Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.Till Lulenspiegel Doch heute, seht, ist Unmut längst verflogen; Ich bin gewiß, er macht es wieder gut. Nein, nein! Ich werde lieber mich nicht zeigen. Lob Wasser: Eulenspiegel: Wie denn!? Gehört Ihr nicht dem Hofstaat an Und müßt repräsentieren, wenn der Fürst, Wie eben gleich, in vollem Staat sich zeigt? Ihr könnt unmöglich fehlen I Es fiel auf Und gab zur Nachred' Anlaß. Lobwasser: Denkt Euch doch In meine Lägel Wenn er fragen sollte! Und glaubt mir nur, er fragt.' Eulenspiegel: Unmöglich ists! -- Dann laßt doch einfach ein'ge Kranke gehen Und schafft für heut das Übel aus der Welt. Ja, gehen lassen! Das ist leicht gesagt. Lobwasser: Jedoch man kann doch Kranke nicht entlassen, Um nichts gebessert. Seht der Menge gilt Die Wissenschaft und stiller Eifer nichts, Sie sieht nur den Erfolg. Eulenspiegel Ach ja, so ist's! -- (seufzend): 'ne schlimme Zwickelmühl, in der Ihr steckt. Lobwasser: Fürwahr, es ist kein Spaß! Vielleicht -- könnt ich Eulenspiegel: (überlegend): Euch helfen, Rektor! -- Euch und Eurer Kunst. Lobwasser: Ihr -- ?? Eulenspiegel: Sagt, wäre denn Gemeinsamkeit 'nen Heller wert, wenn unter Fachgenossen Lob wasser: Aber was? Ich bitt Euch, Herr Kollega! Eulenspiegel: Doch was gilt es, wenn ich Euch Hier helfe? Lobwasser: O mein wertester Kollega, Ihr macht mich glücklich! Der Gedanke schon, Daß so ein hochgelahrter Fachgenosse -- Eulenspiegel: O bitte, nur nicht schmeicheln, -- Herr Kollega! Denn seht, ich fortre einen Gegendienst. Lobwasser: O fordert, Herr Kollega, was Ihr wollt! Ich wär Euch gerne längst gefällig schon; Nur hatt ich da Bedenken -- Ihr versteht, Ich kenn' Euch doch nicht so und muß als Vormund -- Eulenspiegel: Halt, Herr Kollega, bitte nehmt zurück Dies Zugeständnis, -- es ist bitter kränkend I Lob Wasser: Warum denn kränkend? Nun, Ihr könntet glauben Eulenspiegel: Ich tat es nicht aus redlichem Gefühl Wer denkt denn das! Lobwasser: Eulenspiegel: Nein, nein, ich nehm's nicht Till Lulenspiegel Doch heute, seht, ist Unmut längst verflogen; Ich bin gewiß, er macht es wieder gut. Nein, nein! Ich werde lieber mich nicht zeigen. Lob Wasser: Eulenspiegel: Wie denn!? Gehört Ihr nicht dem Hofstaat an Und müßt repräsentieren, wenn der Fürst, Wie eben gleich, in vollem Staat sich zeigt? Ihr könnt unmöglich fehlen I Es fiel auf Und gab zur Nachred' Anlaß. Lobwasser: Denkt Euch doch In meine Lägel Wenn er fragen sollte! Und glaubt mir nur, er fragt.' Eulenspiegel: Unmöglich ists! — Dann laßt doch einfach ein'ge Kranke gehen Und schafft für heut das Übel aus der Welt. Ja, gehen lassen! Das ist leicht gesagt. Lobwasser: Jedoch man kann doch Kranke nicht entlassen, Um nichts gebessert. Seht der Menge gilt Die Wissenschaft und stiller Eifer nichts, Sie sieht nur den Erfolg. Eulenspiegel Ach ja, so ist's! — (seufzend): 'ne schlimme Zwickelmühl, in der Ihr steckt. Lobwasser: Fürwahr, es ist kein Spaß! Vielleicht — könnt ich Eulenspiegel: (überlegend): Euch helfen, Rektor! — Euch und