mit den bedrängten Dio Lebensvcrteueruug und ihre Bekämpfung Maße, daß dadurch die mit dem wirtschaftlichem Aufschwünge verbundene, dem Mit den hierdurch hervorgerufenen mißlichen Verhältnissen der höheren Der Verfasser begründet seine Vorschläge hauptsächlich mit den bedrängten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0110" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/319059"/> <fw type="header" place="top"> Dio Lebensvcrteueruug und ihre Bekämpfung</fw><lb/> <p xml:id="ID_980" prev="#ID_979"> Maße, daß dadurch die mit dem wirtschaftlichem Aufschwünge verbundene, dem<lb/> Sinken des Geldwertes entsprechende allgemeine Steigerung der Preise aller<lb/> unentbehrlichen Lebensbedürfnisse auch nur annähernd ausgeglichen würde. Die<lb/> wirtschaftlichen Schwierigkeiten dieses Bevölkerungsteiles werden noch dadurch<lb/> gesteigert, daß mit dem Reichtum auch der Luxus in Deutschland erheblich<lb/> zugenommen und sich auf Kreise ausgedehnt hat, denen die zu seiner Befriedigung<lb/> erforderlichen Mittel im allgemeinen nicht zur Verfügung stehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_981"> Mit den hierdurch hervorgerufenen mißlichen Verhältnissen der höheren<lb/> Beamten, Offiziere, Lehrer und anderen Kopfarbeiter beschäftigt sich eine Schrift,<lb/> die im vorigen Jahre unter dem Titel „Die Not des höheren Mittelstandes<lb/> und Maßregeln gegen Teuerung und Luxus" im Verlage von Erich Weber,<lb/> Berlin, erschienen ist. Der Verfasser, ein ungenannter höherer Verwaltungs¬<lb/> beamter, empfiehlt zur Gesundung dieses wichtigen Bevölkerungsteils eine plan¬<lb/> mäßige Bekämpfung der Teuerung und des Luxus. Es ist nicht unsere Absicht,<lb/> den Inhalt der Schrift, die manchen beachtenswerten Vorschlag enthält, hier<lb/> wiederzugeben. Wir hoffen mit dem Verfasser, daß seine Anregungen auf frucht¬<lb/> baren Boden fallen und Anlaß zu einem zielbewußter Vorgehen zugunsten der<lb/> Kopfarbeiter geben werden. Nur auf einige in der Schrift berührte Fragen,<lb/> in denen wir zum Teil abweichender Ansicht sind, möchten wir hier eingehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_982" next="#ID_983"> Der Verfasser begründet seine Vorschläge hauptsächlich mit den bedrängten<lb/> wirtschaftlichen Verhältnissen des sogenannten höheren Mittelstandes. Infolge<lb/> des überhandnehmenden Luxus ist die Lage dieses Bevölkerungsteiles allerdings<lb/> besonders schwierig. Unter den hohen Preisen leidet aber mehr oder weniger<lb/> das ganze Volk, vor allem der Mittelstand im gewöhnlichen Sinne. Selbst die<lb/> reichbegüterten Kreise werden davon betroffen, und zwar insofern, als jedes<lb/> Anziehen der Preise der wichtigen Lebensbedürfnisse eine Erhöhung der Löhne<lb/> notwendig macht, was wiederum eine Minderung des Ertrages der gewerblichen<lb/> Unternehmungen jeder Art herbeiführt. Der Mittelstand vermag aber die infolge<lb/> der Preiserhöhung eintretende Mehrbelastung nicht durch Steigerung seiner<lb/> beruflichen Einnahmen auszugleichen, teils weil ihm, wie den Beamten, dieser<lb/> Weg überhaupt verschlossen ist, teils weil er nicht über ausreichende wirtschaft¬<lb/> liche Kraft verfügt, um mit Erfolg einen höheren Entgelt für seine Leistungen<lb/> zu fordern. Gerade die mittlere Schicht der Bevölkerung ist aber, wie schon<lb/> Aristoteles erkannt hat, von wesentlicher Bedeutung für das Wohl des Staates.<lb/> In besonderem Maße beruht Deutschlands Zukunft auf einem in allen seinen<lb/> Gliedern starken und gesunden Mittelstande. Abgesehen von der Sozialdemo¬<lb/> kratie, die ihn je eher desto lieber untergehen sehen möchte, weil er das sicherste<lb/> Bollwerk gegen ihre revolutionären Bestrebungen ist, überbieten sich förmlich<lb/> alle Parteien in Bekundung von Interesse für ihn, und zu seiner Förderung<lb/> werden zahlreiche Maßregeln empfohlen: gründlichere Ausbildung der Lehrlinge<lb/> und Gesellen, Fortbildung der Meister, Einrichtungen zur leichteren und billigeren<lb/> Befriedigung des Kreditbedürfnisses, Änderung der Gewerbesteuer dahin, daß</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0110]
Dio Lebensvcrteueruug und ihre Bekämpfung
Maße, daß dadurch die mit dem wirtschaftlichem Aufschwünge verbundene, dem
Sinken des Geldwertes entsprechende allgemeine Steigerung der Preise aller
unentbehrlichen Lebensbedürfnisse auch nur annähernd ausgeglichen würde. Die
wirtschaftlichen Schwierigkeiten dieses Bevölkerungsteiles werden noch dadurch
gesteigert, daß mit dem Reichtum auch der Luxus in Deutschland erheblich
zugenommen und sich auf Kreise ausgedehnt hat, denen die zu seiner Befriedigung
erforderlichen Mittel im allgemeinen nicht zur Verfügung stehen.
