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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

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Alte Beziehungen zwischen dein Indien des (Ostens und Luroxci

Ein anderes Gewürz, der Nelken- oder Nagelpfeffer (LaryopKMus
arvmatiLU8 1^.), ist aber zweifellos schon sehr früh durch Zwischenhandel von
den Molukken, seinem einzigen früheren Wachstumsgebiete, nach dem alten Rom
gekommen; denn mag auch vielleicht unter dem "garyophyllum" des Plinius
dieses feine Gewürz nicht zu verstehen sein, so wissen wir doch z. B., daß der
Kaiser Konstantin schon um das Jahr 315 n. Chr. herum Nelkenpfeffer an
den Bischof Sylvester sandte. Cosmas (6. Jahrh.) erwähnt, daß der Nelken¬
pfeffer aus China und Ceylon stamme.

Auch noch verschiedene andere indische Gewürze kamen schon frühzeitig
nach Griechenland und Rom, wie z. B. der Zimt (von Linnamomum
xeilanlLum L.), welchen schon Herodot (3.111) und Aristoteles (dei8t, an. 9.14.2.)
erwähnen, sodann die Zimtcassie (von Lmnamomum aromaticum 1^.), bereits
von Plinius (12. 19. 43) näher besprochen, ferner das von den ostindischen
Inseln stammende Cardamom, welches bereits Dioscorides (etwa 70 n. Chr.)
und Plinius bekannt war.

Es würde zu weit führen, wollte ich hier Näheres von all den einzelnen
Handelswaren anführen, in deren Form die Völker Europas mit "Indiens
goldenstem Segen" schon früh bekannt wurden. Selbst wohlriechende Hölzer
waren darunter: Adlerholz (^Mllvenon) und Sandelholz.

Nur über eines unserer schönsten Haustiere, das Alexander der Große
in Indien kennen lernte, nämlich den Pfau, möchte ich hier noch einige Worte
sagen. Der Stammvater desselben, pavo Lnstatus, bewohnt Ostindien und
Ceylon. Der Hauspfau, von dem schon die Schriftsteller des klassischen Alter¬
tums, von Aristoteles (geb. 384 v. Chr.) angefangen, so manches zu erzählen
wissen, war zu Perikles' Zeit in Athen noch so selten, daß die Leute aus weiter
Ferne kamen, um ein Pfauenpaar zu sehen, welches ein Bürger von Athen
besaß. Zu Ciceros Zeit kam der Pfau zuerst auf die Tafel und mußte der
farbenprächtige Vogel dann weitgehender römischer Üppigkeit dienen. Um das
zu beleuchten, will ich nur an jene große Schüssel erinnern, welche der Kaiser
Vitellius den "Schild der Minerva" nannte und die er bei einem seinem Bruder
zu Ehren gegebenen Schmause herumreichen ließ. Sie war bedeckt mit unter¬
einander gemischten Lebern vom Papageifisch (LcaruZ arcticus), Gehirn von
Fasanen und Pfauen, nebst Zungen von Flamingos mit Milch von Muränen.

Man kann es sich wohl denken, daß, solange die aus allen ihren Pro¬
vinzen, dem größten Teile der damals in Europa bekannten Welt, mit Gold
und Reichtümern überschwemmte Roma unbestritten als Herrin der ganzen
terra LoZnita regierte und ihr zur Entfaltung von Komfort und Luxus keine
Summe überhaupt zu hoch erschien, erstaunlich hohe Preise für indische Produkte
den Handel Europas mit dem Süden von Asien selbst auf damals höchst gefahr¬
volle,! Wegen rege erhielten. Da aber brausten die gewaltigen Wogen der
Völkerwanderung in Europa heran, und immer von neuem wieder sich heran¬
wälzend, begruben sie das gewaltige Römerreich mit allen seinen Schätzen.


Alte Beziehungen zwischen dein Indien des (Ostens und Luroxci

Ein anderes Gewürz, der Nelken- oder Nagelpfeffer (LaryopKMus
arvmatiLU8 1^.), ist aber zweifellos schon sehr früh durch Zwischenhandel von
den Molukken, seinem einzigen früheren Wachstumsgebiete, nach dem alten Rom
gekommen; denn mag auch vielleicht unter dem „garyophyllum" des Plinius
dieses feine Gewürz nicht zu verstehen sein, so wissen wir doch z. B., daß der
Kaiser Konstantin schon um das Jahr 315 n. Chr. herum Nelkenpfeffer an
den Bischof Sylvester sandte. Cosmas (6. Jahrh.) erwähnt, daß der Nelken¬
pfeffer aus China und Ceylon stamme.

Auch noch verschiedene andere indische Gewürze kamen schon frühzeitig
nach Griechenland und Rom, wie z. B. der Zimt (von Linnamomum
xeilanlLum L.), welchen schon Herodot (3.111) und Aristoteles (dei8t, an. 9.14.2.)
erwähnen, sodann die Zimtcassie (von Lmnamomum aromaticum 1^.), bereits
von Plinius (12. 19. 43) näher besprochen, ferner das von den ostindischen
Inseln stammende Cardamom, welches bereits Dioscorides (etwa 70 n. Chr.)
und Plinius bekannt war.

Es würde zu weit führen, wollte ich hier Näheres von all den einzelnen
Handelswaren anführen, in deren Form die Völker Europas mit „Indiens
goldenstem Segen" schon früh bekannt wurden. Selbst wohlriechende Hölzer
waren darunter: Adlerholz (^Mllvenon) und Sandelholz.

