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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.

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Aus Briefen der Wertherzeit

Weimar seinen Einzug halten. Göthe hat ihn dahin gebracht. -- Mehrere
versichern mich, daß starke Protestationen gegen diese Berufung geschehen werden.

Wylius war Buchhändler und Verleger zu Berlin; vergl. seinen Brief
an Merck über Goethe in K. Wagner, Briefe von und an Merck, Darm-
stadt 1838. S. 53.)




Darmstadt, den 3. August 1776.

Klinger ist nun auch nach Weimar.

Ich habe 1768 in Göttingen Miltons Ki8torical, poetieal p. port8
mit großem Vergnügen gelesen. Ich bin mit einer Übersetzung verschiedener
Stücke daraus damals umgegangen, konnte aber meinen Vorsatz nicht aus¬
führen. Ich wünschte, daß, wenn Sie" selbst nicht Lust oder Zeit haben, diesen
Gedanken zu realisieren, Sie wenigstens einen geschickten Mann in Ihren
Gegenden damit beschwängerten.




Darmstadt, den 11. Januar 1777.

. . . Herr Lenz ist vor etlichen Wochen wieder nach Straßburg zurück¬
gekehrt. Vou hier wollte er unmittelbar nach Emmendingen zu seinem Freunde
Schlosser reisen. Er hatte sich bisher nicht in Weimar selbst, sondern in der
Gegend von Weimar aufgehalten. -- Sie wissen vermuthlich durch Herrn Campe,
daß der Herzog von Weimar in Goethens Begleitung kürzlich in Dessau des
Philantropinums wegen gewesen. Herr Kriegsrath Merck hat es mir erzählt.




Darmstadt, den 24. Januar 1777.

... Mir ist letzthin versichert worden, Göthe habe an einen Freund in
hiesiger Gegend vor etlichen Wochen geschrieben: "Messias Herder ist bey uns
angekommen und hat uns durch seine Antrittspredigt entzückt."

. . . Ich habe Herrn Kriegsrath Merck öfters aufgemuntert, Beiträge
einzusenden. Er versprach auch vor 4 Wochen aufs neue Jahr, sein Kon¬
tingent zu liefern. Ohs geschehen ist, weiß ich nicht.




Darmstadt, den.......sin Berlin am 5. V. 1777).

. . . Claudius war hier eigentlich Sekretär bey der Landkommission
gewesen (einem ganz neuen Collegio); hat aber seit dem Jänner nichts gethan
als die hiesige Landzeitung geschrieben. Auch diese sehr geringe Beschäftigung
war ihm zu lästig. Zugleich hat er freylich über die hiesige trockene, mit
Sandtheilchen angefüllte Luft geklagt; er war an die feuchtere Hamburger
Luft gewöhnt; Herr Präsident v. Moser hat wirklich Alles mögliche gethan,
um Claudius hier zu behalten; aber umsonst. Ich weiß nicht, wovon er mit
seiner Frau und zwey Kindern lebt. Lessing, sagen einige, wolle ihn in
Wolfenbüttel gebrauchen. Ich zweifle aber sehr. sVergl. Dr. Mehl, Claudius
und Darmstadt, Archiv f. d. Studium d. neuern Sprachen Bd. 124 (1910)
S



Aus Briefen der Wertherzeit

Weimar seinen Einzug halten. Göthe hat ihn dahin gebracht. — Mehrere
versichern mich, daß starke Protestationen gegen diese Berufung geschehen werden.

Wylius war Buchhändler und Verleger zu Berlin; vergl. seinen Brief
an Merck über Goethe in K. Wagner, Briefe von und an Merck, Darm-
stadt 1838. S. 53.)




Darmstadt, den 3. August 1776.

Klinger ist nun auch nach Weimar.

Ich habe 1768 in Göttingen Miltons Ki8torical, poetieal p. port8
mit großem Vergnügen gelesen. Ich bin mit einer Übersetzung verschiedener
Stücke daraus damals umgegangen, konnte aber meinen Vorsatz nicht aus¬
führen. Ich wünschte, daß, wenn Sie" selbst nicht Lust oder Zeit haben, diesen
Gedanken zu realisieren, Sie wenigstens einen geschickten Mann in Ihren
Gegenden damit beschwängerten.




Darmstadt, den 11. Januar 1777.

. . . Herr Lenz ist vor etlichen Wochen wieder nach Straßburg zurück¬
gekehrt. Vou hier wollte er unmittelbar nach Emmendingen zu seinem Freunde
Schlosser reisen. Er hatte sich bisher nicht in Weimar selbst, sondern in der
Gegend von Weimar aufgehalten. — Sie wissen vermuthlich durch Herrn Campe,
daß der Herzog von Weimar in Goethens Begleitung kürzlich in Dessau des
Philantropinums wegen gewesen. Herr Kriegsrath Merck hat es mir erzählt.




Darmstadt, den 24. Januar 1777.

... Mir ist letzthin versichert worden, Göthe habe an einen Freund in
hiesiger Gegend vor etlichen Wochen geschrieben: „Messias Herder ist bey uns
angekommen und hat uns durch seine Antrittspredigt entzückt."

. . . Ich habe Herrn Kriegsrath Merck öfters aufgemuntert, Beiträge
einzusenden. Er versprach auch vor 4 Wochen aufs neue Jahr, sein Kon¬
tingent zu liefern. Ohs geschehen ist, weiß ich nicht.




Darmstadt, den.......sin Berlin am 5. V. 1777).

. . . Claudius war hier eigentlich Sekretär bey der Landkommission
gewesen (einem ganz neuen Collegio); hat aber seit dem Jänner nichts gethan
als die hiesige Landzeitung geschrieben. Auch diese sehr geringe Beschäftigung
war ihm zu lästig. Zugleich hat er freylich über die hiesige trockene, mit
Sandtheilchen angefüllte Luft geklagt; er war an die feuchtere Hamburger
Luft gewöhnt; Herr Präsident v. Moser hat wirklich Alles mögliche gethan,
um Claudius hier zu behalten; aber umsonst. Ich weiß nicht, wovon er mit
seiner Frau und zwey Kindern lebt. Lessing, sagen einige, wolle ihn in
Wolfenbüttel gebrauchen. Ich zweifle aber sehr. sVergl. Dr. Mehl, Claudius
und Darmstadt, Archiv f. d. Studium d. neuern Sprachen Bd. 124 (1910)
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_317612/577>, abgerufen am 28.12.2024.