Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.Richard Koch und die Reichsbank ungefährliche Bahnen zu leiten, das Münz-, Geld- und Notenbankwesen in ein¬ In einem Wirtschaftsgebiet mit stürmischen Entwicklungsbedürfnissen, also Man ging zunächst, unter hervorragender Mitwirkung Kochs, daran, neben Richard Koch und die Reichsbank ungefährliche Bahnen zu leiten, das Münz-, Geld- und Notenbankwesen in ein¬ In einem Wirtschaftsgebiet mit stürmischen Entwicklungsbedürfnissen, also Man ging zunächst, unter hervorragender Mitwirkung Kochs, daran, neben <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0026" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/318309"/> <fw type="header" place="top"> Richard Koch und die Reichsbank</fw><lb/> <p xml:id="ID_70" prev="#ID_69"> ungefährliche Bahnen zu leiten, das Münz-, Geld- und Notenbankwesen in ein¬<lb/> heitlicher und sicherer Weise zu ordnen, das gesamte Wirtschaftsleben, insbesondere<lb/> die Schwankungen der Handels- und Zahlungsbilanz sowie der Kreditansprüche<lb/> des Verkehrs, von hoher Warte aus ständig zu beobachten und einen starken<lb/> Regulator der vielen auseinanderstrebenden Kräfte des Wirtschaftslebens zu<lb/> schaffen. Eine solche Einrichtung sollte in der am 1. Januar 1876 ins Leben<lb/> getretenen Neichsbank getroffen werden, der im Z 12 des Bankgesetzes vom<lb/> 14. März 1875 die hohe und schwierige Aufgabe gestellt wurde: „den Geld¬<lb/> umlauf im gesamten Reichsgebiete zu regeln, die Zahlungsausgleichungen zu<lb/> erleichtern" und, was in die zweite Linie gestellt wird, „für die Nutzbarmachung<lb/> verfügbaren Kapitals zu sorgen".</p><lb/> <p xml:id="ID_71"> In einem Wirtschaftsgebiet mit stürmischen Entwicklungsbedürfnissen, also<lb/> gewaltigem Kapitalbedarf, aber verhältnismäßig geringem Kapitalvorrat mußte<lb/> es besonders schwer werden, ein gewisses Gleichgewicht zwischen dem Bedarf<lb/> und den zu seiner Deckung zur Verfügung stehenden Umlaufsmitteln herzustellen.<lb/> Ebenso schwierig war es, die Art und den Umfang dieser Umlaufsmittel so<lb/> dehnbar zu gestalten, daß sie den wechselnden und schwankenden Bedürfnissen<lb/> jederzeit zu entsprechen vermochten. Die Erfüllung beider Aufgaben wurde nicht<lb/> nur durch die beständig wechselnden Kreditbedürfnisse des Inlands, sondern auch<lb/> durch die an der Golddecke zerrenden Anforderungen des Auslands erschwert,<lb/> die beide mitunter, so im Jahre 1907, in stürmischster Weise gleichzeitig sich<lb/> meldeten.</p><lb/> <p xml:id="ID_72" next="#ID_73"> Man ging zunächst, unter hervorragender Mitwirkung Kochs, daran, neben<lb/> einer Ordnung des Verhältnisses der Reichsbank zu den bestehenden, jedoch unter<lb/> dem Druck der Verhältnisse und der Gesetzgebung in immer größerer Zahl ein¬<lb/> gehenden Privatnotenbanken, die Grundlage der gesamten Geld- und Kredit¬<lb/> organisation durch Einführung der Goldwährung in immer festerer und sicherer<lb/> Weise zu gestalten. Aber jeder Schritt auf diesem Gebiete kostete schwere Kämpfe<lb/> gegenüber den im Besitz der politischen Macht befindlichen Vertretern des<lb/> Bimetallismus, die etwa zehn Jahre lang im Reichstag die Mehrheit hatten.<lb/> Im Jahre 1871 ordnete man die Ausprägung von Reichsgoldmünzen an, denen<lb/> man die Eigenschaft eines gesetzlichen Zahlungsmittels beilegte; man ermächtigte<lb/> den Reichskanzler zur Einziehung der bisherigen groben Silbermünzen der<lb/> Bundesstaaten und untersagte auch die weitere Ausprägung der letzteren. Von<lb/> da ab bis zu dem Gesetz vom 1. Juni 1900, das die allmähliche Einziehung<lb/> der noch mit gesetzlicher Zahlkraft ausgestattet gewesenen Taler beschleunigte,<lb/> und bis zu der fast sakramentalen Formel des § 1 des Münzgesetzes vom<lb/> I.Juni 1909: „Im Deutschen Reiche gilt die Goldwährung", waren vor und<lb/> hinter den Kulissen erbitterte Schlachten zu schlagen, die, angesichts der Macht<lb/> der Gegner, nur ein so zäher, von seiner Überzeugung getragener Mann, wie<lb/> es Koch gewesen ist, siegreich bestehen konnte. Es ist nicht unmöglich, daß selbst<lb/> Bismarck unter dem Einfluß dieser Gegner Kochs mitunter, namentlich beim</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0026]
