Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Till Lulensxiegel

Eulenspiegel:

Geht mir mit Euren stolzen Festen ab

Und all der Würd und spanischen GrandezzaI
'

Nie trügt sichs leichter als an großer Tafel,

Auf der Frau Lüge zwischen Tellern läuft,

Und seines Mundes albernes Geschwafel

Wie Honig von des Redners Lippen träuft.

Da wird das kleinste Zwerglein ein Gigant,

Aus einer Mücke wird ein Elefant,

Zum Himmel wird der Jubilar getragen --

Zu Hause hat er Fliegen totgeschlagen.


Laurentia:

Herr Weltverbess'rer!

So schon viele schalten, --


Eulenspiegel:

Allein, man kann die Welt nur grad erhalten.

Doch sagt, habt Ihr schon mit dem Ohm gesprochen?

(leise)

Laurentia:

Nicht eben viel; er ist für mich kaum da

Und ist im Hause schon seit vielen Wochen

Gar launenhaft, weil Unrecht ihm geschah.


Eulenspiegel:

Unrecht, von wem?

Der Fürst ist indigniert,


Laurentia:

Weil das Spital ihm zuviel Kosten macht,

Und da der Oheim die Verwaltung führt,

Wird er mit Gunst nicht allzu reich bedacht.

Er ist recht kurz zu mir, und was er sagt,
'

Ist nicht viel Guts.

Er wird sich fügen müssen.


Eulenspiegel:

Acht Füße laufen schneller als ein Greis.


Laurentia:

O Gott, ich bitte Euch, was sagt Ihr da --

Ihr denkt an Flucht I?


Eulenspiegel:

Im schlimmsten Falle -- ja. --

Und würdet Ihr mir folgen? --


Laurentia:

Fragt mich nicht.


Eulenspiegel:

Ich danke Euch. Wie steht Euch zu Gesicht

Der starken Liebe frischer Wagemut!


Laurentia:

Wäre Ihr nur uicht so schrecklich -- schrecklich gutt


Eulenspiegel:

Schad', Euer Ohm teilt nicht die gute Meinung.

Was hat er gegen mich?


Laurentia:

Er mag Euch nicht;

Und Eure ganze Haltung und Erscheinung
'

Geht ihm verquer. Er sagt mirs ins Gesicht

Und hat verboten, Euch auch nur zu nennen.


Eulenspiegel:

Mir scheint, daß Euer Ohm zwei Zungen hab',

Und anstatt frei die Wahrheit zu bekennen,

Bat mich er um Geduld, -- Euch schlägt er's rundweg ab.


Laurentia:

Sei anch nicht schicklich, sagt er, daß ein Mädchen

Von ihrem Stande läßt.


Eulenspiegel:

O weh, wie stolz!


Laurentia:

Nicht wahr, das ist recht dumm.

Nicht gänzlich, Kind:


Eulenspiegel:

Ein alter Spruch sagt, Reis verbleib am Holz!


Till Lulensxiegel

Eulenspiegel:

Geht mir mit Euren stolzen Festen ab

Und all der Würd und spanischen GrandezzaI
'

Nie trügt sichs leichter als an großer Tafel,

Auf der Frau Lüge zwischen Tellern läuft,

Und seines Mundes albernes Geschwafel

Wie Honig von des Redners Lippen träuft.

Da wird das kleinste Zwerglein ein Gigant,

Aus einer Mücke wird ein Elefant,

Zum Himmel wird der Jubilar getragen —

Zu Hause hat er Fliegen totgeschlagen.


Laurentia:

Herr Weltverbess'rer!

So schon viele schalten, —


Eulenspiegel:

Allein, man kann die Welt nur grad erhalten.

Doch sagt, habt Ihr schon mit dem Ohm gesprochen?

(leise)

Laurentia:

Nicht eben viel; er ist für mich kaum da

Und ist im Hause schon seit vielen Wochen

Gar launenhaft, weil Unrecht ihm geschah.


Eulenspiegel:

Unrecht, von wem?

Der Fürst ist indigniert,


Laurentia:

Weil das Spital ihm zuviel Kosten macht,

Und da der Oheim die Verwaltung führt,

Wird er mit Gunst nicht allzu reich bedacht.

Er ist recht kurz zu mir, und was er sagt,
'

Ist nicht viel Guts.

Er wird sich fügen müssen.


Eulenspiegel:

Acht Füße laufen schneller als ein Greis.


