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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.

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weitere Eisenbahnen durchbrochen ist. Einstweilen ist die Kautschuksmmneltätigkeit
der einzige Wirtschaftszweig, der stetigen Erfolg verspricht.

In Togo zeigt das Hin- und Herpendeln der Eingeborenenproduktion von
einer Kultur zur andern, wie es in vorliegendem Jahresbericht und neuem
Teilberichten zum Ausdruck kommt, daß man auch in dieser Kolonie nicht die
ganze Wirtschaft auf die selbständige Tätigkeit der Eingeborenen basieren, souderu
die bisher vernachlässigte Plantagenkultur etwas mehr fördern sollte. Die Eiu-
geborenenarbeit ist, trotz der besseren Qualitäten der dortigen Sudanneger, ein
unsicherer Faktor, der nur durch das gute Beispiel und die Stetigkeit der
Europäerarbeit mit der Zeit günstig beeinflußt werden kann.

Bei Sttdwestafrika kommt die gewaltige Steigerung der Ausfuhr natürlich
aufs Konto der Diamantenproduktion. Da man ruhig annehmen kann, daß
die Diamantenfelder sich noch eine Reihe von Jahren ergiebig erweisen werden,
auch wenn neue Felder wider Erwarten nicht gefunden werden sollten, so möchte
man wünschen, daß der Fiskus die Diamantenproduktion nicht allzusehr schröpfen
möge. Anderseits dürfte es an der Zeit sein, daß man der Farmwirtschaft
auch etwas von dem goldenen Segen in der Form zukommen läßt, indem man
von feiten der Regierung ein leistungsfähiges Kreditinstitut ins Leben ruft. Der
frühere Staatssekretär hat dies schon vor Jahren versprochen. Die Farm¬
wirtschaft entwickelt sich ja ganz gesund, aber Mangel an Bargeld ist dort
vielfach ein Hemmschuh. Vielleicht bringt die Reise des neuen Staatssekretärs
nach Südwestafrika, die im April vor sich gehen soll, die Angelegenheit der
Verwirklichung näher. Die dazu nötigen Opfer sind nicht der Rede wert.

Das Stiefkind unter unseren Kolonien, die Südsee, ist diesmal in der
Entwicklung ebenfalls nicht zurückgeblieben. Um so mehr ist zu hoffen, daß die
Kolonialverwaltung in der Behandlung dieser Kolonie einen Wandel eintreten
läßt. Für die Südsee ist von seiten des Mutterlandes noch herzlich wenig
geschehen. Aber herausgeholt wurde unter der Ära Dernburg, was man konnte.
Vielleicht entschließt sich die Kolonialverwaltung jetzt nach den jüngsten Er¬
fahrungen, etwas mehr für die Verkehrscntwicklung zu tun. Die letzten
Ereignisse in den Ostkarolincn könnten ihr gezeigt haben, wozu übertriebene
Sparsamkeit führen kann. Der Aufstand in Ponape mit seinen Opfern an
wertvollen Menschenleben wäre vermieden worden, wenn die kläglichen Verkehrs¬
verhältnisse nicht bei den Eingeborenen die Vorstellung erweckt hätten, als seien
wir machtlos.

Über Samoa ist nichts Neues zu sagen. Auch diese Kolonie hat einen
bescheidenen Wertzuwachs aufzuweisen. Aber wenn man die Fruchtbarkeit des
Landes und die Intelligenz und Leistungsfähigkeit der Eingeborenen in Betracht
zieht, so schätzt man diesen Zuwachs uicht hoch ein. Es wäre dort viel zu
machen, wenn eine straffere Eingeborenenpolitik Platz greifen würde und wenn
die Besiedlung im nationalen Sinne energisch gefordert würde. Es ist jüngst
in der Presse -- ich glaube in der Köln. Ztg. angeregt worden, man


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weitere Eisenbahnen durchbrochen ist. Einstweilen ist die Kautschuksmmneltätigkeit
der einzige Wirtschaftszweig, der stetigen Erfolg verspricht.

In Togo zeigt das Hin- und Herpendeln der Eingeborenenproduktion von
einer Kultur zur andern, wie es in vorliegendem Jahresbericht und neuem
Teilberichten zum Ausdruck kommt, daß man auch in dieser Kolonie nicht die
ganze Wirtschaft auf die selbständige Tätigkeit der Eingeborenen basieren, souderu
die bisher vernachlässigte Plantagenkultur etwas mehr fördern sollte. Die Eiu-
geborenenarbeit ist, trotz der besseren Qualitäten der dortigen Sudanneger, ein
unsicherer Faktor, der nur durch das gute Beispiel und die Stetigkeit der
Europäerarbeit mit der Zeit günstig beeinflußt werden kann.

Bei Sttdwestafrika kommt die gewaltige Steigerung der Ausfuhr natürlich
aufs Konto der Diamantenproduktion. Da man ruhig annehmen kann, daß
die Diamantenfelder sich noch eine Reihe von Jahren ergiebig erweisen werden,
auch wenn neue Felder wider Erwarten nicht gefunden werden sollten, so möchte
man wünschen, daß der Fiskus die Diamantenproduktion nicht allzusehr schröpfen
möge. Anderseits dürfte es an der Zeit sein, daß man der Farmwirtschaft
auch etwas von dem goldenen Segen in der Form zukommen läßt, indem man
von feiten der Regierung ein leistungsfähiges Kreditinstitut ins Leben ruft. Der
frühere Staatssekretär hat dies schon vor Jahren versprochen. Die Farm¬
wirtschaft entwickelt sich ja ganz gesund, aber Mangel an Bargeld ist dort
vielfach ein Hemmschuh. Vielleicht bringt die Reise des neuen Staatssekretärs
nach Südwestafrika, die im April vor sich gehen soll, die Angelegenheit der
Verwirklichung näher. Die dazu nötigen Opfer sind nicht der Rede wert.

