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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

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Argentinien erfolgen*), wo zahlreiche deutsche Ansiedlungen bestehen, mit denen
Deutschland sich in regem Handelsverkehr befindet.

Beachtenswert sind bei diesem Kabel die zahlreichen Zwischenstationen.
Man zapft neuerdings vielfach zahlreiche Küstenplätze an, weil bei der direkten
Verbindung zweier Orte wegen des beendeten Ausbaues des Weltkabelnetzes
dem Kabel zu wenig Verkehr zufließen würde, wodurch die Rentabilität des
Unternehmens fraglich wäre.

Vorläufig fehlt noch jede Aussicht für Deutschland, nach seinem ostafrika-
nischen Besitz eine eigene telegraphische Verbindung zu erhalten. Vielmehr ist
Deutschland hier auf englische Kabel angewiesen. Die Verhältnisse liegen hier
äußerst ungünstig. Der Weg durch das Note Meer ist aus verschiedenen Gründen
zurzeit nicht benutzbar. Um das Kap der guten Hoffnung ist bis heute noch
kein Kabel verlegt worden, weil der Meeresgrund dort flach ist und durch die
Vermischung des warmen Agulhasstromcs aus dem Indischen Ozean mit dem
kalten südatlantischen Verbindungsstrom starke, das Kabel angreifende Temperatur¬
schwankungen des Wassers und heftige, plötzlich entstehende Stürme und Gewitter¬
böen auftreten.

Noch ungünstiger als mit Deutsch-Ostafrika verhält es sich mit der tele¬
graphischen Verbindung der deutschen Besitzungen in der Südsee. Bis
auf Jay entbehren alle diese noch heute jedes telegraphischen Anschlusses, und
Telegramme dorthin müssen von den nächsten Telegraphenstationen mit Dampfer
befördert werden, z. B. nach Deutsch-Neuguinea von Jay oder Manila oder
Sidneu, nach den Karolinen-, Mariannen- und Marschallinseln von Jay oder
Sidnev, nach den Palauinseln von Jay oder Hongkong und nach Samoa von
Auckland (Neuseeland) oder Suva auf den Fidschiinseln. So erklärt sich, daß
die Nachricht über den jüngsten Aufstand auf Ponape Ende vorigen Jahres
nahezu vier Wochen unterwegs war. Welche großen Gefahren dies in sich
birgt, bedarf mit Rücksicht auf diese Vorkommnisse keiner Ausführung.

Dem Übelstand läßt sich nicht immer durch die Legung von Kabeln abhelfen.
Die Kabel sind teuer -- 1 Kilometer kostet etwa 2400 Mark**) -- und an eine
Rentabilität ist in jenen Gegenden bei dem schwachen Verkehr nicht zu denken.
Da wird Deutschland bei seiner Kabelpolitik die jüngste Schwester der Kabel
im überseeischen Schnellverkehr, die drahtlose Telegraphie, nicht außer acht lassen
dürfen. Zwar erscheint für absehbare Zeit ein Wettbewerb mit den großen
Kabellinien, wie hier und da behauptet wird -- wodurch vor einigen Jahren
die Kurse der englischen Kabelaktien einen rapiden Sturz erfuhren, von dem
sie sich aber nach der Ernüchterung der Interessenten bald wieder erholten --,
ausgeschlossen. Aber zur Ergänzung des Kabelnetzes hat sich die Funkentelegraphie
als völlig brauchbar und wertvoll erwiesen. Daher hat auch die Reichsregierung




*) Weiteres hierüber s, Rvscher, "Die Knvel des Weltverkehrs". Berlin 1911.
"
A. n. O, S, 64 f. -- Siehe auch Lenschan, "Deutsche Kabellinien. Berlin 1900.
S. 45. -- Thurn, "Die Seekadet". Leipzig 1909. S. 216.
Reichsspiegcl

Argentinien erfolgen*), wo zahlreiche deutsche Ansiedlungen bestehen, mit denen
Deutschland sich in regem Handelsverkehr befindet.

Beachtenswert sind bei diesem Kabel die zahlreichen Zwischenstationen.
Man zapft neuerdings vielfach zahlreiche Küstenplätze an, weil bei der direkten
Verbindung zweier Orte wegen des beendeten Ausbaues des Weltkabelnetzes
dem Kabel zu wenig Verkehr zufließen würde, wodurch die Rentabilität des
Unternehmens fraglich wäre.

Vorläufig fehlt noch jede Aussicht für Deutschland, nach seinem ostafrika-
nischen Besitz eine eigene telegraphische Verbindung zu erhalten. Vielmehr ist
Deutschland hier auf englische Kabel angewiesen. Die Verhältnisse liegen hier
äußerst ungünstig. Der Weg durch das Note Meer ist aus verschiedenen Gründen
zurzeit nicht benutzbar. Um das Kap der guten Hoffnung ist bis heute noch
kein Kabel verlegt worden, weil der Meeresgrund dort flach ist und durch die
Vermischung des warmen Agulhasstromcs aus dem Indischen Ozean mit dem
kalten südatlantischen Verbindungsstrom starke, das Kabel angreifende Temperatur¬
schwankungen des Wassers und heftige, plötzlich entstehende Stürme und Gewitter¬
böen auftreten.