Laurentia:

O Gott, ich bitte Euch, was sagt Ihr da —

Ihr denkt an Flucht I?


Eulenspiegel:

Im schlimmsten Falle — ja. —

Und würdet Ihr mir folgen? —


Laurentia:

Fragt mich nicht.


Eulenspiegel:

Ich danke Euch. Wie steht Euch zu Gesicht

Der starken Liebe frischer Wagemut!


Laurentia:

Wäre Ihr nur uicht so schrecklich — schrecklich gutt


Eulenspiegel:

Schad', Euer Ohm teilt nicht die gute Meinung.

Was hat er gegen mich?


Laurentia:

Er mag Euch nicht;

Und Eure ganze Haltung und Erscheinung
'

Geht ihm verquer. Er sagt mirs ins Gesicht

Und hat verboten, Euch auch nur zu nennen.


Eulenspiegel:

Mir scheint, daß Euer Ohm zwei Zungen hab',

Und anstatt frei die Wahrheit zu bekennen,

Bat mich er um Geduld, — Euch schlägt er's rundweg ab.


Laurentia:

Sei anch nicht schicklich, sagt er, daß ein Mädchen

Von ihrem Stande läßt.


Eulenspiegel:

O weh, wie stolz!


Laurentia:

Nicht wahr, das ist recht dumm.

Nicht gänzlich, Kind:


Eulenspiegel:

Ein alter Spruch sagt, Reis verbleib am Holz!


