Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.Till Lnlensxiegol Einmütig faßte im Konsilium Den ehrenden Beschluß, vielwerter Kanzler, Zum Doktor honoris causa Euch zu promovieren. (Eulenspiegel zeigt seine höchste Überraschung.) Die feierliche Jnsignatio Durch Doktorhut und Mantel wird erfolgen Beim Festakt morgen in der Universitas In Gegenwart des gradgen Landesherrn. Verzeiht, ihr Herr'n, daß ich mich etwas fasse. Eulenspiegel: Ich geb euch zur Versicherung, selten hat Mich etwas überrascht mehr als grad dieses Und mehr erfreut. Gering ist mein Verdienst; Drum bin ich tief betroffen, ja beschämt, -- So hoher Ehr kaum würdig. -- Habet Dankl Und als das jüngste Kind der alma mater Ruf ich mit euch: Die Universitas, Rektor, Senat und alle Fakultäten - Sie leben hoch! Hoch, hoch! und nochmals, hoch! Alle: (Allgemeine Begeisterung. In die Menge tritt, zunächst nicht beachtet, der Kanzler Gras Semmering, gekleidet wie Eulenspiegel, in Haltung und Zügen ähnlich.) Eulenspiegel: Und jetzt noch eins. -- Da wir grad beim Verteilen, So freut's mich doppelt, daß mit leerer Hand Ich nicht zu kommen brauche. -- So vernehmt Des Kaisers Gnade! (Alle nehmen die Kopfbedeckungen ab; er zieht eine Dokumentenrolle aus dem Wams, das Folgende halb lesend:) In Betracht Ansehnlicher Verdienst um Wissenschaft Und freie Kunst, insonders um die Fortschritt In Medizin und Heilung von Gebrechen, So besser im Spital zu überwachen, (blickt wieder auf) Da isoliert der Seuche wird gewehrt -- Hat seine gnädge Majestät der Kaiser Die Einkünft zweier Güter zugesprochen Desgleichen eine unentgeldlich Pacht Der liebten Universitas. Gegeben Wien, den 1. des April im Jahre Tausend fünfhundert vierzig eins. Herr Rektor, Euern Händen übergeb ich (zu Lobwasser) Die Kaiserliche Urkund zur Verwahrung. -- (Man will ihm zujubeln.) Nein, weiter noch! Herr Bürgermeister, lest! (Er gibt dem Bürgermeister gleichfalls eine Dokumentenrolle.) Volk: Still! Ruhe für den Bürgermeister! Ruhe! Bürgermeister (liest): Karolus Quintus, Wir, von Gottes Gnaden, Des teutschen Landes Kaiser, von Hispanien, Böhmen und Hungarn, Flandern König, Herzog von Körnten und von Steiermark, Till Lnlensxiegol Einmütig faßte im Konsilium Den ehrenden Beschluß, vielwerter Kanzler, Zum Doktor honoris causa Euch zu promovieren. (Eulenspiegel zeigt seine höchste Überraschung.) Die feierliche Jnsignatio Durch Doktorhut und Mantel wird erfolgen Beim Festakt morgen in der Universitas In Gegenwart des gradgen Landesherrn. Verzeiht, ihr Herr'n, daß ich mich etwas fasse. Eulenspiegel: Ich geb euch zur Versicherung, selten hat Mich etwas überrascht mehr als grad dieses Und mehr erfreut. Gering ist mein Verdienst; Drum bin ich tief betroffen, ja beschämt, — So hoher Ehr kaum würdig. — Habet Dankl Und als das jüngste Kind der alma mater Ruf ich mit euch: Die Universitas, Rektor, Senat und alle Fakultäten - Sie leben hoch! Hoch, hoch! und nochmals, hoch! Alle: (Allgemeine Begeisterung. In die Menge tritt, zunächst nicht beachtet, der Kanzler Gras Semmering, gekleidet wie Eulenspiegel, in Haltung und Zügen ähnlich.) Eulenspiegel: Und jetzt noch eins. — Da wir grad beim Verteilen, So freut's mich doppelt, daß mit leerer Hand Ich nicht zu kommen brauche. — So vernehmt Des Kaisers Gnade! (Alle nehmen die Kopfbedeckungen ab; er zieht eine Dokumentenrolle aus dem Wams, das Folgende halb lesend:) In Betracht Ansehnlicher Verdienst um Wissenschaft Und freie Kunst, insonders um die Fortschritt In Medizin und Heilung von Gebrechen, So besser im Spital zu überwachen, (blickt wieder auf) Da isoliert der Seuche wird gewehrt — Hat seine gnädge Majestät der Kaiser Die Einkünft zweier Güter zugesprochen Desgleichen eine unentgeldlich Pacht Der liebten Universitas. Gegeben Wien, den 1. des April im Jahre Tausend fünfhundert vierzig eins. Herr Rektor, Euern Händen übergeb ich (zu Lobwasser) Die Kaiserliche Urkund zur Verwahrung. — (Man will ihm zujubeln.) Nein, weiter noch! Herr Bürgermeister, lest! (Er gibt dem Bürgermeister gleichfalls eine Dokumentenrolle.) Volk: Still! Ruhe für den Bürgermeister! Ruhe! 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(Eulenspiegel zeigt seine höchste Überraschung.)
Die feierliche Jnsignatio
Durch Doktorhut und Mantel wird erfolgen
Beim Festakt morgen in der Universitas
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In Gegenwart des gradgen Landesherrn.
Verzeiht, ihr Herr'n, daß ich mich etwas fasse.
Eulenspiegel:
Ich geb euch zur Versicherung, selten hat
Mich etwas überrascht mehr als grad dieses
Und mehr erfreut. Gering ist mein Verdienst;
Drum bin ich tief betroffen, ja beschämt, —
So hoher Ehr kaum würdig. — Habet Dankl
Und als das jüngste Kind der alma mater
Ruf ich mit euch: Die Universitas,
Rektor, Senat und alle Fakultäten -
Sie leben hoch!
Hoch, hoch! und nochmals, hoch!
Alle:
(Allgemeine Begeisterung. In die Menge tritt, zunächst nicht beachtet, der Kanzler Gras
Semmering, gekleidet wie Eulenspiegel, in Haltung und Zügen ähnlich.)
Eulenspiegel:
Und jetzt noch eins. — Da wir grad beim Verteilen,
So freut's mich doppelt, daß mit leerer Hand
Ich nicht zu kommen brauche. — So vernehmt
Des Kaisers Gnade!
(Alle nehmen die Kopfbedeckungen ab; er zieht eine Dokumentenrolle aus dem Wams,
das Folgende halb lesend:)
In Betracht
Ansehnlicher Verdienst um Wissenschaft
Und freie Kunst, insonders um die Fortschritt
In Medizin und Heilung von Gebrechen,
So besser im Spital zu überwachen,
(blickt wieder auf)
Da isoliert der Seuche wird gewehrt —
Hat seine gnädge Majestät der Kaiser
Die Einkünft zweier Güter zugesprochen
Desgleichen eine unentgeldlich Pacht
Der liebten Universitas.
Gegeben Wien, den 1. des April im Jahre
Tausend fünfhundert vierzig eins.
Herr Rektor, Euern Händen übergeb ich
(zu Lobwasser)
Die Kaiserliche Urkund zur Verwahrung. —
(Man will ihm zujubeln.)
Nein, weiter noch! Herr Bürgermeister, lest!
(Er gibt dem Bürgermeister gleichfalls eine Dokumentenrolle.)
Volk:
Still! Ruhe für den Bürgermeister! Ruhe!
Bürgermeister
(liest):
Karolus Quintus, Wir, von Gottes Gnaden,
Des teutschen Landes Kaiser, von Hispanien,
Böhmen und Hungarn, Flandern König,
Herzog von Körnten und von Steiermark,
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