Mit den hierdurch hervorgerufenen mißlichen Verhältnissen der höheren
Beamten, Offiziere, Lehrer und anderen Kopfarbeiter beschäftigt sich eine Schrift,
die im vorigen Jahre unter dem Titel „Die Not des höheren Mittelstandes
und Maßregeln gegen Teuerung und Luxus" im Verlage von Erich Weber,
Berlin, erschienen ist. Der Verfasser, ein ungenannter höherer Verwaltungs¬
beamter, empfiehlt zur Gesundung dieses wichtigen Bevölkerungsteils eine plan¬
mäßige Bekämpfung der Teuerung und des Luxus. Es ist nicht unsere Absicht,
den Inhalt der Schrift, die manchen beachtenswerten Vorschlag enthält, hier
wiederzugeben. Wir hoffen mit dem Verfasser, daß seine Anregungen auf frucht¬
baren Boden fallen und Anlaß zu einem zielbewußter Vorgehen zugunsten der
Kopfarbeiter geben werden. Nur auf einige in der Schrift berührte Fragen,
in denen wir zum Teil abweichender Ansicht sind, möchten wir hier eingehen.
Der Verfasser begründet seine Vorschläge hauptsächlich mit den bedrängten
wirtschaftlichen Verhältnissen des sogenannten höheren Mittelstandes. Infolge
des überhandnehmenden Luxus ist die Lage dieses Bevölkerungsteiles allerdings
besonders schwierig. Unter den hohen Preisen leidet aber mehr oder weniger
das ganze Volk, vor allem der Mittelstand im gewöhnlichen Sinne. Selbst die
reichbegüterten Kreise werden davon betroffen, und zwar insofern, als jedes
Anziehen der Preise der wichtigen Lebensbedürfnisse eine Erhöhung der Löhne
notwendig macht, was wiederum eine Minderung des Ertrages der gewerblichen
Unternehmungen jeder Art herbeiführt. Der Mittelstand vermag aber die infolge
der Preiserhöhung eintretende Mehrbelastung nicht durch Steigerung seiner
beruflichen Einnahmen auszugleichen, teils weil ihm, wie den Beamten, dieser
Weg überhaupt verschlossen ist, teils weil er nicht über ausreichende wirtschaft¬
liche Kraft verfügt, um mit Erfolg einen höheren Entgelt für seine Leistungen
zu fordern. Gerade die mittlere Schicht der Bevölkerung ist aber, wie schon
Aristoteles erkannt hat, von wesentlicher Bedeutung für das Wohl des Staates.
In besonderem Maße beruht Deutschlands Zukunft auf einem in allen seinen
Gliedern starken und gesunden Mittelstande. Abgesehen von der Sozialdemo¬
kratie, die ihn je eher desto lieber untergehen sehen möchte, weil er das sicherste
Bollwerk gegen ihre revolutionären Bestrebungen ist, überbieten sich förmlich
alle Parteien in Bekundung von Interesse für ihn, und zu seiner Förderung
werden zahlreiche Maßregeln empfohlen: gründlichere Ausbildung der Lehrlinge
und Gesellen, Fortbildung der Meister, Einrichtungen zur leichteren und billigeren
Befriedigung des Kreditbedürfnisses, Änderung der Gewerbesteuer dahin, daß
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