Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.Till Lnlcnspiegel Und Herren, wandelnd hier im freien Garten, Sich mühlos ihrer Vorzug könnt erfreuen. -- Der euch jetzt trennt vom edlen Konterfei, Beschafft die Farben, Erden und Mixturen, Die besten Öl und Utcnsilia; -- Verhindert auch der Hilf von sieben Knappen Ging ich ans Werk. -- Und zu mir sprach der Fürst: Ich will kein Bild, wie's Bürgersleute lieben, Nüchtern geschaut und nüchtern ausgeführt, Wie Meister Kranach malt in Wittenberg. Treuherzig dick, hausbacken, brav und sittig, -- Ich will ein adlig BildI Den Fürsten will ich Als Fürst! Die Gattin will ich sehen als Uralten Blut entsprungnes Edelreis -- Die Marbach: Hin, hin. Eulenspiegel: Die Herr'n und Dam'n vom Hof als echte Träger Uradlig freier Nam und Tradition -- So weit bin ich Wohl nicht gegangen, Freund. Landgraf (unterbrechend): Es wär ein bißchen viel vielleicht verlangt. Lobwasser: Warum denn viel? Es ist doch alles dal Die Marbach: Verzeihet Eulenspiegel: Ich faßte es so auf und tat danach. -- Ich kann wohl sagen, niemals hat ein Werk Mich so getragen, so emporgerissen, Mit trunknem Künstlerauge so begnadet Als grade dies. -- Es war mein höchstes Stück! Hört, wie er schwärmt! Die Seebach: Er scheint ein rechter Künstler. Lob Wasser: Eulenspiegel: Jedoch vergeht; -- noch einen Augenblick! -- (er tritt prüfend zurück) Das Licht scheint nicht zum besten -- Schnell auf die Leiter, Bursch, und ein paar Ziegel Los aus dein Dach! Es braucht von oben Licht. (zum Hof) Landgraf: Mir scheint, das Licht ist gut. Ich glaube nicht. Lob Wasser: Ein wenig Licht von oben kann nicht schaden. Eulenspiegel: So, noch ein Teilchen! -- So, s ist gut, s ist gut! Ganz herrlich so! -- Komm nur herab geschwind. Landgraf (erhebt sich): Ich bin gespannt! Ich zittre, mein Gemahl. Margarethe: : So etwas sind ich schön wie eine Folter! Die Marbach Lüneburg: Ja, er verstehts, das muß der Neid ihm lassen. Still, still! Er will noch etwas sagen! Laurentia: Stille! Der Hof: Das adlig Bild, es sei euch jetzt gezeigt Eulenspiegel (vor dem Vorhang): Zur Gutacht und zur Freude, wie ich hoffe. Nehmts hin denn, adlig, wie ihr alle seid, Als Spiegel eures edlen blauen Bluts. Drängt bitte nicht so nah heran! Ihr seht denn nur der sieht's nicht, Es alle deutlich, (schnell mit erhobener Stimme) Till Lnlcnspiegel Und Herren, wandelnd hier im freien Garten, Sich mühlos ihrer Vorzug könnt erfreuen. — Der euch jetzt trennt vom edlen Konterfei, Beschafft die Farben, Erden und Mixturen, Die besten Öl und Utcnsilia; — Verhindert auch der Hilf von sieben Knappen Ging ich ans Werk. — Und zu mir sprach der Fürst: Ich will kein Bild, wie's Bürgersleute lieben, Nüchtern geschaut und nüchtern ausgeführt, Wie Meister Kranach malt in Wittenberg. Treuherzig dick, hausbacken, brav und sittig, — Ich will ein adlig BildI Den Fürsten will ich Als Fürst! Die Gattin will ich sehen als Uralten Blut entsprungnes Edelreis — Die Marbach: