Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.Till Lulenspiegcl Jawohl, und dieses Amtes Eulenspiegel: Entschlägst du dich, als lohnts nicht die Pupille Danach zu drehn. -- Dir war es zugedacht. Laminae Mir zugedacht? -- Beim Kaiser Küchenchef? (immer erstaunter): Ich bitt dich, Till, bei diesem Hundeleben Ist das kein feiner Witz. Eulenspiegel: Natürlich! Weil Nicht jedes Ding im Leben ernst zu nennen, Ist dieses auch ein Witz! -- Glaubst du vielleicht, Ich streute Samen aus, um nichts zu ernten? Ließ Wämser machen und auf Seide nähen Mit goldnen Tressen - nur zum Mottenfraß? Lamme: Das hat mich auch verwundert, bester Till. Eulenspiegel: Verwundert, so! Und ließ dich mit Gefahr Das Schloß am Kanzlerhause ändern, nur damit Du mit dem Handwerk in der Übung bliebest?! Den neuen Schlüssel ließ ich auch wohl machen, Damit der Rost ihn in der Tasche fräße!? O Lamme! Lamme! Lamme: Aber sag, wie hängt Das alles, Wams und Schloß und Schlüssel Und Kanzlerhans und Kanzler denn zusammen Mit deinem kaiserlichen Küchenchef? Eulenspiegel: Hat jedes Ding nicht einen ersten Grund? Und ein Gedanke, fällt er aus dem Himmel? Nachricht vom Kanzler hab ich. Lamme: Du, vom Kanzler?? Eulenspiegel: Da du sie nicht hast, werde ich wohl bleiben. Hör zu! Der Kanzler ist nicht krank -- Er bleibt doch aus! Lamme: Eulenspiegel: Und hat sein Unpaß vorgeschützt, weil er In seltsam peinlicher Verlegenheit. Sie haben Ihm die Bagage gestohlen unterwegs. Jetzt sitzt betrübt er ohne Faschingplunder, Ohr Kanzlerrock und Schlüssel; alles was Ihn macht zum Kanzler in des Volkes Augen, In Brauch und Tradition, das geht ihm ab. -- Er fürchtet die Blamage. El ja, er wäre Lamme: Blamiert, das stimmt. Wenn du's nur sagst, dann stimmt es. Eulenspiegel: Das ist der Grund, daß er den Boten schickte -- Doch hör, daß keiner was davon erfährt! Lamme: Ich bitt dich, Till. Du weißt, ich bin verschwiegen. Du kannst ein Hans auf meine Zunge bauen. Kam' wohl der Schwamm hinein, und wenn ein Schinken Eulenspiegel: Im Rauchfang hing, verschlucktest du das Haus. Doch hör, ich würd gewahr, daß mich der Bote Nicht aus den Augen ließ, -- recht unbehaglich! Till Lulenspiegcl Jawohl, und dieses Amtes Eulenspiegel: Entschlägst du dich, als lohnts nicht die Pupille Danach zu drehn. — Dir war es zugedacht. Laminae Mir zugedacht? — Beim Kaiser Küchenchef? (immer erstaunter): Ich bitt dich, Till, bei diesem Hundeleben Ist das kein feiner Witz. Eulenspiegel: Natürlich! Weil Nicht jedes Ding im Leben ernst zu nennen, Ist dieses auch ein Witz! — Glaubst du vielleicht, Ich streute Samen aus, um nichts zu ernten? Ließ Wämser machen und auf Seide nähen Mit goldnen Tressen - nur zum Mottenfraß? Lamme: Das hat mich auch verwundert, bester Till. Eulenspiegel: Verwundert, so! Und ließ dich mit Gefahr Das Schloß am Kanzlerhause ändern, nur damit Du mit dem Handwerk in der Übung bliebest?! Den neuen Schlüssel ließ ich auch wohl machen, Damit der Rost ihn in der Tasche fräße!? O Lamme! Lamme! Lamme: Aber sag, wie hängt Das alles, Wams und Schloß und Schlüssel Und Kanzlerhans und Kanzler denn zusammen Mit deinem kaiserlichen Küchenchef? Eulenspiegel: