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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.

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Aus Briefen der ZVerthcrzeit

Können Sie auch wohl glauben, daß unter unsern hiesigen Geistlichen
keiner ist, mit dem zu reden und umzugehen wäre? Nun kennen Sie meine
hiesige Situation.

Indessen werde ich aber ferner in aller Stille, wie bisher, fortarbeiten.

Mit den vorsichtigen Abkürzungen ist der hessische Minister Fr. K.
v. Moser gemeint.^




Darmstadt, den 28. Mürz 1776.

. .. Einem Briefe Wielands an Herrn Kriegsrath Merck zufolg ist Herder
als General-Superintendent der Fürstentümer Weimar und Eisenach, Beicht¬
vater des Herzogs und Oberpastor nach Weimar berufen.

^Bezieht sich wahrscheinlich auf die von K. Wagner, Briefe an Merck
(Darmstadt 1835) S. 93 in Wielands Brief an Merck vom 19. Febr. 1776
weggelassene Stelle in dem Satze: "Der Messias Herder wird an
Palmarum -- -- -- hier einziehen!"^




Darmstadt, den 3. April 1776.

... Herr Lenz ist kürzlich hierdurch nach Weimar gereiset; gedenkt aber
wieder nach Straßbnrg zurückzukehren. Wie man versichert, so bleibt Göthe
in Weimar, und zwar mit dem Character eines Hof- und Regierungsraths.
Auch soll die Freundschaft zwischen ihm und Wieland sehr enge seyn.




Boie an I. H. Voß:

Hannover, den 18. Juni 1776.

Von den Geniestreichen in Weimar hören Sie nicht so viel als ich. Der
Herzog macht alles nach, was Göthe thut. Der letztere ist Geheimer Legations¬
rath mit Sitz und Stimme im Conseil. Er wird im Lande unglaublich gehaßt.
Ich glaube meist ohne Grund.




Petersen an Nicolai:

Darmstadt, den 22. Juli 1776.

. . . Die Übersetzung des Versuchs über die Schauspielkunst, nebst einem
Anhange aus Göthens Brieftasche ist von Wagner, der sich nun in seiner
Vaterstadt Straßburg aufhält. Göthe verkauft auch Klinger seine Stücke.
Wie es scheint, so bezahlt sie Mylius gern. Um auch von Klingern urtheilen
zu können, habe ich die Neue Arria gelesen. Ich muß bekennen, daß ich
5--6 male abgesetzt und mit großer Mühe das Stück zu Ende gelesen habe.
Aber nun komme meine Seele sobald nicht mehr in seinen Rath. Aber man
versichert, daß Klinger bald Opium nehme, den Geist anzuheitern, -- bald
sich die Stube bis zum Zerspringen des Ofens einbeizen lasse, um seine
Imagination mit fürchterlichen Bildern recht anzufüllen. . . .>

. . . Wie ich von Herrn Kriegsrath Merck (der stark mit den Herren in
Weimar korrespondiert) höre, so wird Herder zu Ende dieses Monats in


Aus Briefen der ZVerthcrzeit

Können Sie auch wohl glauben, daß unter unsern hiesigen Geistlichen
keiner ist, mit dem zu reden und umzugehen wäre? Nun kennen Sie meine
hiesige Situation.

Indessen werde ich aber ferner in aller Stille, wie bisher, fortarbeiten.

Mit den vorsichtigen Abkürzungen ist der hessische Minister Fr. K.
v. Moser gemeint.^




Darmstadt, den 28. Mürz 1776.

. .. Einem Briefe Wielands an Herrn Kriegsrath Merck zufolg ist Herder
als General-Superintendent der Fürstentümer Weimar und Eisenach, Beicht¬
vater des Herzogs und Oberpastor nach Weimar berufen.

^Bezieht sich wahrscheinlich auf die von K. Wagner, Briefe an Merck
(Darmstadt 1835) S. 93 in Wielands Brief an Merck vom 19. Febr. 1776
weggelassene Stelle in dem Satze: „Der Messias Herder wird an
Palmarum — — — hier einziehen!"^




Darmstadt, den 3. April 1776.

... Herr Lenz ist kürzlich hierdurch nach Weimar gereiset; gedenkt aber
wieder nach Straßbnrg zurückzukehren. Wie man versichert, so bleibt Göthe
in Weimar, und zwar mit dem Character eines Hof- und Regierungsraths.
Auch soll die Freundschaft zwischen ihm und Wieland sehr enge seyn.