Nur über eines unserer schönsten Haustiere, das Alexander der Große
in Indien kennen lernte, nämlich den Pfau, möchte ich hier noch einige Worte
sagen. Der Stammvater desselben, pavo Lnstatus, bewohnt Ostindien und
Ceylon. Der Hauspfau, von dem schon die Schriftsteller des klassischen Alter¬
tums, von Aristoteles (geb. 384 v. Chr.) angefangen, so manches zu erzählen
wissen, war zu Perikles' Zeit in Athen noch so selten, daß die Leute aus weiter
Ferne kamen, um ein Pfauenpaar zu sehen, welches ein Bürger von Athen
besaß. Zu Ciceros Zeit kam der Pfau zuerst auf die Tafel und mußte der
farbenprächtige Vogel dann weitgehender römischer Üppigkeit dienen. Um das
zu beleuchten, will ich nur an jene große Schüssel erinnern, welche der Kaiser
Vitellius den „Schild der Minerva" nannte und die er bei einem seinem Bruder
zu Ehren gegebenen Schmause herumreichen ließ. Sie war bedeckt mit unter¬
einander gemischten Lebern vom Papageifisch (LcaruZ arcticus), Gehirn von
Fasanen und Pfauen, nebst Zungen von Flamingos mit Milch von Muränen.

Man kann es sich wohl denken, daß, solange die aus allen ihren Pro¬
vinzen, dem größten Teile der damals in Europa bekannten Welt, mit Gold
und Reichtümern überschwemmte Roma unbestritten als Herrin der ganzen
terra LoZnita regierte und ihr zur Entfaltung von Komfort und Luxus keine
Summe überhaupt zu hoch erschien, erstaunlich hohe Preise für indische Produkte
den Handel Europas mit dem Süden von Asien selbst auf damals höchst gefahr¬
volle,! Wegen rege erhielten. Da aber brausten die gewaltigen Wogen der
Völkerwanderung in Europa heran, und immer von neuem wieder sich heran¬
wälzend, begruben sie das gewaltige Römerreich mit allen seinen Schätzen.


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[0409] Alte Beziehungen zwischen dein Indien des (Ostens und Luroxci Ein anderes Gewürz, der Nelken- oder Nagelpfeffer (LaryopKMus arvmatiLU8 1^.), ist aber zweifellos schon sehr früh durch Zwischenhandel von den Molukken, seinem einzigen früheren Wachstumsgebiete, nach dem alten Rom gekommen; denn mag auch vielleicht unter dem „garyophyllum" des Plinius dieses feine Gewürz nicht zu verstehen sein, so wissen wir doch z. B., daß der Kaiser Konstantin schon um das Jahr 315 n. Chr. herum Nelkenpfeffer an den Bischof Sylvester sandte. Cosmas (6. Jahrh.) erwähnt, daß der Nelken¬ pfeffer aus China und Ceylon stamme. Auch noch verschiedene andere indische Gewürze kamen schon frühzeitig nach Griechenland und Rom, wie z. B. der Zimt (von Linnamomum xeilanlLum L.), welchen schon Herodot (3.111) und Aristoteles (dei8t, an. 9.14.2.) erwähnen, sodann die Zimtcassie (von Lmnamomum aromaticum 1^.), bereits von Plinius (12. 19. 43) näher besprochen, ferner das von den ostindischen Inseln stammende Cardamom, welches bereits Dioscorides (etwa 70 n. Chr.) und Plinius bekannt war. Es würde zu weit führen, wollte ich hier Näheres von all den einzelnen Handelswaren anführen, in deren Form die Völker Europas mit „Indiens goldenstem Segen" schon früh bekannt wurden. Selbst wohlriechende Hölzer waren darunter: Adlerholz (^Mllvenon) und Sandelholz. Nur über eines unserer schönsten Haustiere, das Alexander der Große in Indien kennen lernte, nämlich den Pfau, möchte ich hier noch einige Worte sagen. Der Stammvater desselben, pavo Lnstatus, bewohnt Ostindien und Ceylon. Der Hauspfau, von dem schon die Schriftsteller des klassischen Alter¬ tums, von Aristoteles (geb. 384 v. Chr.) angefangen, so manches zu erzählen wissen, war zu Perikles' Zeit in Athen noch so selten, daß die Leute aus weiter Ferne kamen, um ein Pfauenpaar zu sehen, welches ein Bürger von Athen besaß. Zu Ciceros Zeit kam der Pfau zuerst auf die Tafel und mußte der farbenprächtige Vogel dann weitgehender römischer Üppigkeit dienen. Um das zu beleuchten, will ich nur an jene große Schüssel erinnern, welche der Kaiser Vitellius den „Schild der Minerva" nannte und die er bei einem seinem Bruder zu Ehren gegebenen Schmause herumreichen ließ. Sie war bedeckt mit unter¬ einander gemischten Lebern vom Papageifisch (LcaruZ arcticus), Gehirn von Fasanen und Pfauen, nebst Zungen von Flamingos mit Milch von Muränen. Man kann es sich wohl denken, daß, solange die aus allen ihren Pro¬ vinzen, dem größten Teile der damals in Europa bekannten Welt, mit Gold und Reichtümern überschwemmte Roma unbestritten als Herrin der ganzen terra LoZnita regierte und ihr zur Entfaltung von Komfort und Luxus keine Summe überhaupt zu hoch erschien, erstaunlich hohe Preise für indische Produkte den Handel Europas mit dem Süden von Asien selbst auf damals höchst gefahr¬ volle,! Wegen rege erhielten. Da aber brausten die gewaltigen Wogen der Völkerwanderung in Europa heran, und immer von neuem wieder sich heran¬ wälzend, begruben sie das gewaltige Römerreich mit allen seinen Schätzen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/409>, abgerufen am 03.07.2024.