Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Till Lulenspiegel

Laurentia:

Ich bin doch aber nicht im Stand geboren

So wenig wie er selbst.


Eulenspiegel:

Was hör ich da!

El el, Magnisizenz, Ihr seid verloren!

Ach seht, wenn nicht der Ohm so grämig wär,


Laurentia:

Müßt ich mich unsres Einvernehmens schelten.

Zumal Ihr Euch in mancherlei verschließt.

(zögernd)

Eulenspiegel:

Mein Herz liegt vor Euch, Tranke.

Euer Herz. --


Laurentia:

Doch Euer Stand und Eure Lebensführung?


Eulenspiegel:

Ich bitt Euch, bin ich nicht Magister Saxicus,

Der Medizin weiland mit Fleiß beflissen?

Dann Maler auch, vom Fürsten selbst bestatte

Mit hohem Auftrag, trefflich ausstudieret;

Und schließlich, wenn Ihr wollt, auch Kapitän
'

Der spanschen Reiterei, in manchem Strauß

Erprobe und mancher heikelen Attacke. --

Was wollt Ihr mehr? Mich dünkt, auch Ihr seid stolz.


Laurentia:

Hätt ich mich dann dem fremden Mann ergeben,

Der für mich eben nur ein lieber Mann,

Doch sonst in Rätseln steckt? -- Ich bitt Euch, sagt,

Wer Ihr im letzten Grunde seid.

Du liebe Einfalt,


Eulenspiegel:

Daß ich ein Narr wär. Ist der Honig süß,

Man beißt sich darum doch nicht in die Finger!

Ich gab das Herz Euch, und das Herz ist viel. --
'

Doch eh ich Euch zum Ehebett entführe,

Prüft selbst nur meinen Stand auf Herz und Niere.

(Lamme erwacht laut gähnend.)

Laurentia:

Seht, er erwacht. Wir wollen lieber fort.

Ich wett, ihn hat geweckt mein letztes Wort!


Eulenspiegel:

Gut Morgen, Euer Gnaden.


Lamme:

El, 's ist Mittagszeit!


Eulenspiegel:

Das wäre schön.


Lamme:

Warum?


Eulenspiegel:

Wenn Wirklichkeit


Lamme:

Den Träumen wär beschert.


Eulenspiegel:

Was träumtet Ihr?

Ach, sündhaft schön! Von einer Kalbernier!


Lamme:

Da habt Jhr's!


Eulenspiegel
(zu Laurentia)!

Lamme:

Und es lag bei ihr ganz nah

Die schönste Gänseleber, die ich jemals sah.


Laurentia:

Kommt, er ist frech.

Das hast du zugelogen!

(zu Lamme):

Eulenspiegel
Lamme:

Habt Ihr 'nen Traum schon einmal abgewogen?

(Es erhebt sich in der Straße ein Geschrei.)

Laurentia:

El, hört das Volk!


Eulenspiegel:

's ist seine Art zu leben.


Laurentia:

Ich könnt vielleicht Euch die Erklärung geben.

Das heißt: Ihr wollt. -- So bitt ich denn darum.


Eulenspiegel:
Till Lulenspiegel

Laurentia:

Ich bin doch aber nicht im Stand geboren

So wenig wie er selbst.


Eulenspiegel:

Was hör ich da!

El el, Magnisizenz, Ihr seid verloren!

Ach seht, wenn nicht der Ohm so grämig wär,


Laurentia:

Müßt ich mich unsres Einvernehmens schelten.

Zumal Ihr Euch in mancherlei verschließt.

(zögernd)

Eulenspiegel:

Mein Herz liegt vor Euch, Tranke.

Euer Herz. —


Laurentia:

Doch Euer Stand und Eure Lebensführung?


Eulenspiegel:

Ich bitt Euch, bin ich nicht Magister Saxicus,

Der Medizin weiland mit Fleiß beflissen?

Dann Maler auch, vom Fürsten selbst bestatte

Mit hohem Auftrag, trefflich ausstudieret;

Und schließlich, wenn Ihr wollt, auch Kapitän
'

Der spanschen Reiterei, in manchem Strauß

Erprobe und mancher heikelen Attacke. —

Was wollt Ihr mehr? Mich dünkt, auch Ihr seid stolz.


Laurentia:

Hätt ich mich dann dem fremden Mann ergeben,

Der für mich eben nur ein lieber Mann,

Doch sonst in Rätseln steckt? — Ich bitt Euch, sagt,

Wer Ihr im letzten Grunde seid.

Du liebe Einfalt,


Eulenspiegel:

Daß ich ein Narr wär. Ist der Honig süß,

Man beißt sich darum doch nicht in die Finger!

Ich gab das Herz Euch, und das Herz ist viel. —
'

Doch eh ich Euch zum Ehebett entführe,

Prüft selbst nur meinen Stand auf Herz und Niere.