Hin, hin. Eulenspiegel: Die Herr'n und Dam'n vom Hof als echte Träger Uradlig freier Nam und Tradition — So weit bin ich Wohl nicht gegangen, Freund. Landgraf (unterbrechend): Es wär ein bißchen viel vielleicht verlangt. Lobwasser: Warum denn viel? Es ist doch alles dal Die Marbach: Verzeihet Eulenspiegel: Ich faßte es so auf und tat danach. — Ich kann wohl sagen, niemals hat ein Werk Mich so getragen, so emporgerissen, Mit trunknem Künstlerauge so begnadet Als grade dies. — Es war mein höchstes Stück! Hört, wie er schwärmt! Die Seebach: Er scheint ein rechter Künstler. Lob Wasser: Eulenspiegel: Jedoch vergeht; — noch einen Augenblick! — (er tritt prüfend zurück) Das Licht scheint nicht zum besten — Schnell auf die Leiter, Bursch, und ein paar Ziegel Los aus dein Dach! Es braucht von oben Licht. (zum Hof) Landgraf: Mir scheint, das Licht ist gut. Ich glaube nicht. Lob Wasser: Ein wenig Licht von oben kann nicht schaden. Eulenspiegel: So, noch ein Teilchen! — So, s ist gut, s ist gut! Ganz herrlich so! — Komm nur herab geschwind. Landgraf (erhebt sich): Ich bin gespannt! Ich zittre, mein Gemahl. Margarethe: : So etwas sind ich schön wie eine Folter! Die Marbach Lüneburg: Ja, er verstehts, das muß der Neid ihm lassen. Still, still! Er will noch etwas sagen! Laurentia: Stille! Der Hof: Das adlig Bild, es sei euch jetzt gezeigt Eulenspiegel (vor dem Vorhang): Zur Gutacht und zur Freude, wie ich hoffe. Nehmts hin denn, adlig, wie ihr alle seid, Als Spiegel eures edlen blauen Bluts. Drängt bitte nicht so nah heran! Ihr seht denn nur der sieht's nicht, Es alle deutlich, (schnell mit erhobener Stimme) <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0588" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/318871"/> <fw type="header" place="top"> Till Lnlcnspiegel</fw><lb/> <p xml:id="ID_3857"> Und Herren, wandelnd hier im freien Garten,</p><lb/> <p xml:id="ID_3858"> Sich mühlos ihrer Vorzug könnt erfreuen. —<lb/> Ich rüstet alles, ließ den Sammet weben,</p><lb/> <p xml:id="ID_3859"> Der euch jetzt trennt vom edlen Konterfei,</p><lb/> <p xml:id="ID_3860"> Beschafft die Farben, Erden und Mixturen,</p><lb/> <p xml:id="ID_3861"> Die besten Öl und Utcnsilia; —</p><lb/> <p xml:id="ID_3862"> Verhindert auch der Hilf von sieben Knappen</p><lb/> <p xml:id="ID_3863"> Ging ich ans Werk. — Und zu mir sprach der Fürst:</p><lb/> <p xml:id="ID_3864"> Ich will kein Bild, wie's Bürgersleute lieben,</p><lb/> <p xml:id="ID_3865"> Nüchtern geschaut und nüchtern ausgeführt,</p><lb/> <p xml:id="ID_3866"> Wie Meister Kranach malt in Wittenberg.</p><lb/> <p xml:id="ID_3867"> Treuherzig dick, hausbacken, brav und sittig, —</p><lb/> <p xml:id="ID_3868"> Ich will ein adlig BildI Den Fürsten will ich</p><lb/> <p xml:id="ID_3869"> Als Fürst! Die Gattin will ich sehen als</p><lb/> <p xml:id="ID_3870"> Uralten Blut entsprungnes Edelreis —</p><lb/> <note type="speaker"> Die Marbach:</note><lb/> <p xml:id="ID_3871"> Hin, hin.