Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.Die internationale Sprache Ähnlich steht es mit "sjo", das den Ort bezeichnet, wo etwas geschieht, Vielleicht interessieren von dieser Art Wortbildungssilben noch "inZo" und Ich habe bisher im wesentlichen nur von Hauptwörtern gesprochen. Auch In den natürlichen Sprachen entscheidet über die Richtigkeit lediglich der Die internationale Sprache Ähnlich steht es mit „sjo", das den Ort bezeichnet, wo etwas geschieht, Vielleicht interessieren von dieser Art Wortbildungssilben noch „inZo" und Ich habe bisher im wesentlichen nur von Hauptwörtern gesprochen. Auch In den natürlichen Sprachen entscheidet über die Richtigkeit lediglich der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0219" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/318502"/> <fw type="header" place="top"> Die internationale Sprache</fw><lb/> <p xml:id="ID_1044"> Ähnlich steht es mit „sjo", das den Ort bezeichnet, wo etwas geschieht,<lb/> das mit dem Begriff des Stammwortes in Zusammenhang steht: lerni (lernen)<lb/> tel-nejo (Schule), Kulm (kochen) Kuirejo (Küche), trinki (trinken) trinkejo<lb/> (Trinkstube oder bei Tieren die Tränke), bapti (taufen) baptejo (Baptisterium),<lb/> rssti (bleiben) reZtejo (Aufenthaltsort). So verhält es sich auch mit „no",<lb/> das Mittel oder Werkzeug bedeutet. Unser Wort „Messer" ist entweder ein<lb/> Mittel zum Schneiden oder zum Messen; wir haben daher im Esperanto<lb/> trauen! (schneiden) trancnilo (Messer), me?uri (messen), M8-me?uri!o (Gas¬<lb/> messer), veturi (fahren) veturilo (Wagen), 8onori (läuten) 80norilo (Glocke),<lb/> batall (kämpfen) batalilv (Waffe).</p><lb/> <p xml:id="ID_1045"> Vielleicht interessieren von dieser Art Wortbildungssilben noch „inZo" und<lb/> „u^v"; beide bedeuten Behältnisse, und zwar inZo, was etwas zum Teil, ujo,<lb/> was etwas ganz in sich aufnimmt. So haben wir eiMnn^o (Zigarrenspitze),<lb/> LlZÄrujo (Zigarrentasche), Kanäelo (Kerze) KanclelinZo (Leuchter), into (Tinte)<lb/> inkujv (Tintenfaß), plumo (Feder) plumin^o (Federhalter). Beides kann<lb/> natürlich auch zusammen vorkommen: LiZarinZujo wäre das Etui sür die<lb/> Zigarrenspitze, inKuMM der Schreibzeugständer, in den man das Tintenfaß<lb/> hineinsteckt. Das ganze Schreibzeug als die Einheit der Mittel, die zum Schreiben<lb/> gehören, heißt nach den vorher besprochenen Regeln Zkribilarc».</p><lb/> <p xml:id="ID_1046"> Ich habe bisher im wesentlichen nur von Hauptwörtern gesprochen. Auch<lb/> bei der Bildung von Wörtern aus anderen Klassen ist Esperanto an Einfachheit<lb/> und Regelmäßigkeit den anderen Sprachen überlegen. Man braucht nur den<lb/> Stamm zu kennen, um, wo es begrifflich möglich ist, sofort das zugehörige<lb/> Hauptwort (auf o), Eigenschaftswort (auf a), Zeitwort (auf i), Umstandswort<lb/> (auf e) zu haben. Eine Unmenge Schwierigkeiten der natürlichen Sprachen ist<lb/> damit vermieden. So leiten wir zum Beispiel von Staat das Eigenschaftswort<lb/> staatlich ab, von Stadt aber städtisch. Bei weiteren Ableitungen kommen weitere<lb/> Unregelmäßigkeiten vor. Wie man von einer Verstaatlichung der Eisenbahn<lb/> spricht, müßte man entsprechend auch bei einem Städtischmachen von Verstädtischung<lb/> sprechen, statt dessen hat sich das ganz falsch gebildete Verstadtlichung durch¬<lb/> gesetzt. Das sind so Launen in der natürlichen Sprache, die uns gar nicht mehr<lb/> auffallen, und was manche als organisches Leben betrachten, ist in Wahrheit<lb/> nichts anderes als durch Gewohnheit geheiligte Willkür, Gedankenlosigkeit und<lb/> Bequemlichkeit.