Eurer Kunst. Lobwasser: Ihr — ?? Eulenspiegel: Sagt, wäre denn Gemeinsamkeit 'nen Heller wert, wenn unter Fachgenossen Lob wasser: Aber was? Ich bitt Euch, Herr Kollega! Eulenspiegel: Doch was gilt es, wenn ich Euch Hier helfe? Lobwasser: O mein wertester Kollega, Ihr macht mich glücklich! Der Gedanke schon, Daß so ein hochgelahrter Fachgenosse — Eulenspiegel: O bitte, nur nicht schmeicheln, — Herr Kollega! Denn seht, ich fortre einen Gegendienst. Lobwasser: O fordert, Herr Kollega, was Ihr wollt! Ich wär Euch gerne längst gefällig schon; Nur hatt ich da Bedenken — Ihr versteht, Ich kenn' Euch doch nicht so und muß als Vormund — Eulenspiegel: Halt, Herr Kollega, bitte nehmt zurück Dies Zugeständnis, — es ist bitter kränkend I Lob Wasser: Warum denn kränkend? Nun, Ihr könntet glauben Eulenspiegel: Ich tat es nicht aus redlichem Gefühl Wer denkt denn das! 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Till Lulenspiegel
Doch heute, seht, ist Unmut längst verflogen;
Ich bin gewiß, er macht es wieder gut.
Nein, nein! Ich werde lieber mich nicht zeigen.
Lob Wasser:
Eulenspiegel:
Wie denn!? Gehört Ihr nicht dem Hofstaat an
Und müßt repräsentieren, wenn der Fürst,
Wie eben gleich, in vollem Staat sich zeigt?
Ihr könnt unmöglich fehlen I Es fiel auf
Und gab zur Nachred' Anlaß.
Lobwasser:
Denkt Euch doch
In meine Lägel Wenn er fragen sollte!
Und glaubt mir nur, er fragt.'
Eulenspiegel:
Unmöglich ists! —
Dann laßt doch einfach ein'ge Kranke gehen
Und schafft für heut das Übel aus der Welt.
Ja, gehen lassen! Das ist leicht gesagt.
Lobwasser:
Jedoch man kann doch Kranke nicht entlassen,
Um nichts gebessert. Seht der Menge gilt
Die Wissenschaft und stiller Eifer nichts,
Sie sieht nur den Erfolg.
Eulenspiegel
Ach ja, so ist's! —
(seufzend):
'ne schlimme Zwickelmühl, in der Ihr steckt.
Lobwasser:
Fürwahr, es ist kein Spaß!
Vielleicht — könnt ich
Eulenspiegel:
(überlegend):
Euch helfen, Rektor! — Euch und Eurer Kunst.
Lobwasser:
Ihr — ??
Eulenspiegel:
Sagt, wäre denn Gemeinsamkeit
'nen Heller wert, wenn unter Fachgenossen
Sie letzters nicht bewährt? — Es muß etwas
Geschehen I
Lob wasser:
Aber was? Ich bitt Euch, Herr
Kollega!
Eulenspiegel:
Doch was gilt es, wenn ich Euch
Hier helfe?
Lobwasser:
O mein wertester Kollega,
Ihr macht mich glücklich! Der Gedanke schon,
Daß so ein hochgelahrter Fachgenosse —
Eulenspiegel:
O bitte, nur nicht schmeicheln, — Herr Kollega!
'
Denn seht, ich fortre einen Gegendienst.
Lobwasser:
O fordert, Herr Kollega, was Ihr wollt!
Ich wär Euch gerne längst gefällig schon;
Nur hatt ich da Bedenken — Ihr versteht,
Ich kenn' Euch doch nicht so und muß als Vormund —
Eulenspiegel:
Halt, Herr Kollega, bitte nehmt zurück
Dies Zugeständnis, — es ist bitter kränkend I
Lob Wasser:
Warum denn kränkend?
Nun, Ihr könntet glauben
Eulenspiegel:
Ich tat es nicht aus redlichem Gefühl
Die Wissenschaft zu schützen gegen Laien —
Wer denkt denn das!
Lobwasser:
Eulenspiegel:
Nein, nein, ich nehm's nicht
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