Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.Till Lulenspiegel Ihr andern Dam'n und Herr'n gruppiert Euch bitte Wie, ohne Sitte, Hoheit? Die Marbach: (Der Hof lacht.) Landgraf: Nein, so meint ich's nicht. Ein bißchen Sitte ist ganz recht, wenngleich Ihr zieht den süßen Parisapfel vor? Die Marbach: Sei sie doch stillet Albin: Landgraf: Wißt Ihr denn noch nicht, Daß unsre Marbach hat das Privilegium, Hört, gut gegeben! Das war gut pariert! Der Hof: (Inzwischen verhandelt der Herzog von Lüneburg mit Eulenspiegel.) Landgraf: Was ist denn da noch? Ich attestier, daß Eure Gnaden sind Eulenspiegel ( zu Lüneburg): Ein schlanker Mann. Die Marbach (auf Lüneburg weisend): Hört dochl Er geht zu Markt und feilscht ums FleischI (Der Hof lacht, die Marbach dreht sich um und fragt boshaft) Hat auch die kleine Seebach mitgelacht? (Neues Lachen.) Landgraf: Stille jetzt! Ich bitt um Ruhe, meine Herr'n und Damen. Eulenspiegel: Hochedler und durchlauchtigster Herr LandgrafI Desgleichen hohe adelige Frau, O weh! Die Marbach < leise): Ingleichen auch vieledle Damen, Herren, Eulenspiegel: Aus altem teutschen Blute und Geschlecht! -- Mir ward von Seiner Hoheit, dem Herrn Landgraf, Der Auftrag, gnadenvoll und hoch mich ehrend, Ein Bild zu maln des hochfürstlichen Paars. -- Und da die Bitt gewahrt ward, gab man mir So auch der Damen schönen Blütenflor, An mir vorbeipassierend wahrzunehmen. -- Die Merkmal alle, die bezeichnend sind, Recht tief und eindrucksvoll in Kopf und Herz; Denn wußt ich doch, daß weitern Anspruch nicht Zu stellen schicklich war, da hoher Herren Zeit Bemessen ist. -- Man wies nur diese Wand Till Lulenspiegel Ihr andern Dam'n und Herr'n gruppiert Euch bitte Wie, ohne Sitte, Hoheit? Die Marbach: (Der Hof lacht.) Landgraf: Nein, so meint ich's nicht. Ein bißchen Sitte ist ganz recht, wenngleich Ihr zieht den süßen Parisapfel vor? Die Marbach: Sei sie doch stillet Albin: Landgraf: Wißt Ihr denn noch nicht, Daß unsre Marbach hat das Privilegium, Hört, gut gegeben! Das war gut pariert! Der Hof: (Inzwischen verhandelt der Herzog von Lüneburg mit Eulenspiegel.) Landgraf: Was ist denn da noch? Ich attestier, daß Eure Gnaden sind Eulenspiegel ( zu Lüneburg): Ein schlanker Mann. Die Marbach (auf Lüneburg weisend): Hört dochl Er geht zu Markt und feilscht ums FleischI (Der Hof lacht, die Marbach dreht sich um und fragt boshaft) Hat auch die kleine Seebach mitgelacht? (Neues Lachen.) Landgraf: Stille jetzt! Ich bitt um Ruhe, meine Herr'n und Damen. Eulenspiegel: Hochedler und durchlauchtigster Herr LandgrafI Desgleichen hohe adelige Frau, O weh! Die Marbach < leise): Ingleichen auch vieledle Damen, Herren, Eulenspiegel: Aus altem teutschen Blute und Geschlecht! — Mir ward von Seiner Hoheit, dem Herrn Landgraf, Der Auftrag, gnadenvoll und hoch mich ehrend, Ein Bild zu maln des hochfürstlichen Paars. — Und da die Bitt gewahrt ward, gab man mir So auch der Damen schönen Blütenflor, An mir vorbeipassierend wahrzunehmen. — Die Merkmal alle, die bezeichnend sind, Recht tief und eindrucksvoll in Kopf und Herz; Denn wußt ich doch, daß weitern Anspruch nicht Zu stellen schicklich war, da hoher Herren Zeit Bemessen ist. — Man wies nur diese Wand <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0587" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/318870"/> <fw type="header" place="top"> Till Lulenspiegel</fw><lb/> <p xml:id="ID_3824"> Ihr andern Dam'n und Herr'n gruppiert Euch bitte<lb/> Jeganz nach Gusto, ohne Zwang und Sitte.