</p><lb/> <note type="speaker"> Eulenspiegel:</note><lb/> <p xml:id="ID_3872"> Die Herr'n und Dam'n vom Hof als echte Träger<lb/> '</p><lb/> <p xml:id="ID_3873"> Uradlig freier Nam und Tradition —</p><lb/> <p xml:id="ID_3874"> So weit bin ich Wohl nicht gegangen, Freund.</p><lb/> <note type="speaker"> Landgraf </note><lb/> <stage> (unterbrechend):</stage><lb/> <p xml:id="ID_3875"> Es wär ein bißchen viel vielleicht verlangt.</p><lb/> <note type="speaker"> Lobwasser: </note><lb/> <p xml:id="ID_3876"> Warum denn viel? Es ist doch alles dal</p><lb/> <note type="speaker"> Die Marbach: </note><lb/> <p xml:id="ID_3877"> Verzeihet</p><lb/> <note type="speaker"> Eulenspiegel: </note><lb/> <p xml:id="ID_3878"> Ich faßte es so auf und tat danach. —</p><lb/> <p xml:id="ID_3879"> Ich kann wohl sagen, niemals hat ein Werk</p><lb/> <p xml:id="ID_3880"> Mich so getragen, so emporgerissen,</p><lb/> <p xml:id="ID_3881"> Mit trunknem Künstlerauge so begnadet</p><lb/> <p xml:id="ID_3882"> Als grade dies. — Es war mein höchstes Stück!</p><lb/> <p xml:id="ID_3883"> Hört, wie er schwärmt!</p><lb/> <note type="speaker"> Die Seebach: </note><lb/> <p xml:id="ID_3884"> Er scheint ein rechter Künstler.</p><lb/> <note type="speaker"> Lob Wasser:</note><lb/> <note type="speaker"> Eulenspiegel: </note><lb/> <p xml:id="ID_3885"> Jedoch vergeht; — noch einen Augenblick! —</p><lb/> <stage> (er tritt prüfend zurück)</stage><lb/> <p xml:id="ID_3886"> Das Licht scheint nicht zum besten — </p><lb/> <p xml:id="ID_3887"> Schnell auf die Leiter, Bursch, und ein paar Ziegel</p><lb/> <p xml:id="ID_3888"> Los aus dein Dach!</p><lb/> <p xml:id="ID_3889"> Es braucht von oben Licht.</p><lb/> <stage> (zum Hof)</stage><lb/> <note type="speaker"> Landgraf: </note><lb/> <p xml:id="ID_3890"> Mir scheint, das Licht ist gut.</p><lb/> <p xml:id="ID_3891"> Ich glaube nicht.</p><lb/> <note type="speaker"> Lob Wasser:</note><lb/> <p xml:id="ID_3892"> Ein wenig Licht von oben kann nicht schaden.<lb/> ''</p><lb/> <note type="speaker"> Eulenspiegel:</note><lb/> <p xml:id="ID_3893"> So, noch ein Teilchen! — So, s ist gut, s ist gut!</p><lb/> <p xml:id="ID_3894"> Ganz herrlich so! — Komm nur herab geschwind.</p><lb/> <note type="speaker"> Landgraf </note><lb/> <stage> (erhebt sich):</stage><lb/> <p xml:id="ID_3895"> Ich bin gespannt!</p><lb/> <p xml:id="ID_3896"> Ich zittre, mein Gemahl.</p><lb/> <note type="speaker"> Margarethe:</note><lb/> <p xml:id="ID_3897"> : So etwas sind ich schön wie eine Folter!<lb/> '</p><lb/> <note type="speaker"> Die Marbach</note><lb/> <note type="speaker"> Lüneburg:</note><lb/> <p xml:id="ID_3898"> Ja, er verstehts, das muß der Neid ihm lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_3899"> Still, still! Er will noch etwas sagen!</p><lb/> <note type="speaker"> Laurentia: </note><lb/> <p xml:id="ID_3900"> Stille!