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0519" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/318802"/>
            <fw type="header" place="top"> Till Lulensxiegel</fw><lb/>
            <note type="speaker"> Eulenspiegel:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2444"> Geht mir mit Euren stolzen Festen ab</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2445"> Und all der Würd und spanischen GrandezzaI<lb/>
'</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2446"> Nie trügt sichs leichter als an großer Tafel,</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2447"> Auf der Frau Lüge zwischen Tellern läuft,</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2448"> Und seines Mundes albernes Geschwafel</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2449"> Wie Honig von des Redners Lippen träuft.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2450"> Da wird das kleinste Zwerglein ein Gigant,</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2451"> Aus einer Mücke wird ein Elefant,</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2452"> Zum Himmel wird der Jubilar getragen &#x2014;</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2453"> Zu Hause hat er Fliegen totgeschlagen.</p><lb/>
            <note type="speaker"> Laurentia: </note><lb/>
            <p xml:id="ID_2454"> Herr Weltverbess'rer!</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2455"> So schon viele schalten, &#x2014;</p><lb/>
            <note type="speaker"> Eulenspiegel:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2456"> Allein, man kann die Welt nur grad erhalten.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2457"> Doch sagt, habt Ihr schon mit dem Ohm gesprochen?</p><lb/>
            <stage> (leise) </stage><lb/>
            <note type="speaker"> Laurentia:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2458"> Nicht eben viel; er ist für mich kaum da</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2459"> Und ist im Hause schon seit vielen Wochen</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2460"> Gar launenhaft, weil Unrecht ihm geschah.</p><lb/>
            <note type="speaker"> Eulenspiegel:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2461"> Unrecht, von wem?</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2462"> Der Fürst ist indigniert,</p><lb/>
            <note type="speaker"> Laurentia:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2463"> Weil das Spital ihm zuviel Kosten macht,</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2464"> Und da der Oheim die Verwaltung führt,</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2465"> Wird er mit Gunst nicht allzu reich bedacht.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2466"> Er ist recht kurz zu mir, und was er sagt,<lb/>
'</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2467"> Ist nicht viel Guts.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2468"> Er wird sich fügen müssen.</p><lb/>
            <note type="speaker"> Eulenspiegel:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2469"> Acht Füße laufen schneller als ein Greis.</p><lb/>
            <note type="speaker"> Laurentia: </note><lb/>
            <p xml:id="ID_2470"> O Gott, ich bitte Euch, was sagt Ihr da &#x2014;</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2471"> Ihr denkt an Flucht I?</p><lb/>
            <note type="speaker"> Eulenspiegel:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2472"> Im schlimmsten Falle &#x2014; ja. &#x2014;</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2473"> Und würdet Ihr mir folgen? &#x2014;</p><lb/>
            <note type="speaker"> Laurentia:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2474"> Fragt mich nicht.</p><lb/>
            <note type="speaker"> Eulenspiegel:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2475"> Ich danke Euch. Wie steht Euch zu Gesicht</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2476"> Der starken Liebe frischer Wagemut!</p><lb/>
            <note type="speaker"> Laurentia: </note><lb/>
            <p xml:id="ID_2477"> Wäre Ihr nur uicht so schrecklich &#x2014; schrecklich gutt</p><lb/>
            <note type="speaker"> Eulenspiegel:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2478"> Schad', Euer Ohm teilt nicht die gute Meinung.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2479"> Was hat er gegen mich?</p><lb/>
            <note type="speaker"> Laurentia:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2480"> Er mag Euch nicht;</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2481"> Und Eure ganze Haltung und Erscheinung<lb/>
'</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2482"> Geht ihm verquer. Er sagt mirs ins Gesicht</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2483"> Und hat verboten, Euch auch nur zu nennen.</p><lb/>
            <note type="speaker"> Eulenspiegel:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2484"> Mir scheint, daß Euer Ohm zwei Zungen hab',</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2485"> Und anstatt frei die Wahrheit zu bekennen,</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2486"> Bat mich er um Geduld, &#x2014; Euch schlägt er's rundweg ab.</p><lb/>
            <note type="speaker"> Laurentia:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2487"> Sei anch nicht schicklich, sagt er, daß ein Mädchen</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2488"> Von ihrem Stande läßt.</p><lb/>
            <note type="speaker"> Eulenspiegel:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2489"> O weh, wie stolz!</p><lb/>
            <note type="speaker"> Laurentia:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2490"> Nicht wahr, das ist recht dumm.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2491"> Nicht gänzlich, Kind:</p><lb/>
            <note type="speaker"> Eulenspiegel:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2492"> Ein alter Spruch sagt, Reis verbleib am Holz!</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0519] Till Lulensxiegel Eulenspiegel: Geht mir mit Euren stolzen Festen ab Und all der Würd und spanischen GrandezzaI ' Nie trügt sichs leichter als an großer Tafel, Auf der Frau Lüge zwischen Tellern läuft, Und seines Mundes albernes Geschwafel Wie Honig von des Redners Lippen träuft. Da wird das kleinste Zwerglein ein Gigant, Aus einer Mücke wird ein Elefant, Zum Himmel wird der Jubilar getragen — Zu Hause hat er Fliegen totgeschlagen. Laurentia: Herr Weltverbess'rer! So schon viele schalten, — Eulenspiegel: Allein, man kann die Welt nur grad erhalten. Doch sagt, habt Ihr schon mit dem Ohm gesprochen? (leise) Laurentia: Nicht eben viel; er ist für mich kaum da Und ist im Hause schon seit vielen Wochen Gar launenhaft, weil Unrecht ihm geschah. Eulenspiegel: Unrecht, von wem? Der Fürst ist indigniert, Laurentia: Weil das Spital ihm zuviel Kosten macht, Und da der Oheim die Verwaltung führt, Wird er mit Gunst nicht allzu reich bedacht. Er ist recht kurz zu mir, und was er sagt, ' Ist nicht viel Guts. Er wird sich fügen müssen. Eulenspiegel: Acht Füße laufen schneller als ein Greis. Laurentia: O Gott, ich bitte Euch, was sagt Ihr da — Ihr denkt an Flucht I? Eulenspiegel: Im schlimmsten Falle — ja. — Und würdet Ihr mir folgen? — Laurentia: Fragt mich nicht. Eulenspiegel: Ich danke Euch. Wie steht Euch zu Gesicht Der starken Liebe frischer Wagemut! Laurentia: Wäre Ihr nur uicht so schrecklich — schrecklich gutt Eulenspiegel: Schad', Euer Ohm teilt nicht die gute Meinung. Was hat er gegen mich? Laurentia: Er mag Euch nicht; Und Eure ganze Haltung und Erscheinung ' Geht ihm verquer. Er sagt mirs ins Gesicht Und hat verboten, Euch auch nur zu nennen. Eulenspiegel: Mir scheint, daß Euer Ohm zwei Zungen hab', Und anstatt frei die Wahrheit zu bekennen, Bat mich er um Geduld, — Euch schlägt er's rundweg ab. Laurentia: Sei anch nicht schicklich, sagt er, daß ein Mädchen Von ihrem Stande läßt. Eulenspiegel: O weh, wie stolz! Laurentia: Nicht wahr, das ist recht dumm. Nicht gänzlich, Kind: Eulenspiegel: Ein alter Spruch sagt, Reis verbleib am Holz!

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/519
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/519>, abgerufen am 03.07.2024.