(Lamme erwacht laut gähnend.)

Laurentia:

Seht, er erwacht. Wir wollen lieber fort.

Ich wett, ihn hat geweckt mein letztes Wort!


Eulenspiegel:

Gut Morgen, Euer Gnaden.


Lamme:

El, 's ist Mittagszeit!


Eulenspiegel:

Das wäre schön.


Lamme:

Warum?


Eulenspiegel:

Wenn Wirklichkeit


Lamme:

Den Träumen wär beschert.


Eulenspiegel:

Was träumtet Ihr?

Ach, sündhaft schön! Von einer Kalbernier!


Lamme:

Da habt Jhr's!


Eulenspiegel
(zu Laurentia)!

Lamme:

Und es lag bei ihr ganz nah

Die schönste Gänseleber, die ich jemals sah.


Laurentia:

Kommt, er ist frech.

Das hast du zugelogen!

(zu Lamme):

Eulenspiegel
Lamme:

Habt Ihr 'nen Traum schon einmal abgewogen?

(Es erhebt sich in der Straße ein Geschrei.)

Laurentia:

El, hört das Volk!


Eulenspiegel:

's ist seine Art zu leben.


Laurentia:

Ich könnt vielleicht Euch die Erklärung geben.

Das heißt: Ihr wollt. — So bitt ich denn darum.


