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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr.

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Inzwischen hatte Deutschland weitere Schritte auf dem Wege einer gro߬
zügigen Kabelpolitik unternommen. Im Jahre 1903 wurde fast gleichzeitig mit
dem "altbritischen" Pazifikkabel (das Vancouver mit Fcmning, den Fidschiinseln
und Norfolk verbindet, von wo ein Zweig nach Neuseeland, der andere nach
dem australischen Kontinent verläuft) von einer Tochtergesellschaft der erwähnten
"Commercial Cable Company" -- übrigens ohne jede staatliche Unterstützung --
das "panamerikanische" Pazifikkabel gelegt. Es führt von San Francisco, dem
Endpunkte der amerikanischen Lautumien, über Honolulu, die Midwaninsel nach
der zu den amerikanischen Mariannen gehörenden Insel Guam, wo es sich einer¬
seits nach Manila auf den Philippinen, die mit dem ostasiatischen Festlande
verbunden sind, anderseits nach den Boeininseln verzweigt, von wo Japan
später ein Staatskabel nach Tokio verlegte.

Jetzt waren Deutschland und die Niederlande in der Lage, einen
von England unabhängigen Weg nach ihren Besitzungen in niederländisch-Jndien
und der Südsee zu schaffen. Den nach Abschluß eines Vertrages zwischen den
beiden Staaten für die Vorbereitungen gewonnenen Unterhändlern -- deutscher¬
seits der Firma Felder u. Guilleaume und niederländischerseits den: Hauptmann
le Roy -- gelang es nach langwierigen Verhandlungen, die Anschließung an
das amerikanische Pazifikkabel, die Zuführung ausreichenden Verkehrs, die
Weiterleitung des Verkehrs der neuen Kabel über die Anschlußstrecke und die
amerikanischen Lautumien und die erforderlichen Landungsrechte zu erlangen.
Nunmehr erteilten die beiden Regierungen 1904 ihre endgültigen Konzessionen
zur Auslegung und zum Betrieb der Kabel für vierzig Jahre. Auf die Dauer
von zwanzig Jahren zahlt die deutsche Regierung 1525000 Mark und die
niederländische 375000 Mark jährlich Beihilfe. Auf die Beihilfe kommen zu
gleichen Teilen die Einnahmen aus den auf sämtliche unterstützten Kabel ent¬
fallenden Kabelanteilen mit 90 Prozent in Anrechnung. Regierungstelegramme
beider Regierungen genießen auf den Linien der Unternehmer eine Gebühren¬
ermäßigung von 50 Prozent. In der Leitung der Gesellschaft und im Aufsichtsrat
müssen Angehörige beider Staaten vertreten sein. Von Wichtigkeit und Interesse
ist eine Bestimmung, die schon mehrfach zur Sicherung der staatlichen Rechte
bei anderen Unternehmungen angewandt und auch gegenüber Kartellen und
Trusts vorgeschlagen wurde, daß nämlich die beiden Regierungen sich bei der
Gesellschaft durch je einen mit besonderen Rechten ausgestatteten Kommissar ver¬
treten lassen, der zu allen Sitzungen des Aufsichtsrats und zu allen General¬
versammlungen einzuladen ist. Auf diese Weise sind die Regierungen jederzeit
in der Lage, sich genau über die Absichten der Gesellschaft zu unterrichten und
rechtzeitig ihre Interessen zu wahren.

Auf Grund dieser Konzessionen und nach Abschluß der Vorbereitungen wurde
1904 die "Deutsch-Niederländische Telegraphengesellschaft" in Köln
unter Beteiligung mehrerer Großbanken (Dresdner, Darmstädter. Diskonto,
Schaaffhausen usw.) gegründet.


Reichssxiegcl

Inzwischen hatte Deutschland weitere Schritte auf dem Wege einer gro߬
zügigen Kabelpolitik unternommen. Im Jahre 1903 wurde fast gleichzeitig mit
dem „altbritischen" Pazifikkabel (das Vancouver mit Fcmning, den Fidschiinseln
und Norfolk verbindet, von wo ein Zweig nach Neuseeland, der andere nach
dem australischen Kontinent verläuft) von einer Tochtergesellschaft der erwähnten
„Commercial Cable Company" — übrigens ohne jede staatliche Unterstützung —
das „panamerikanische" Pazifikkabel gelegt. Es führt von San Francisco, dem
Endpunkte der amerikanischen Lautumien, über Honolulu, die Midwaninsel nach
der zu den amerikanischen Mariannen gehörenden Insel Guam, wo es sich einer¬
seits nach Manila auf den Philippinen, die mit dem ostasiatischen Festlande
verbunden sind, anderseits nach den Boeininseln verzweigt, von wo Japan
später ein Staatskabel nach Tokio verlegte.

Jetzt waren Deutschland und die Niederlande in der Lage, einen
von England unabhängigen Weg nach ihren Besitzungen in niederländisch-Jndien
und der Südsee zu schaffen. Den nach Abschluß eines Vertrages zwischen den
beiden Staaten für die Vorbereitungen gewonnenen Unterhändlern — deutscher¬
seits der Firma Felder u. Guilleaume und niederländischerseits den: Hauptmann
le Roy — gelang es nach langwierigen Verhandlungen, die Anschließung an
das amerikanische Pazifikkabel, die Zuführung ausreichenden Verkehrs, die
Weiterleitung des Verkehrs der neuen Kabel über die Anschlußstrecke und die
amerikanischen Lautumien und die erforderlichen Landungsrechte zu erlangen.
Nunmehr erteilten die beiden Regierungen 1904 ihre endgültigen Konzessionen
zur Auslegung und zum Betrieb der Kabel für vierzig Jahre. Auf die Dauer
von zwanzig Jahren zahlt die deutsche Regierung 1525000 Mark und die
niederländische 375000 Mark jährlich Beihilfe. Auf die Beihilfe kommen zu
gleichen Teilen die Einnahmen aus den auf sämtliche unterstützten Kabel ent¬
fallenden Kabelanteilen mit 90 Prozent in Anrechnung. Regierungstelegramme
beider Regierungen genießen auf den Linien der Unternehmer eine Gebühren¬
ermäßigung von 50 Prozent. In der Leitung der Gesellschaft und im Aufsichtsrat
müssen Angehörige beider Staaten vertreten sein. Von Wichtigkeit und Interesse
ist eine Bestimmung, die schon mehrfach zur Sicherung der staatlichen Rechte
bei anderen Unternehmungen angewandt und auch gegenüber Kartellen und
Trusts vorgeschlagen wurde, daß nämlich die beiden Regierungen sich bei der
Gesellschaft durch je einen mit besonderen Rechten ausgestatteten Kommissar ver¬
treten lassen, der zu allen Sitzungen des Aufsichtsrats und zu allen General¬
versammlungen einzuladen ist. Auf diese Weise sind die Regierungen jederzeit
in der Lage, sich genau über die Absichten der Gesellschaft zu unterrichten und
rechtzeitig ihre Interessen zu wahren.

Auf Grund dieser Konzessionen und nach Abschluß der Vorbereitungen wurde
1904 die „Deutsch-Niederländische Telegraphengesellschaft" in Köln
unter Beteiligung mehrerer Großbanken (Dresdner, Darmstädter. Diskonto,
Schaaffhausen usw.) gegründet.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_318282/201>, abgerufen am 03.07.2024.