Noch ungünstiger als mit Deutsch-Ostafrika verhält es sich mit der tele¬
graphischen Verbindung der deutschen Besitzungen in der Südsee. Bis
auf Jay entbehren alle diese noch heute jedes telegraphischen Anschlusses, und
Telegramme dorthin müssen von den nächsten Telegraphenstationen mit Dampfer
befördert werden, z. B. nach Deutsch-Neuguinea von Jay oder Manila oder
Sidneu, nach den Karolinen-, Mariannen- und Marschallinseln von Jay oder
Sidnev, nach den Palauinseln von Jay oder Hongkong und nach Samoa von
Auckland (Neuseeland) oder Suva auf den Fidschiinseln. So erklärt sich, daß
die Nachricht über den jüngsten Aufstand auf Ponape Ende vorigen Jahres
nahezu vier Wochen unterwegs war. Welche großen Gefahren dies in sich
birgt, bedarf mit Rücksicht auf diese Vorkommnisse keiner Ausführung.

Dem Übelstand läßt sich nicht immer durch die Legung von Kabeln abhelfen.
Die Kabel sind teuer — 1 Kilometer kostet etwa 2400 Mark**) — und an eine
Rentabilität ist in jenen Gegenden bei dem schwachen Verkehr nicht zu denken.
Da wird Deutschland bei seiner Kabelpolitik die jüngste Schwester der Kabel
im überseeischen Schnellverkehr, die drahtlose Telegraphie, nicht außer acht lassen
dürfen. Zwar erscheint für absehbare Zeit ein Wettbewerb mit den großen
Kabellinien, wie hier und da behauptet wird — wodurch vor einigen Jahren
die Kurse der englischen Kabelaktien einen rapiden Sturz erfuhren, von dem
sie sich aber nach der Ernüchterung der Interessenten bald wieder erholten —,
ausgeschlossen. Aber zur Ergänzung des Kabelnetzes hat sich die Funkentelegraphie
als völlig brauchbar und wertvoll erwiesen. Daher hat auch die Reichsregierung




*) Weiteres hierüber s, Rvscher, „Die Knvel des Weltverkehrs". Berlin 1911.
"
A. n. O, S, 64 f. — Siehe auch Lenschan, „Deutsche Kabellinien. Berlin 1900.
S. 45. — Thurn, „Die Seekadet". Leipzig 1909. S. 216.
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[0203] Reichsspiegcl Argentinien erfolgen*), wo zahlreiche deutsche Ansiedlungen bestehen, mit denen Deutschland sich in regem Handelsverkehr befindet. Beachtenswert sind bei diesem Kabel die zahlreichen Zwischenstationen. Man zapft neuerdings vielfach zahlreiche Küstenplätze an, weil bei der direkten Verbindung zweier Orte wegen des beendeten Ausbaues des Weltkabelnetzes dem Kabel zu wenig Verkehr zufließen würde, wodurch die Rentabilität des Unternehmens fraglich wäre. Vorläufig fehlt noch jede Aussicht für Deutschland, nach seinem ostafrika- nischen Besitz eine eigene telegraphische Verbindung zu erhalten. Vielmehr ist Deutschland hier auf englische Kabel angewiesen. Die Verhältnisse liegen hier äußerst ungünstig. Der Weg durch das Note Meer ist aus verschiedenen Gründen zurzeit nicht benutzbar. Um das Kap der guten Hoffnung ist bis heute noch kein Kabel verlegt worden, weil der Meeresgrund dort flach ist und durch die Vermischung des warmen Agulhasstromcs aus dem Indischen Ozean mit dem kalten südatlantischen Verbindungsstrom starke, das Kabel angreifende Temperatur¬ schwankungen des Wassers und heftige, plötzlich entstehende Stürme und Gewitter¬ böen auftreten. Noch ungünstiger als mit Deutsch-Ostafrika verhält es sich mit der tele¬ graphischen Verbindung der deutschen Besitzungen in der Südsee. Bis auf Jay entbehren alle diese noch heute jedes telegraphischen Anschlusses, und Telegramme dorthin müssen von den nächsten Telegraphenstationen mit Dampfer befördert werden, z. B. nach Deutsch-Neuguinea von Jay oder Manila oder Sidneu, nach den Karolinen-, Mariannen- und Marschallinseln von Jay oder Sidnev, nach den Palauinseln von Jay oder Hongkong und nach Samoa von Auckland (Neuseeland) oder Suva auf den Fidschiinseln. So erklärt sich, daß die Nachricht über den jüngsten Aufstand auf Ponape Ende vorigen Jahres nahezu vier Wochen unterwegs war. Welche großen Gefahren dies in sich birgt, bedarf mit Rücksicht auf diese Vorkommnisse keiner Ausführung. Dem Übelstand läßt sich nicht immer durch die Legung von Kabeln abhelfen. Die Kabel sind teuer — 1 Kilometer kostet etwa 2400 Mark**) — und an eine Rentabilität ist in jenen Gegenden bei dem schwachen Verkehr nicht zu denken. Da wird Deutschland bei seiner Kabelpolitik die jüngste Schwester der Kabel im überseeischen Schnellverkehr, die drahtlose Telegraphie, nicht außer acht lassen dürfen. Zwar erscheint für absehbare Zeit ein Wettbewerb mit den großen Kabellinien, wie hier und da behauptet wird — wodurch vor einigen Jahren die Kurse der englischen Kabelaktien einen rapiden Sturz erfuhren, von dem sie sich aber nach der Ernüchterung der Interessenten bald wieder erholten —, ausgeschlossen. Aber zur Ergänzung des Kabelnetzes hat sich die Funkentelegraphie als völlig brauchbar und wertvoll erwiesen. Daher hat auch die Reichsregierung *) Weiteres hierüber s, Rvscher, „Die Knvel des Weltverkehrs". Berlin 1911. " A. n. O, S, 64 f. — Siehe auch Lenschan, „Deutsche Kabellinien. Berlin 1900. S. 45. — Thurn, „Die Seekadet". Leipzig 1909. S. 216.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/203>, abgerufen am 01.10.2024.