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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

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Die Kabel wurden 1905 zwischen Menado (Celebes), demi Alischlußpunkt
des niederländisch-indischen Netzes, --Jay (1992 Ka), zwischen Jay-- Guam,
dem Anschlußort des Pazifikkabels (1042 Ka), und zwischen Jay--Schanghai
(3295 Ku, zusammen rund 6330 Ka) von den "Norddeutschen Seekabelwerken"
verlegt. Obgleich Tiefen von etwa 8000 in in Betracht kamen, ging die Legung
glatt vonstatten. Der Betrieb auf den neuen Kabeln ist gut. Die junge
deutsche Seekabelindustrie hatte wiederum eine glänzende Probe ihrer Leistungs¬
fähigkeit abgelegt.

Der neue Weg bot auch Gelegenheit zu telegraphischer Verbindung des
Kiautschougebiets an diese nicht englische Linie, indem Schanghai mit Tsingtau
und dieses mit Tschifu verbunden wurde.

Eine andere deutsche Linie wurde fast gleichzeitig geschaffen, die zwar von
geringer Bedeutung, aber ungleich größerer Wichtigkeit ist. Trotz der großen
Schwierigkeiten seitens der "Eastern Telegraph Company", die bis 1934
die ausschließliche Landungserlaubnis in der Türkei besaß, gelang es der
auf Grund eines Staats vertrag es zwischen Deutschland und Rumänien
gegründeten "Osteuropäischen Telegraphengesellschaft" in Köln, das
Landungsrecht zu erwerben und ein Kabel im Schwarzen Meer, vom
rumänischen Hafen Konftantza nach Konstantinopel, zu legen. Hierdurch
schuf sich Deutschland einen von den schlechten türkischen Telegraphenlinien
unabhängigen Weg über Berlin--Breslau--Bukarest nach Konstantinopel.
Die Kabellinie ist bei der Wichtigkeit der Balkanhalbinsel für die Auslands¬
politik der europäischen Großstaaten von nicht zu unterschätzender Bedeutung,
zumal sie vielleicht zu einer fast nur deutschen Telegraphenlinie an der
neuen, durch die jüngsten Verlautbarungen ja bis Bagdad gesicherten Bagdad¬
bahn und womöglich bis zum Persischen Golf und somit bis Indien und
darüber hinaus als Vorstufe dient.

Schließlich hat Deutschland sich die Schaffung einer eigenen Unterseeverbindung
nach der Westhälfte Afrikas und zur Unterstützung seines bedeutenden, ständig
wachsenden Handelsverkehrs mit Südamerika nach letzterem angelegen sein lassen.
Eine unabhängige Verbindung mit Togo, Kamerun und Deutsch-Südwestafrika
ist durch die Legung des Kabels der "Deutsch-Südamerikanischen Telegraphen¬
gesellschaft" von Emden über Teneriffa nach der bis dahin überhaupt noch nicht
angeschlossenen Hauptstadt der Negerrepublik Liberia, Monrovia (1909 und 1910),
vorbereitet worden. Auch hier fungierte die Firma Felder u. Guilleaume wieder
als Unterhändler. Die deutsche Regierung zahlt für die einzelnen Teilstrecken
des Kabels auf vierzig Jahre Subventionen. Dagegen werden 75 Prozent der
Gebühreneinnahmen auf die Beihilfe verrechnet. Von Monrovia wird das
Kabel bis nach Brasilien (Pernambuco) verlängert werden; die Meldung über
die Vollendung dieses Weges kann jeden Tag eintreffen. Außerdem wird vor¬
aussichtlich von Monrovia eine Abzweigung nach den deutschen Kolonien an der
Westküste Afrikas und von Pernambuco vielleicht auch eine Weiterführung nach


Reichsspicgcl

Die Kabel wurden 1905 zwischen Menado (Celebes), demi Alischlußpunkt
des niederländisch-indischen Netzes, —Jay (1992 Ka), zwischen Jay— Guam,
dem Anschlußort des Pazifikkabels (1042 Ka), und zwischen Jay—Schanghai
(3295 Ku, zusammen rund 6330 Ka) von den „Norddeutschen Seekabelwerken"
verlegt. Obgleich Tiefen von etwa 8000 in in Betracht kamen, ging die Legung
glatt vonstatten. Der Betrieb auf den neuen Kabeln ist gut. Die junge
deutsche Seekabelindustrie hatte wiederum eine glänzende Probe ihrer Leistungs¬
fähigkeit abgelegt.

Der neue Weg bot auch Gelegenheit zu telegraphischer Verbindung des
Kiautschougebiets an diese nicht englische Linie, indem Schanghai mit Tsingtau
und dieses mit Tschifu verbunden wurde.

Eine andere deutsche Linie wurde fast gleichzeitig geschaffen, die zwar von
geringer Bedeutung, aber ungleich größerer Wichtigkeit ist. Trotz der großen
Schwierigkeiten seitens der „Eastern Telegraph Company", die bis 1934
die ausschließliche Landungserlaubnis in der Türkei besaß, gelang es der
auf Grund eines Staats vertrag es zwischen Deutschland und Rumänien
gegründeten „Osteuropäischen Telegraphengesellschaft" in Köln, das
Landungsrecht zu erwerben und ein Kabel im Schwarzen Meer, vom
rumänischen Hafen Konftantza nach Konstantinopel, zu legen. Hierdurch
schuf sich Deutschland einen von den schlechten türkischen Telegraphenlinien
unabhängigen Weg über Berlin—Breslau—Bukarest nach Konstantinopel.
Die Kabellinie ist bei der Wichtigkeit der Balkanhalbinsel für die Auslands¬
politik der europäischen Großstaaten von nicht zu unterschätzender Bedeutung,
zumal sie vielleicht zu einer fast nur deutschen Telegraphenlinie an der
neuen, durch die jüngsten Verlautbarungen ja bis Bagdad gesicherten Bagdad¬
bahn und womöglich bis zum Persischen Golf und somit bis Indien und
darüber hinaus als Vorstufe dient.

Schließlich hat Deutschland sich die Schaffung einer eigenen Unterseeverbindung
nach der Westhälfte Afrikas und zur Unterstützung seines bedeutenden, ständig
wachsenden Handelsverkehrs mit Südamerika nach letzterem angelegen sein lassen.
Eine unabhängige Verbindung mit Togo, Kamerun und Deutsch-Südwestafrika
ist durch die Legung des Kabels der „Deutsch-Südamerikanischen Telegraphen¬
gesellschaft" von Emden über Teneriffa nach der bis dahin überhaupt noch nicht
angeschlossenen Hauptstadt der Negerrepublik Liberia, Monrovia (1909 und 1910),
vorbereitet worden. Auch hier fungierte die Firma Felder u. Guilleaume wieder
als Unterhändler. Die deutsche Regierung zahlt für die einzelnen Teilstrecken
des Kabels auf vierzig Jahre Subventionen. Dagegen werden 75 Prozent der
Gebühreneinnahmen auf die Beihilfe verrechnet. Von Monrovia wird das
Kabel bis nach Brasilien (Pernambuco) verlängert werden; die Meldung über
die Vollendung dieses Weges kann jeden Tag eintreffen. Außerdem wird vor¬
aussichtlich von Monrovia eine Abzweigung nach den deutschen Kolonien an der
Westküste Afrikas und von Pernambuco vielleicht auch eine Weiterführung nach


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/202>, abgerufen am 03.07.2024.