</p><lb/> <p xml:id="ID_1047" next="#ID_1048"> In den natürlichen Sprachen entscheidet über die Richtigkeit lediglich der<lb/> Gebrauch. In Esperanto ist alles richtig, was regelmäßig gebildet ist; daher<lb/> gibt es Wörter, denen in den natürlichen Sprachen keine ähnlich gebildeten<lb/> entsprechen, bei den verschiedenen Sprachen in verschiedener Weise. Nur scherzhaft<lb/> sprechen wir im Deutschen zum Beispiel von einem ab'en Knopf, einem zu'nen<lb/> Fenster, von durch'em Käse, — im Esperanto wäre es richtig. Zum Beispiel<lb/> heißt weg lor, mit der Eigenschaftsendung a erhält man richtig und verständlich<lb/> tora libro (ein weg'es Buch). Nur heißt „nur", la nura vivo, das bloße</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0219]
Die internationale Sprache
Ähnlich steht es mit „sjo", das den Ort bezeichnet, wo etwas geschieht,
das mit dem Begriff des Stammwortes in Zusammenhang steht: lerni (lernen)
tel-nejo (Schule), Kulm (kochen) Kuirejo (Küche), trinki (trinken) trinkejo
(Trinkstube oder bei Tieren die Tränke), bapti (taufen) baptejo (Baptisterium),
rssti (bleiben) reZtejo (Aufenthaltsort). So verhält es sich auch mit „no",
das Mittel oder Werkzeug bedeutet. Unser Wort „Messer" ist entweder ein
Mittel zum Schneiden oder zum Messen; wir haben daher im Esperanto
trauen! (schneiden) trancnilo (Messer), me?uri (messen), M8-me?uri!o (Gas¬
messer), veturi (fahren) veturilo (Wagen), 8onori (läuten) 80norilo (Glocke),
batall (kämpfen) batalilv (Waffe).
Vielleicht interessieren von dieser Art Wortbildungssilben noch „inZo" und
„u^v"; beide bedeuten Behältnisse, und zwar inZo, was etwas zum Teil, ujo,
was etwas ganz in sich aufnimmt. So haben wir eiMnn^o (Zigarrenspitze),
LlZÄrujo (Zigarrentasche), Kanäelo (Kerze) KanclelinZo (Leuchter), into (Tinte)
inkujv (Tintenfaß), plumo (Feder) plumin^o (Federhalter). Beides kann
natürlich auch zusammen vorkommen: LiZarinZujo wäre das Etui sür die
Zigarrenspitze, inKuMM der Schreibzeugständer, in den man das Tintenfaß
hineinsteckt. Das ganze Schreibzeug als die Einheit der Mittel, die zum Schreiben
gehören, heißt nach den vorher besprochenen Regeln Zkribilarc».
Ich habe bisher im wesentlichen nur von Hauptwörtern gesprochen. Auch
bei der Bildung von Wörtern aus anderen Klassen ist Esperanto an Einfachheit
und Regelmäßigkeit den anderen Sprachen überlegen. Man braucht nur den
Stamm zu kennen, um, wo es begrifflich möglich ist, sofort das zugehörige
Hauptwort (auf o), Eigenschaftswort (auf a), Zeitwort (auf i), Umstandswort
(auf e) zu haben. Eine Unmenge Schwierigkeiten der natürlichen Sprachen ist
damit vermieden. So leiten wir zum Beispiel von Staat das Eigenschaftswort
staatlich ab, von Stadt aber städtisch. Bei weiteren Ableitungen kommen weitere
Unregelmäßigkeiten vor. Wie man von einer Verstaatlichung der Eisenbahn
spricht, müßte man entsprechend auch bei einem Städtischmachen von Verstädtischung
sprechen, statt dessen hat sich das ganz falsch gebildete Verstadtlichung durch¬
gesetzt. Das sind so Launen in der natürlichen Sprache, die uns gar nicht mehr
auffallen, und was manche als organisches Leben betrachten, ist in Wahrheit
nichts anderes als durch Gewohnheit geheiligte Willkür, Gedankenlosigkeit und
Bequemlichkeit.
In den natürlichen Sprachen entscheidet über die Richtigkeit lediglich der
Gebrauch. In Esperanto ist alles richtig, was regelmäßig gebildet ist; daher
gibt es Wörter, denen in den natürlichen Sprachen keine ähnlich gebildeten
entsprechen, bei den verschiedenen Sprachen in verschiedener Weise. Nur scherzhaft
sprechen wir im Deutschen zum Beispiel von einem ab'en Knopf, einem zu'nen
Fenster, von durch'em Käse, — im Esperanto wäre es richtig. Zum Beispiel
heißt weg lor, mit der Eigenschaftsendung a erhält man richtig und verständlich
tora libro (ein weg'es Buch). Nur heißt „nur", la nura vivo, das bloße
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