Eulenspiegel:
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0520" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/318803"/>
            <fw type="header" place="top"> Till Lulenspiegel</fw><lb/>
            <note type="speaker"> Laurentia:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2493"> Ich bin doch aber nicht im Stand geboren</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2494"> So wenig wie er selbst.</p><lb/>
            <note type="speaker"> Eulenspiegel:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2495"> Was hör ich da!</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2496"> El el, Magnisizenz, Ihr seid verloren!</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2497"> Ach seht, wenn nicht der Ohm so grämig wär,</p><lb/>
            <note type="speaker"> Laurentia: </note><lb/>
            <p xml:id="ID_2498"> Müßt ich mich unsres Einvernehmens schelten.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2499"> Zumal Ihr Euch in mancherlei verschließt.</p><lb/>
            <stage> (zögernd)</stage><lb/>
            <note type="speaker"> Eulenspiegel: </note><lb/>
            <p xml:id="ID_2500"> Mein Herz liegt vor Euch, Tranke.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2501"> Euer Herz. &#x2014;</p><lb/>
            <note type="speaker"> Laurentia:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2502"> Doch Euer Stand und Eure Lebensführung?</p><lb/>
            <note type="speaker"> Eulenspiegel: </note><lb/>
            <p xml:id="ID_2503"> Ich bitt Euch, bin ich nicht Magister Saxicus,</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2504"> Der Medizin weiland mit Fleiß beflissen?</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2505"> Dann Maler auch, vom Fürsten selbst bestatte</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2506"> Mit hohem Auftrag, trefflich ausstudieret;</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2507"> Und schließlich, wenn Ihr wollt, auch Kapitän<lb/>
'</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2508"> Der spanschen Reiterei, in manchem Strauß</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2509"> Erprobe und mancher heikelen Attacke. &#x2014;</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2510"> Was wollt Ihr mehr? Mich dünkt, auch Ihr seid stolz.</p><lb/>
            <note type="speaker"> Laurentia:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2511"> Hätt ich mich dann dem fremden Mann ergeben,</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2512"> Der für mich eben nur ein lieber Mann,</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2513"> Doch sonst in Rätseln steckt? &#x2014; Ich bitt Euch, sagt,</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2514"> Wer Ihr im letzten Grunde seid.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2515"> Du liebe Einfalt,</p><lb/>
            <note type="speaker"> Eulenspiegel:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2516"> Daß ich ein Narr wär. Ist der Honig süß,</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2517"> Man beißt sich darum doch nicht in die Finger!</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2518"> Ich gab das Herz Euch, und das Herz ist viel. &#x2014;<lb/>
'</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2519"> Doch eh ich Euch zum Ehebett entführe,</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2520"> Prüft selbst nur meinen Stand auf Herz und Niere.</p><lb/>
            <stage> (Lamme erwacht laut gähnend.)</stage><lb/>
            <note type="speaker"> Laurentia:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2521"> Seht, er erwacht. Wir wollen lieber fort.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2522"> Ich wett, ihn hat geweckt mein letztes Wort!</p><lb/>
            <note type="speaker"> Eulenspiegel: </note><lb/>
            <p xml:id="ID_2523"> Gut Morgen, Euer Gnaden.</p><lb/>
            <note type="speaker"> Lamme: </note><lb/>
            <p xml:id="ID_2524"> El, 's ist Mittagszeit!</p><lb/>
            <note type="speaker"> Eulenspiegel:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2525"> Das wäre schön.</p><lb/>
            <note type="speaker"> Lamme:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2526"> Warum?</p><lb/>
            <note type="speaker"> Eulenspiegel:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2527"> Wenn Wirklichkeit</p><lb/>
            <note type="speaker"> Lamme:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2528"> Den Träumen wär beschert.</p><lb/>
            <note type="speaker"> Eulenspiegel:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2529"> Was träumtet Ihr?</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2530"> Ach, sündhaft schön! Von einer Kalbernier!</p><lb/>
            <note type="speaker"> Lamme:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2531"> Da habt Jhr's!</p><lb/>
            <note type="speaker"> Eulenspiegel</note><lb/>
            <stage> (zu Laurentia)! </stage><lb/>
            <note type="speaker"> Lamme:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2532"> Und es lag bei ihr ganz nah</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2533"> Die schönste Gänseleber, die ich jemals sah.</p><lb/>
            <note type="speaker"> Laurentia:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2534"> Kommt, er ist frech.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2535"> Das hast du zugelogen!</p><lb/>
            <stage> (zu Lamme):</stage><lb/>
            <note type="speaker"> Eulenspiegel </note><lb/>
            <note type="speaker"> Lamme:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2536"> Habt Ihr 'nen Traum schon einmal abgewogen?</p><lb/>
            <stage> (Es erhebt sich in der Straße ein Geschrei.)</stage><lb/>
            <note type="speaker"> Laurentia:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2537"> El, hört das Volk!</p><lb/>
            <note type="speaker"> Eulenspiegel:</note><lb/>
            <p xml:id="ID_2538"> 's ist seine Art zu leben.</p><lb/>
            <note type="speaker"> Laurentia: </note><lb/>
            <p xml:id="ID_2539"> Ich könnt vielleicht Euch die Erklärung geben.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_2540"> Das heißt: Ihr wollt. &#x2014; So bitt ich denn darum.</p><lb/>
            <note type="speaker"> Eulenspiegel: </note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0520] Till Lulenspiegel Laurentia: Ich bin doch aber nicht im Stand geboren So wenig wie er selbst. Eulenspiegel: Was hör ich da! El el, Magnisizenz, Ihr seid verloren! Ach seht, wenn nicht der Ohm so grämig wär, Laurentia: Müßt ich mich unsres Einvernehmens schelten. Zumal Ihr Euch in mancherlei verschließt. (zögernd) Eulenspiegel: Mein Herz liegt vor Euch, Tranke. Euer Herz. — Laurentia: Doch Euer Stand und Eure Lebensführung? Eulenspiegel: Ich bitt Euch, bin ich nicht Magister Saxicus, Der Medizin weiland mit Fleiß beflissen? Dann Maler auch, vom Fürsten selbst bestatte Mit hohem Auftrag, trefflich ausstudieret; Und schließlich, wenn Ihr wollt, auch Kapitän ' Der spanschen Reiterei, in manchem Strauß Erprobe und mancher heikelen Attacke. — Was wollt Ihr mehr? Mich dünkt, auch Ihr seid stolz. Laurentia: Hätt ich mich dann dem fremden Mann ergeben, Der für mich eben nur ein lieber Mann, Doch sonst in Rätseln steckt? — Ich bitt Euch, sagt, Wer Ihr im letzten Grunde seid. Du liebe Einfalt, Eulenspiegel: Daß ich ein Narr wär. Ist der Honig süß, Man beißt sich darum doch nicht in die Finger! Ich gab das Herz Euch, und das Herz ist viel. — ' Doch eh ich Euch zum Ehebett entführe, Prüft selbst nur meinen Stand auf Herz und Niere. (Lamme erwacht laut gähnend.) Laurentia: Seht, er erwacht. Wir wollen lieber fort. Ich wett, ihn hat geweckt mein letztes Wort! Eulenspiegel: Gut Morgen, Euer Gnaden. Lamme: El, 's ist Mittagszeit! Eulenspiegel: Das wäre schön. Lamme: Warum? Eulenspiegel: Wenn Wirklichkeit Lamme: Den Träumen wär beschert. Eulenspiegel: Was träumtet Ihr? Ach, sündhaft schön! Von einer Kalbernier! Lamme: Da habt Jhr's! Eulenspiegel (zu Laurentia)! Lamme: Und es lag bei ihr ganz nah Die schönste Gänseleber, die ich jemals sah. Laurentia: Kommt, er ist frech. Das hast du zugelogen! (zu Lamme): Eulenspiegel Lamme: Habt Ihr 'nen Traum schon einmal abgewogen? (Es erhebt sich in der Straße ein Geschrei.) Laurentia: El, hört das Volk! Eulenspiegel: 's ist seine Art zu leben. Laurentia: Ich könnt vielleicht Euch die Erklärung geben. Das heißt: Ihr wollt. — So bitt ich denn darum. Eulenspiegel:

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/520
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/520>, abgerufen am 03.07.2024.