Boie an I. H. Voß:

Hannover, den 18. Juni 1776.

Von den Geniestreichen in Weimar hören Sie nicht so viel als ich. Der
Herzog macht alles nach, was Göthe thut. Der letztere ist Geheimer Legations¬
rath mit Sitz und Stimme im Conseil. Er wird im Lande unglaublich gehaßt.
Ich glaube meist ohne Grund.




Petersen an Nicolai:

Darmstadt, den 22. Juli 1776.

. . . Die Übersetzung des Versuchs über die Schauspielkunst, nebst einem
Anhange aus Göthens Brieftasche ist von Wagner, der sich nun in seiner
Vaterstadt Straßburg aufhält. Göthe verkauft auch Klinger seine Stücke.
Wie es scheint, so bezahlt sie Mylius gern. Um auch von Klingern urtheilen
zu können, habe ich die Neue Arria gelesen. Ich muß bekennen, daß ich
5—6 male abgesetzt und mit großer Mühe das Stück zu Ende gelesen habe.
Aber nun komme meine Seele sobald nicht mehr in seinen Rath. Aber man
versichert, daß Klinger bald Opium nehme, den Geist anzuheitern, — bald
sich die Stube bis zum Zerspringen des Ofens einbeizen lasse, um seine
Imagination mit fürchterlichen Bildern recht anzufüllen. . . .>

. . . Wie ich von Herrn Kriegsrath Merck (der stark mit den Herren in
Weimar korrespondiert) höre, so wird Herder zu Ende dieses Monats in


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[0576] Aus Briefen der ZVerthcrzeit Können Sie auch wohl glauben, daß unter unsern hiesigen Geistlichen keiner ist, mit dem zu reden und umzugehen wäre? Nun kennen Sie meine hiesige Situation. Indessen werde ich aber ferner in aller Stille, wie bisher, fortarbeiten. Mit den vorsichtigen Abkürzungen ist der hessische Minister Fr. K. v. Moser gemeint.^ Darmstadt, den 28. Mürz 1776. . .. Einem Briefe Wielands an Herrn Kriegsrath Merck zufolg ist Herder als General-Superintendent der Fürstentümer Weimar und Eisenach, Beicht¬ vater des Herzogs und Oberpastor nach Weimar berufen. ^Bezieht sich wahrscheinlich auf die von K. Wagner, Briefe an Merck (Darmstadt 1835) S. 93 in Wielands Brief an Merck vom 19. Febr. 1776 weggelassene Stelle in dem Satze: „Der Messias Herder wird an Palmarum — — — hier einziehen!"^ Darmstadt, den 3. April 1776. ... Herr Lenz ist kürzlich hierdurch nach Weimar gereiset; gedenkt aber wieder nach Straßbnrg zurückzukehren. Wie man versichert, so bleibt Göthe in Weimar, und zwar mit dem Character eines Hof- und Regierungsraths. Auch soll die Freundschaft zwischen ihm und Wieland sehr enge seyn. Boie an I. H. Voß: Hannover, den 18. Juni 1776. Von den Geniestreichen in Weimar hören Sie nicht so viel als ich. Der Herzog macht alles nach, was Göthe thut. Der letztere ist Geheimer Legations¬ rath mit Sitz und Stimme im Conseil. Er wird im Lande unglaublich gehaßt. Ich glaube meist ohne Grund. Petersen an Nicolai: Darmstadt, den 22. Juli 1776. . . . Die Übersetzung des Versuchs über die Schauspielkunst, nebst einem Anhange aus Göthens Brieftasche ist von Wagner, der sich nun in seiner Vaterstadt Straßburg aufhält. Göthe verkauft auch Klinger seine Stücke. Wie es scheint, so bezahlt sie Mylius gern. Um auch von Klingern urtheilen zu können, habe ich die Neue Arria gelesen. Ich muß bekennen, daß ich 5—6 male abgesetzt und mit großer Mühe das Stück zu Ende gelesen habe. Aber nun komme meine Seele sobald nicht mehr in seinen Rath. Aber man versichert, daß Klinger bald Opium nehme, den Geist anzuheitern, — bald sich die Stube bis zum Zerspringen des Ofens einbeizen lasse, um seine Imagination mit fürchterlichen Bildern recht anzufüllen. . . .> . . . Wie ich von Herrn Kriegsrath Merck (der stark mit den Herren in Weimar korrespondiert) höre, so wird Herder zu Ende dieses Monats in

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_317612/576>, abgerufen am 24.07.2024.