Hat jedes Ding nicht einen ersten Grund? Und ein Gedanke, fällt er aus dem Himmel? Nachricht vom Kanzler hab ich. Lamme: Du, vom Kanzler?? Eulenspiegel: Da du sie nicht hast, werde ich wohl bleiben. Hör zu! Der Kanzler ist nicht krank — Er bleibt doch aus! Lamme: Eulenspiegel: Und hat sein Unpaß vorgeschützt, weil er In seltsam peinlicher Verlegenheit. Sie haben Ihm die Bagage gestohlen unterwegs. Jetzt sitzt betrübt er ohne Faschingplunder, Ohr Kanzlerrock und Schlüssel; alles was Ihn macht zum Kanzler in des Volkes Augen, In Brauch und Tradition, das geht ihm ab. — Er fürchtet die Blamage. El ja, er wäre Lamme: Blamiert, das stimmt. Wenn du's nur sagst, dann stimmt es. Eulenspiegel: Das ist der Grund, daß er den Boten schickte — Doch hör, daß keiner was davon erfährt! Lamme: Ich bitt dich, Till. Du weißt, ich bin verschwiegen. Du kannst ein Hans auf meine Zunge bauen. Kam' wohl der Schwamm hinein, und wenn ein Schinken Eulenspiegel: Im Rauchfang hing, verschlucktest du das Haus. 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Danach zu drehn. — Dir war es zugedacht.
Laminae
Mir zugedacht? — Beim Kaiser Küchenchef?
(immer erstaunter):
Ich bitt dich, Till, bei diesem Hundeleben
Ist das kein feiner Witz.
Eulenspiegel:
Natürlich! Weil
Nicht jedes Ding im Leben ernst zu nennen,
Ist dieses auch ein Witz! — Glaubst du vielleicht,
Ich streute Samen aus, um nichts zu ernten?
Ließ Wämser machen und auf Seide nähen
Mit goldnen Tressen - nur zum Mottenfraß?
Lamme:
Das hat mich auch verwundert, bester Till.
Eulenspiegel:
Verwundert, so! Und ließ dich mit Gefahr
Das Schloß am Kanzlerhause ändern, nur damit
Du mit dem Handwerk in der Übung bliebest?!
Den neuen Schlüssel ließ ich auch wohl machen,
Damit der Rost ihn in der Tasche fräße!?
O Lamme! Lamme!
Lamme:
Aber sag, wie hängt
Das alles, Wams und Schloß und Schlüssel
Und Kanzlerhans und Kanzler denn zusammen
Mit deinem kaiserlichen Küchenchef?
Eulenspiegel:
Hat jedes Ding nicht einen ersten Grund?
Und ein Gedanke, fällt er aus dem Himmel?
Nachricht vom Kanzler hab ich.
Lamme:
Du, vom Kanzler??
Eulenspiegel:
Da du sie nicht hast, werde ich wohl bleiben.
Hör zu! Der Kanzler ist nicht krank —
Er bleibt doch aus!
Lamme:
Eulenspiegel:
Und hat sein Unpaß vorgeschützt, weil er
In seltsam peinlicher Verlegenheit. Sie haben
Ihm die Bagage gestohlen unterwegs.
Jetzt sitzt betrübt er ohne Faschingplunder,
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Ohr Kanzlerrock und Schlüssel; alles was
Ihn macht zum Kanzler in des Volkes Augen,
In Brauch und Tradition, das geht ihm ab. —
Er fürchtet die Blamage.
El ja, er wäre
Lamme:
Blamiert, das stimmt.
Wenn du's nur sagst, dann stimmt es.
Eulenspiegel:
Das ist der Grund, daß er den Boten schickte —
Doch hör, daß keiner was davon erfährt!
Lamme:
Ich bitt dich, Till. Du weißt, ich bin verschwiegen.
Du kannst ein Hans auf meine Zunge bauen.
Kam' wohl der Schwamm hinein, und wenn ein Schinken
Eulenspiegel:
Im Rauchfang hing, verschlucktest du das Haus.
Doch hör, ich würd gewahr, daß mich der Bote
Nicht aus den Augen ließ, — recht unbehaglich!
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