Das Stiefkind unter unseren Kolonien, die Südsee, ist diesmal in der
Entwicklung ebenfalls nicht zurückgeblieben. Um so mehr ist zu hoffen, daß die
Kolonialverwaltung in der Behandlung dieser Kolonie einen Wandel eintreten
läßt. Für die Südsee ist von seiten des Mutterlandes noch herzlich wenig
geschehen. Aber herausgeholt wurde unter der Ära Dernburg, was man konnte.
Vielleicht entschließt sich die Kolonialverwaltung jetzt nach den jüngsten Er¬
fahrungen, etwas mehr für die Verkehrscntwicklung zu tun. Die letzten
Ereignisse in den Ostkarolincn könnten ihr gezeigt haben, wozu übertriebene
Sparsamkeit führen kann. Der Aufstand in Ponape mit seinen Opfern an
wertvollen Menschenleben wäre vermieden worden, wenn die kläglichen Verkehrs¬
verhältnisse nicht bei den Eingeborenen die Vorstellung erweckt hätten, als seien
wir machtlos.

Über Samoa ist nichts Neues zu sagen. Auch diese Kolonie hat einen
bescheidenen Wertzuwachs aufzuweisen. Aber wenn man die Fruchtbarkeit des
Landes und die Intelligenz und Leistungsfähigkeit der Eingeborenen in Betracht
zieht, so schätzt man diesen Zuwachs uicht hoch ein. Es wäre dort viel zu
machen, wenn eine straffere Eingeborenenpolitik Platz greifen würde und wenn
die Besiedlung im nationalen Sinne energisch gefordert würde. Es ist jüngst
in der Presse — ich glaube in der Köln. Ztg. angeregt worden, man


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[0469] Reichsspicgcl weitere Eisenbahnen durchbrochen ist. Einstweilen ist die Kautschuksmmneltätigkeit der einzige Wirtschaftszweig, der stetigen Erfolg verspricht. In Togo zeigt das Hin- und Herpendeln der Eingeborenenproduktion von einer Kultur zur andern, wie es in vorliegendem Jahresbericht und neuem Teilberichten zum Ausdruck kommt, daß man auch in dieser Kolonie nicht die ganze Wirtschaft auf die selbständige Tätigkeit der Eingeborenen basieren, souderu die bisher vernachlässigte Plantagenkultur etwas mehr fördern sollte. Die Eiu- geborenenarbeit ist, trotz der besseren Qualitäten der dortigen Sudanneger, ein unsicherer Faktor, der nur durch das gute Beispiel und die Stetigkeit der Europäerarbeit mit der Zeit günstig beeinflußt werden kann. Bei Sttdwestafrika kommt die gewaltige Steigerung der Ausfuhr natürlich aufs Konto der Diamantenproduktion. Da man ruhig annehmen kann, daß die Diamantenfelder sich noch eine Reihe von Jahren ergiebig erweisen werden, auch wenn neue Felder wider Erwarten nicht gefunden werden sollten, so möchte man wünschen, daß der Fiskus die Diamantenproduktion nicht allzusehr schröpfen möge. Anderseits dürfte es an der Zeit sein, daß man der Farmwirtschaft auch etwas von dem goldenen Segen in der Form zukommen läßt, indem man von feiten der Regierung ein leistungsfähiges Kreditinstitut ins Leben ruft. Der frühere Staatssekretär hat dies schon vor Jahren versprochen. Die Farm¬ wirtschaft entwickelt sich ja ganz gesund, aber Mangel an Bargeld ist dort vielfach ein Hemmschuh. Vielleicht bringt die Reise des neuen Staatssekretärs nach Südwestafrika, die im April vor sich gehen soll, die Angelegenheit der Verwirklichung näher. Die dazu nötigen Opfer sind nicht der Rede wert. Das Stiefkind unter unseren Kolonien, die Südsee, ist diesmal in der Entwicklung ebenfalls nicht zurückgeblieben. Um so mehr ist zu hoffen, daß die Kolonialverwaltung in der Behandlung dieser Kolonie einen Wandel eintreten läßt. Für die Südsee ist von seiten des Mutterlandes noch herzlich wenig geschehen. Aber herausgeholt wurde unter der Ära Dernburg, was man konnte. Vielleicht entschließt sich die Kolonialverwaltung jetzt nach den jüngsten Er¬ fahrungen, etwas mehr für die Verkehrscntwicklung zu tun. Die letzten Ereignisse in den Ostkarolincn könnten ihr gezeigt haben, wozu übertriebene Sparsamkeit führen kann. Der Aufstand in Ponape mit seinen Opfern an wertvollen Menschenleben wäre vermieden worden, wenn die kläglichen Verkehrs¬ verhältnisse nicht bei den Eingeborenen die Vorstellung erweckt hätten, als seien wir machtlos. Über Samoa ist nichts Neues zu sagen. Auch diese Kolonie hat einen bescheidenen Wertzuwachs aufzuweisen. Aber wenn man die Fruchtbarkeit des Landes und die Intelligenz und Leistungsfähigkeit der Eingeborenen in Betracht zieht, so schätzt man diesen Zuwachs uicht hoch ein. Es wäre dort viel zu machen, wenn eine straffere Eingeborenenpolitik Platz greifen würde und wenn die Besiedlung im nationalen Sinne energisch gefordert würde. Es ist jüngst in der Presse — ich glaube in der Köln. Ztg. angeregt worden, man

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_317612/469>, abgerufen am 24.07.2024.