Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.Till Eulenspiegel Grober: Ihr seid ein feiner Schalk; Ihr wollt mit Fleiß Auf Paradoxa uns gefangen setzen. Eulenspiegel: Wie könnt ich's wagen, mich in solchem Kreis Durch töricht Wortspiel zu ergötzen! Ihr seid die Leuchten hell der Wissenschaft -- (Bücklinge) Ich bin ein Mann, der nur sein Leben lebt; Ich achte hoch des Lebens frische Kraft, Indes ihr euch es klarzumachen strebt. Den Unterschied, ich bitt, beachte man: -- Ihr wisset mehr als ich, doch ich -- ich kannt -- Und wer ist dort der Herr mit goldner Kette? (Bückling.) 's ist unser Bürgermeister, Euer Gnaden. Lob Wasser: Eulenspiegel: Und geh ich recht, so stellen dort die Herren Den Lehrkörper der Universitas? (Die ganze Gruppe verneigt sich.) Lobwasser: Ist es Euch angenehm, so stell ich morgen Die Herren einzeln vor. Eulenspiegel: El ja, es wäre Des Guten auch zu viel, und will man gern Nach seinem Anspruch einen jeden schätzen, Muß man in Ruh und Sammlung sich versetzen. -- Doch lieb ists mir, Herr Bürgermeister, Euch Gleich hier zu treffen, denn ich hab für Euch Recht angenehme Botschaft. -- Mit Verlaub. (Er verwickelt den Bürgermeister in ein Gespräch, in dessen Verlauf jener wiederholt Berbeugungen macht.) Lob Wasser: Ein feiner Kopf, ihr Herr'n. Und hochgelahrt! Mulendorf: Und weltgewandt! Nickelspuhl: Ich denk, ihr Herr'n, wir sagen es Lobwasser: Ihm auf der Stelle gleich. Bedenkt nur, bitte, Mulendorf: Ob hier der rechte Ort. Ach was, es wird Grober: In Laune ihn versetzen! Wollt ihr also, Lobwasser: Daß ich es sagen soll? Tut's nur, ja ja. Die Magister: (Lovwasser nähert sich Eulenspiegel.) Eulenspiegel: Im Augenblick, Herr Rektor! Recht gemessen! Grober ( zu Lobwasser): Und würdevoll! Mulendorf ( ebenfalls): Ich steh zu Dienst. Herr Rektor. (beendet sein Gespräch): Eulenspiegel Zu Gnaden wollen Eure Gnaden halten, -- Lobwasser: ES ist vielleicht der rechte Ort nicht hier, -- Doch hat uns Euer Gnaden Liebenswert So sehr entzückt, daß wir es nicht Verhalten -- O bitte, bitte, Eulenspiegel: Ein rechtes Wort ist recht an jedem Platz. So dacht ich auch; ganz recht. Vernehmt denn, Herr. Lobwasser: Daß unsre Fakultät der freien Künste Grenzboten II 1911 78
Till Eulenspiegel Grober: Ihr seid ein feiner Schalk; Ihr wollt mit Fleiß Auf Paradoxa uns gefangen setzen. Eulenspiegel: Wie könnt ich's wagen, mich in solchem Kreis Durch töricht Wortspiel zu ergötzen! Ihr seid die Leuchten hell der Wissenschaft — (Bücklinge) Ich bin ein Mann, der nur sein Leben lebt; Ich achte hoch des Lebens frische Kraft, Indes ihr euch es klarzumachen strebt. Den Unterschied, ich bitt, beachte man: — Ihr wisset mehr als ich, doch ich — ich kannt — Und wer ist dort der Herr mit goldner Kette? (Bückling.) 's ist unser Bürgermeister, Euer Gnaden. Lob Wasser: Eulenspiegel: Und geh ich recht, so stellen dort die Herren Den Lehrkörper der Universitas? (Die ganze Gruppe verneigt sich.) Lobwasser: Ist es Euch angenehm, so stell ich morgen Die Herren einzeln vor. Eulenspiegel: El ja, es wäre Des Guten auch zu viel, und will man gern Nach seinem Anspruch einen jeden schätzen, Muß man in Ruh und Sammlung sich versetzen. — Doch lieb ists mir, Herr Bürgermeister, Euch Gleich hier zu treffen, denn ich hab für Euch Recht angenehme Botschaft. — Mit Verlaub. (Er verwickelt den Bürgermeister in ein Gespräch, in dessen Verlauf jener wiederholt Berbeugungen macht.) Lob Wasser: Ein feiner Kopf, ihr Herr'n. Und hochgelahrt! Mulendorf: Und weltgewandt! Nickelspuhl: Ich denk, ihr Herr'n, wir sagen es Lobwasser: Ihm auf der Stelle gleich. Bedenkt nur, bitte, Mulendorf: Ob hier der rechte Ort. Ach was, es wird Grober: In Laune ihn versetzen! Wollt ihr also, Lobwasser: Daß ich es sagen soll? Tut's nur, ja ja. Die Magister: (Lovwasser nähert sich Eulenspiegel.) Eulenspiegel: Im Augenblick, Herr Rektor! Recht gemessen! Grober ( zu Lobwasser): Und würdevoll! Mulendorf ( ebenfalls): Ich steh zu Dienst. Herr Rektor. (beendet sein Gespräch): Eulenspiegel Zu Gnaden wollen Eure Gnaden halten, — Lobwasser: ES ist vielleicht der rechte Ort nicht hier, — Doch hat uns Euer Gnaden Liebenswert So sehr entzückt, daß wir es nicht Verhalten — O bitte, bitte, Eulenspiegel: Ein rechtes Wort ist recht an jedem Platz. So dacht ich auch; ganz recht. Vernehmt denn, Herr. Lobwasser: Daß unsre Fakultät der freien Künste Grenzboten II 1911 78
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Till Eulenspiegel
Grober:
Ihr seid ein feiner Schalk; Ihr wollt mit Fleiß
Auf Paradoxa uns gefangen setzen.
Eulenspiegel:
Wie könnt ich's wagen, mich in solchem Kreis
Durch töricht Wortspiel zu ergötzen!
Ihr seid die Leuchten hell der Wissenschaft —
(Bücklinge)
Ich bin ein Mann, der nur sein Leben lebt;
Ich achte hoch des Lebens frische Kraft,
Indes ihr euch es klarzumachen strebt.
Den Unterschied, ich bitt, beachte man: —
Ihr wisset mehr als ich, doch ich — ich kannt —
Und wer ist dort der Herr mit goldner Kette?
(Bückling.)
's ist unser Bürgermeister, Euer Gnaden.
Lob Wasser:
Eulenspiegel:
Und geh ich recht, so stellen dort die Herren
Den Lehrkörper der Universitas?
(Die ganze Gruppe verneigt sich.)
Lobwasser:
Ist es Euch angenehm, so stell ich morgen
Die Herren einzeln vor.
Eulenspiegel:
El ja, es wäre
Des Guten auch zu viel, und will man gern
Nach seinem Anspruch einen jeden schätzen,
Muß man in Ruh und Sammlung sich versetzen. —
'
Doch lieb ists mir, Herr Bürgermeister, Euch
Gleich hier zu treffen, denn ich hab für Euch
Recht angenehme Botschaft. — Mit Verlaub.
(Er verwickelt den Bürgermeister in ein Gespräch, in dessen Verlauf jener
wiederholt Berbeugungen macht.)
Lob Wasser:
Ein feiner Kopf, ihr Herr'n.
Und hochgelahrt!
Mulendorf:
Und weltgewandt!
Nickelspuhl:
Ich denk, ihr Herr'n, wir sagen es
Lobwasser:
Ihm auf der Stelle gleich.
Bedenkt nur, bitte,
Mulendorf:
Ob hier der rechte Ort.
Ach was, es wird
Grober:
In Laune ihn versetzen!
Wollt ihr also,
Lobwasser:
Daß ich es sagen soll?
Tut's nur, ja ja.
Die Magister:
(Lovwasser nähert sich Eulenspiegel.)
Eulenspiegel:
Im Augenblick, Herr Rektor!
Recht gemessen!
Grober (
zu Lobwasser):
Und würdevoll!
Mulendorf (
ebenfalls):
Ich steh zu Dienst. Herr Rektor.
(beendet sein Gespräch):
Eulenspiegel
Zu Gnaden wollen Eure Gnaden halten, —
Lobwasser:
ES ist vielleicht der rechte Ort nicht hier, —
Doch hat uns Euer Gnaden Liebenswert
So sehr entzückt, daß wir es nicht Verhalten —
O bitte, bitte,
Eulenspiegel:
Ein rechtes Wort ist recht an jedem Platz.
So dacht ich auch; ganz recht. Vernehmt denn, Herr.
Lobwasser:
Daß unsre Fakultät der freien Künste
Grenzboten II 1911 78
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