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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

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Richard Roch und die Reichsbank

anderen Seite wurde auf diesem Wege auch für die Reichsbank selbst der große
Vorteil erzielt, daß die durch die Einzahlungen der Girokunden oder Dritter für
deren Rechnung ihr zufließenden Gelder als Notendeckung im Sinne des Bank¬
gesetzes galten, so daß jede Erweiterung des Giroverkehrs zugleich eine Ver¬
mehrung des Banknotenumlaufs, also wiederum eine stärkere Unterstützung des
Kreditverkehrs ermöglichte.

Gleichzeitig kämpfte Koch sowohl im Wege organischer Reichsbankeinrichtungen
als literarisch für eine Einbürgerung des in Deutschland, im Gegensatz zu England,
noch sehr im argen liegenden Scheckverkehrs und für ein den Verkehrsbedürfnissen
entsprechendes populäres Scheckgesetz. Dabei war er durchdrungen von dein
zweifellos richtigen Gedanken, daß der Scheck, der sowohl den Vargeldgebrauch
als bis zu einem gewissen Grade auch den Banknotenumlauf beschränken soll,
nur dann seinen Zweck wirklich erfüllt, wenn seine Einlösung nicht in bar,
sondern durch Abrechnung erfolgt.

Um nun die Erledigung des Scheckverkehrs in immer größerem Umfange
statt durch Bareinlösung im Wege der Verrechnung zu ermöglichen und dadurch
gleichzeitig wieder den Scheckverkehr selbst zu heben, wurde unter energischer
Mitarbeit Kochs im Jahre 1883 eine größere Anzahl von Abrechnungsstellen
nach dem Muster der LleannZ Irvuses in London und New Dort sowohl in
Berlin wie an sonstigen großen deutschen Plätzen geschaffen. Die Mitglieder
dieser Abrechnungsstellen verpflichteten sich, unter Beteiligung und Leitung der
Neichsbank die von ihnen und gegen sie zu erhebenden Forderungen ans
Wechseln, Schenks und Anweisungen nicht durch Bargeld, sondern im Wege der
Abrechnung zu tilgen. Etwa dabei verbleibende Restbeträge zugunsten oder zu
Lasten eines Teilnehmers werden durch Gutschrift oder Belastung auf dein
Reichsbankgirokonto des Teilnehmers ausgeglichen, so daß jede Barzahlung
ausgeschlossen ist. Auch hier wieder suchte Koch gleichzeitig durch literarische
Arbeiten die Einführung und die Popularisierung der neuen Einrichtung zu fördern,
so insbesondere durch die Abhandlung: "Abrechnungsstellen in Deutschland und
deren Vorgänger" (1883).

Ferner suchte man im Jahre 1906, während bis dahin Banknoten nur in
Beträgen von nicht unter 100 Mark ausgegeben werde" durften, durch Schaffung
kleiner Banknoten von 50 und 20 Mark der namentlich bei kleinen Gehalts
und Lohnzahlungen im Verkehr hartnäckig festgehaltenen Gewohnheit der Gvld-
zahlung entgegenzunnrken. Ganz gegen alle Vorhersagungen hat man auch in
der Tat diesen Zweck in einem großen Umfange erreicht, da schon in sehr kurzer
Zeit der Verkehr nicht weniger als rund 300 Millionen Mark von diesen kleineren
Banknoten aufnahm und festhielt.

Endlich hat man in letzter Zeit auf Kochs eigenste Anregung hin eine
Hypothekenausgleichuugsstelle bei der Neichsbank, zunächst in Berlin, geschaffen,
um die gewaltigen Beträge an Hypothekengeldern und -zinsen, die meist gerade an
den infolge der Mieth-, Gehalts-, Prämien- usw. Zahlungen ohnehin schlimmsten


Richard Roch und die Reichsbank

anderen Seite wurde auf diesem Wege auch für die Reichsbank selbst der große
Vorteil erzielt, daß die durch die Einzahlungen der Girokunden oder Dritter für
deren Rechnung ihr zufließenden Gelder als Notendeckung im Sinne des Bank¬
gesetzes galten, so daß jede Erweiterung des Giroverkehrs zugleich eine Ver¬
mehrung des Banknotenumlaufs, also wiederum eine stärkere Unterstützung des
Kreditverkehrs ermöglichte.

Gleichzeitig kämpfte Koch sowohl im Wege organischer Reichsbankeinrichtungen
als literarisch für eine Einbürgerung des in Deutschland, im Gegensatz zu England,
noch sehr im argen liegenden Scheckverkehrs und für ein den Verkehrsbedürfnissen
entsprechendes populäres Scheckgesetz. Dabei war er durchdrungen von dein
zweifellos richtigen Gedanken, daß der Scheck, der sowohl den Vargeldgebrauch
als bis zu einem gewissen Grade auch den Banknotenumlauf beschränken soll,
nur dann seinen Zweck wirklich erfüllt, wenn seine Einlösung nicht in bar,
sondern durch Abrechnung erfolgt.

Um nun die Erledigung des Scheckverkehrs in immer größerem Umfange
statt durch Bareinlösung im Wege der Verrechnung zu ermöglichen und dadurch
gleichzeitig wieder den Scheckverkehr selbst zu heben, wurde unter energischer
Mitarbeit Kochs im Jahre 1883 eine größere Anzahl von Abrechnungsstellen
nach dem Muster der LleannZ Irvuses in London und New Dort sowohl in
Berlin wie an sonstigen großen deutschen Plätzen geschaffen. Die Mitglieder
dieser Abrechnungsstellen verpflichteten sich, unter Beteiligung und Leitung der
Neichsbank die von ihnen und gegen sie zu erhebenden Forderungen ans
Wechseln, Schenks und Anweisungen nicht durch Bargeld, sondern im Wege der
Abrechnung zu tilgen. Etwa dabei verbleibende Restbeträge zugunsten oder zu
Lasten eines Teilnehmers werden durch Gutschrift oder Belastung auf dein
Reichsbankgirokonto des Teilnehmers ausgeglichen, so daß jede Barzahlung
ausgeschlossen ist. Auch hier wieder suchte Koch gleichzeitig durch literarische
Arbeiten die Einführung und die Popularisierung der neuen Einrichtung zu fördern,
so insbesondere durch die Abhandlung: „Abrechnungsstellen in Deutschland und
deren Vorgänger" (1883).

Ferner suchte man im Jahre 1906, während bis dahin Banknoten nur in
Beträgen von nicht unter 100 Mark ausgegeben werde» durften, durch Schaffung
kleiner Banknoten von 50 und 20 Mark der namentlich bei kleinen Gehalts
und Lohnzahlungen im Verkehr hartnäckig festgehaltenen Gewohnheit der Gvld-
zahlung entgegenzunnrken. Ganz gegen alle Vorhersagungen hat man auch in
der Tat diesen Zweck in einem großen Umfange erreicht, da schon in sehr kurzer
Zeit der Verkehr nicht weniger als rund 300 Millionen Mark von diesen kleineren
Banknoten aufnahm und festhielt.

Endlich hat man in letzter Zeit auf Kochs eigenste Anregung hin eine
Hypothekenausgleichuugsstelle bei der Neichsbank, zunächst in Berlin, geschaffen,
um die gewaltigen Beträge an Hypothekengeldern und -zinsen, die meist gerade an
den infolge der Mieth-, Gehalts-, Prämien- usw. Zahlungen ohnehin schlimmsten


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[0028] Richard Roch und die Reichsbank anderen Seite wurde auf diesem Wege auch für die Reichsbank selbst der große Vorteil erzielt, daß die durch die Einzahlungen der Girokunden oder Dritter für deren Rechnung ihr zufließenden Gelder als Notendeckung im Sinne des Bank¬ gesetzes galten, so daß jede Erweiterung des Giroverkehrs zugleich eine Ver¬ mehrung des Banknotenumlaufs, also wiederum eine stärkere Unterstützung des Kreditverkehrs ermöglichte. Gleichzeitig kämpfte Koch sowohl im Wege organischer Reichsbankeinrichtungen als literarisch für eine Einbürgerung des in Deutschland, im Gegensatz zu England, noch sehr im argen liegenden Scheckverkehrs und für ein den Verkehrsbedürfnissen entsprechendes populäres Scheckgesetz. Dabei war er durchdrungen von dein zweifellos richtigen Gedanken, daß der Scheck, der sowohl den Vargeldgebrauch als bis zu einem gewissen Grade auch den Banknotenumlauf beschränken soll, nur dann seinen Zweck wirklich erfüllt, wenn seine Einlösung nicht in bar, sondern durch Abrechnung erfolgt. Um nun die Erledigung des Scheckverkehrs in immer größerem Umfange statt durch Bareinlösung im Wege der Verrechnung zu ermöglichen und dadurch gleichzeitig wieder den Scheckverkehr selbst zu heben, wurde unter energischer Mitarbeit Kochs im Jahre 1883 eine größere Anzahl von Abrechnungsstellen nach dem Muster der LleannZ Irvuses in London und New Dort sowohl in Berlin wie an sonstigen großen deutschen Plätzen geschaffen. Die Mitglieder dieser Abrechnungsstellen verpflichteten sich, unter Beteiligung und Leitung der Neichsbank die von ihnen und gegen sie zu erhebenden Forderungen ans Wechseln, Schenks und Anweisungen nicht durch Bargeld, sondern im Wege der Abrechnung zu tilgen. Etwa dabei verbleibende Restbeträge zugunsten oder zu Lasten eines Teilnehmers werden durch Gutschrift oder Belastung auf dein Reichsbankgirokonto des Teilnehmers ausgeglichen, so daß jede Barzahlung ausgeschlossen ist. Auch hier wieder suchte Koch gleichzeitig durch literarische Arbeiten die Einführung und die Popularisierung der neuen Einrichtung zu fördern, so insbesondere durch die Abhandlung: „Abrechnungsstellen in Deutschland und deren Vorgänger" (1883). Ferner suchte man im Jahre 1906, während bis dahin Banknoten nur in Beträgen von nicht unter 100 Mark ausgegeben werde» durften, durch Schaffung kleiner Banknoten von 50 und 20 Mark der namentlich bei kleinen Gehalts und Lohnzahlungen im Verkehr hartnäckig festgehaltenen Gewohnheit der Gvld- zahlung entgegenzunnrken. Ganz gegen alle Vorhersagungen hat man auch in der Tat diesen Zweck in einem großen Umfange erreicht, da schon in sehr kurzer Zeit der Verkehr nicht weniger als rund 300 Millionen Mark von diesen kleineren Banknoten aufnahm und festhielt. Endlich hat man in letzter Zeit auf Kochs eigenste Anregung hin eine Hypothekenausgleichuugsstelle bei der Neichsbank, zunächst in Berlin, geschaffen, um die gewaltigen Beträge an Hypothekengeldern und -zinsen, die meist gerade an den infolge der Mieth-, Gehalts-, Prämien- usw. Zahlungen ohnehin schlimmsten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/28>, abgerufen am 01.07.2024.