Richard Koch und die Reichsbank
ungefährliche Bahnen zu leiten, das Münz-, Geld- und Notenbankwesen in ein¬
heitlicher und sicherer Weise zu ordnen, das gesamte Wirtschaftsleben, insbesondere
die Schwankungen der Handels- und Zahlungsbilanz sowie der Kreditansprüche
des Verkehrs, von hoher Warte aus ständig zu beobachten und einen starken
Regulator der vielen auseinanderstrebenden Kräfte des Wirtschaftslebens zu
schaffen. Eine solche Einrichtung sollte in der am 1. Januar 1876 ins Leben
getretenen Neichsbank getroffen werden, der im Z 12 des Bankgesetzes vom
14. März 1875 die hohe und schwierige Aufgabe gestellt wurde: „den Geld¬
umlauf im gesamten Reichsgebiete zu regeln, die Zahlungsausgleichungen zu
erleichtern" und, was in die zweite Linie gestellt wird, „für die Nutzbarmachung
verfügbaren Kapitals zu sorgen".
In einem Wirtschaftsgebiet mit stürmischen Entwicklungsbedürfnissen, also
gewaltigem Kapitalbedarf, aber verhältnismäßig geringem Kapitalvorrat mußte
es besonders schwer werden, ein gewisses Gleichgewicht zwischen dem Bedarf
und den zu seiner Deckung zur Verfügung stehenden Umlaufsmitteln herzustellen.
Ebenso schwierig war es, die Art und den Umfang dieser Umlaufsmittel so
dehnbar zu gestalten, daß sie den wechselnden und schwankenden Bedürfnissen
jederzeit zu entsprechen vermochten. Die Erfüllung beider Aufgaben wurde nicht
nur durch die beständig wechselnden Kreditbedürfnisse des Inlands, sondern auch
durch die an der Golddecke zerrenden Anforderungen des Auslands erschwert,
die beide mitunter, so im Jahre 1907, in stürmischster Weise gleichzeitig sich
meldeten.
Man ging zunächst, unter hervorragender Mitwirkung Kochs, daran, neben
einer Ordnung des Verhältnisses der Reichsbank zu den bestehenden, jedoch unter
dem Druck der Verhältnisse und der Gesetzgebung in immer größerer Zahl ein¬
gehenden Privatnotenbanken, die Grundlage der gesamten Geld- und Kredit¬
organisation durch Einführung der Goldwährung in immer festerer und sicherer
Weise zu gestalten. Aber jeder Schritt auf diesem Gebiete kostete schwere Kämpfe
gegenüber den im Besitz der politischen Macht befindlichen Vertretern des
Bimetallismus, die etwa zehn Jahre lang im Reichstag die Mehrheit hatten.
Im Jahre 1871 ordnete man die Ausprägung von Reichsgoldmünzen an, denen
man die Eigenschaft eines gesetzlichen Zahlungsmittels beilegte; man ermächtigte
den Reichskanzler zur Einziehung der bisherigen groben Silbermünzen der
Bundesstaaten und untersagte auch die weitere Ausprägung der letzteren. Von
da ab bis zu dem Gesetz vom 1. Juni 1900, das die allmähliche Einziehung
der noch mit gesetzlicher Zahlkraft ausgestattet gewesenen Taler beschleunigte,
und bis zu der fast sakramentalen Formel des § 1 des Münzgesetzes vom
I.Juni 1909: „Im Deutschen Reiche gilt die Goldwährung", waren vor und
hinter den Kulissen erbitterte Schlachten zu schlagen, die, angesichts der Macht
der Gegner, nur ein so zäher, von seiner Überzeugung getragener Mann, wie
es Koch gewesen ist, siegreich bestehen konnte. Es ist nicht unmöglich, daß selbst
Bismarck unter dem Einfluß dieser Gegner Kochs mitunter, namentlich beim
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