</p><lb/> <p xml:id="ID_3825"> Wie, ohne Sitte, Hoheit? </p><lb/> <note type="speaker"> Die Marbach:</note><lb/> <stage> (Der Hof lacht.)</stage><lb/> <note type="speaker"> Landgraf:</note><lb/> <p xml:id="ID_3826"> Nein, so meint ich's nicht.</p><lb/> <p xml:id="ID_3827"> Ein bißchen Sitte ist ganz recht, wenngleich<lb/> Ich sagen muß, zuviel schmeckt säuerlich.</p><lb/> <p xml:id="ID_3828"> Ihr zieht den süßen Parisapfel vor?</p><lb/> <note type="speaker"> Die Marbach:</note><lb/> <p xml:id="ID_3829"> Sei sie doch stillet</p><lb/> <note type="speaker"> Albin: </note><lb/> <note type="speaker"> Landgraf:</note><lb/> <p xml:id="ID_3830"> Wißt Ihr denn noch nicht,</p><lb/> <p xml:id="ID_3831"> Daß unsre Marbach hat das Privilegium,<lb/> Als Hofnarr uns ein wenig aufzukratzen?</p><lb/> <p xml:id="ID_3832"> Hört, gut gegeben! 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Till Lulenspiegel
Ihr andern Dam'n und Herr'n gruppiert Euch bitte
Jeganz nach Gusto, ohne Zwang und Sitte.
Wie, ohne Sitte, Hoheit?
Die Marbach:
(Der Hof lacht.)
Landgraf:
Nein, so meint ich's nicht.
Ein bißchen Sitte ist ganz recht, wenngleich
Ich sagen muß, zuviel schmeckt säuerlich.
Ihr zieht den süßen Parisapfel vor?
Die Marbach:
Sei sie doch stillet
Albin:
Landgraf:
Wißt Ihr denn noch nicht,
Daß unsre Marbach hat das Privilegium,
Als Hofnarr uns ein wenig aufzukratzen?
Hört, gut gegeben! Das war gut pariert!
Der Hof:
(Inzwischen verhandelt der Herzog von Lüneburg mit Eulenspiegel.)
Landgraf:
Was ist denn da noch?
Ich attestier, daß Eure Gnaden sind
Eulenspiegel (
zu Lüneburg):
Ein schlanker Mann.
Die Marbach
(auf Lüneburg weisend):
Hört dochl Er geht zu Markt und feilscht ums FleischI
(Der Hof lacht, die Marbach dreht sich um und fragt boshaft)
Hat auch die kleine Seebach mitgelacht?
(Neues Lachen.)
Landgraf:
Stille jetzt!
Ich bitt um Ruhe, meine Herr'n und Damen.
Unser Herr Maler bittet um Gehör. —
Ich bitte — Herr Magister.
Eulenspiegel:
Hochedler und durchlauchtigster Herr LandgrafI
Desgleichen hohe adelige Frau,
Des Gatten ebenbürtige Genossin!
O weh!
Die Marbach <
leise):
Ingleichen auch vieledle Damen, Herren,
Eulenspiegel:
Aus altem teutschen Blute und Geschlecht! —
Mir ward von Seiner Hoheit, dem Herrn Landgraf,
Der Auftrag, gnadenvoll und hoch mich ehrend,
'
Ein Bild zu maln des hochfürstlichen Paars. —
Als eine Gnad erbat ich, auch die edlen.
Dem Fürstenhaus ergebner Herr'n und Damen
Mit auf das Bild bringen zu dürfen; denn —
Um Sonn und Mond gruppieren sich die Sterne!
Und da die Bitt gewahrt ward, gab man mir
Gelegenheit und Gnad, die Herr'n vom Hofe,
So auch der Damen schönen Blütenflor,
An mir vorbeipassierend wahrzunehmen. —
Ich prägt mir ein Statur, Physiognomie,
Die Merkmal alle, die bezeichnend sind,
Recht tief und eindrucksvoll in Kopf und Herz;
Denn wußt ich doch, daß weitern Anspruch nicht
Zu stellen schicklich war, da hoher Herren Zeit
Bemessen ist. —
Man wies nur diese Wand
Im Gartenhaus als Platz für das Gemälde
Gar vorbedachtsam an, damit die Damen
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