</p><lb/> <note type="speaker"> Der Hof:</note><lb/> <p xml:id="ID_3901"> Das adlig Bild, es sei euch jetzt gezeigt</p><lb/> <note type="speaker"> Eulenspiegel </note><lb/> <stage> (vor dem Vorhang):</stage><lb/> <p xml:id="ID_3902"> Zur Gutacht und zur Freude, wie ich hoffe.<lb/> '</p><lb/> <p xml:id="ID_3903"> Nehmts hin denn, adlig, wie ihr alle seid,</p><lb/> <p xml:id="ID_3904"> Als Spiegel eures edlen blauen Bluts.</p><lb/> <p xml:id="ID_3905"> Drängt bitte nicht so nah heran! Ihr seht</p><lb/> <p xml:id="ID_3906"> denn nur der sieht's nicht,</p><lb/> <p xml:id="ID_3907"> Es alle deutlich,</p><lb/> <stage> (schnell mit erhobener Stimme)</stage><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0588]
Till Lnlcnspiegel
Und Herren, wandelnd hier im freien Garten,
Sich mühlos ihrer Vorzug könnt erfreuen. —
Ich rüstet alles, ließ den Sammet weben,
Der euch jetzt trennt vom edlen Konterfei,
Beschafft die Farben, Erden und Mixturen,
Die besten Öl und Utcnsilia; —
Verhindert auch der Hilf von sieben Knappen
Ging ich ans Werk. — Und zu mir sprach der Fürst:
Ich will kein Bild, wie's Bürgersleute lieben,
Nüchtern geschaut und nüchtern ausgeführt,
Wie Meister Kranach malt in Wittenberg.
Treuherzig dick, hausbacken, brav und sittig, —
Ich will ein adlig BildI Den Fürsten will ich
Als Fürst! Die Gattin will ich sehen als
Uralten Blut entsprungnes Edelreis —
Die Marbach:
Hin, hin.
Eulenspiegel:
Die Herr'n und Dam'n vom Hof als echte Träger
'
Uradlig freier Nam und Tradition —
So weit bin ich Wohl nicht gegangen, Freund.
Landgraf
(unterbrechend):
Es wär ein bißchen viel vielleicht verlangt.
Lobwasser:
Warum denn viel? Es ist doch alles dal
Die Marbach:
Verzeihet
Eulenspiegel:
Ich faßte es so auf und tat danach. —
Ich kann wohl sagen, niemals hat ein Werk
Mich so getragen, so emporgerissen,
Mit trunknem Künstlerauge so begnadet
Als grade dies. — Es war mein höchstes Stück!
Hört, wie er schwärmt!
Die Seebach:
Er scheint ein rechter Künstler.
Lob Wasser:
Eulenspiegel:
Jedoch vergeht; — noch einen Augenblick! —
(er tritt prüfend zurück)
Das Licht scheint nicht zum besten —
Schnell auf die Leiter, Bursch, und ein paar Ziegel
Los aus dein Dach!
Es braucht von oben Licht.
(zum Hof)
Landgraf:
Mir scheint, das Licht ist gut.
Ich glaube nicht.
Lob Wasser:
Ein wenig Licht von oben kann nicht schaden.
''
Eulenspiegel:
So, noch ein Teilchen! — So, s ist gut, s ist gut!
Ganz herrlich so! — Komm nur herab geschwind.
Landgraf
(erhebt sich):
Ich bin gespannt!
Ich zittre, mein Gemahl.
Margarethe:
: So etwas sind ich schön wie eine Folter!
'
Die Marbach
Lüneburg:
Ja, er verstehts, das muß der Neid ihm lassen.
Still, still! Er will noch etwas sagen!
Laurentia:
Stille!
Der Hof:
Das adlig Bild, es sei euch jetzt gezeigt
Eulenspiegel
(vor dem Vorhang):
Zur Gutacht und zur Freude, wie ich hoffe.
'
Nehmts hin denn, adlig, wie ihr alle seid,
Als Spiegel eures edlen blauen Bluts.
Drängt bitte nicht so nah heran! Ihr seht
denn nur der sieht's nicht,
Es alle deutlich,
(schnell mit erhobener Stimme)
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |