Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.Reichsspiegel solle das Gouvernement auf Samoa eingehen lassen und die Kolonie mit den Alles in allem genommen bieten die Kolonien ein Bild erfreulicher Ent¬ Erueute Unruhen in Südwest geben seit einigen Tagen zu denken. Verantwortlicher Schriftleiter: GeorgeClcinowi" Berlin-Schöneberg, Verlag: Verlag der Grenzboten G.in.v.H, in Berlin SV, le. Druck: "Der R-ichSboti" G, in. b, H, in Berlin SV. II, D-ssmier Straße !I7, Reichsspiegel solle das Gouvernement auf Samoa eingehen lassen und die Kolonie mit den Alles in allem genommen bieten die Kolonien ein Bild erfreulicher Ent¬ Erueute Unruhen in Südwest geben seit einigen Tagen zu denken. Verantwortlicher Schriftleiter: GeorgeClcinowi» Berlin-Schöneberg, Verlag: Verlag der Grenzboten G.in.v.H, in Berlin SV, le. Druck: „Der R-ichSboti" G, in. b, H, in Berlin SV. II, D-ssmier Straße !I7, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0470" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/318083"/> <fw type="header" place="top"> Reichsspiegel</fw><lb/> <p xml:id="ID_2128" prev="#ID_2127"> solle das Gouvernement auf Samoa eingehen lassen und die Kolonie mit den<lb/> übrigen Südseeschutzgebieten vereinigen. Das hätte zweifellos manches für sich.<lb/> Ein Bezirksamtmann mit erweiterten Befugnissen würde für die kleine Kolonie<lb/> sicherlich genügen, und das ersparte Geld könnte anderweit nützlich angelegt<lb/> werden. Der Gouverneur der Südseeschutzgebiete, I)r. Hast, würde kaum an<lb/> an der heutigen Politik auf Samoa festhalten, sondern die Besiedlung nach<lb/> Kräften fördern, umsomehr als diese ja ein Steckenpferd des neuen Staats¬<lb/> sekretärs v. Lindequist sein soll.</p><lb/> <p xml:id="ID_2129"> Alles in allem genommen bieten die Kolonien ein Bild erfreulicher Ent¬<lb/> wicklung, und wir glauben, daß unter Herrn v. Lindequist, der mehr Sinn für<lb/> eine nationale Kolonialpolitik hat als sein Vorgänger, diese Tendenz auch<lb/> anhalten wird, wenn man im Schoße der Kolonialverwaltung die Lehren der<lb/> letzten Jahre zu würdigen versteht. Einen kleinen Zugriff in dieser Richtung<lb/> hat Herr v. Lindequist neuerdings getan: er hat die Konzession der Gesellschaft<lb/> Nordwestkamerun aufgehoben, und zwar, wie es scheint, mit Recht, denn die<lb/> Gesellschaft hat zweifellos die im Vertrag enthaltenen Pflichten in nur sehr<lb/> geringem Maße erfüllt. Vier Millionen Kapitalinvestierung für ein Gebiet so<lb/> groß wie Bayern ist keine ernsthafte Leistung. Die Gesellschaft Nordwestkamerun<lb/> hat, so wenig wie andere ähnliche Gesellschaften, das Riesengebiet nicht zu<lb/> Spekulationszwecken, sondern zur wirtschaftlichen Erschließung erhalten. Man<lb/> kann Herrn v. Lindequist nur dazu beglückwünsche«, daß er sich entschlossen<lb/> hat, einmal die Rechtslage gegenüber den großen Konzessionsgesellschaften klar¬<lb/> zustellen, denn sie treten vielfach als Hindernis für die Entwicklung der<lb/> Kolonien auf.</p><lb/> <p xml:id="ID_2130"> Erueute Unruhen in Südwest geben seit einigen Tagen zu denken.<lb/> Es kann sich zwar voraussichtlich nur um kleinere Bauteil versprengter Hotten¬<lb/> totten handeln, aber auch solche Banden sind in der Lage, uns da unten den<lb/> Kopf warm zu machen. Sicherlich wird unsere Truppe Hand in Hand mit<lb/> der englischen Polizei energisch gegen das Gesindel vorgehen, aber für alle Zeit<lb/> wird dies nicht helfen. Im Südosten, bei Warmbad, sitzen immer noch in<lb/> Lokationen die Bondelshottentotten. Ihre Zahl wechselt beständig, ein Beweis,<lb/> daß sich ein Teil umhertreibt und mit den in den Oranjebergen verteilten und<lb/> im englischen Gebiet angesiedelten Banden sympathisiert. Wir glauben, daß<lb/> nicht eher Ruhe und Sicherheit herrschen wird im Südosten der Kolonie, als<lb/> bis die Bondelslokationen aufgehoben und der Stamm in kleinen Gruppen<lb/> fern von der Grenze angesiedelt ist. Der Friede von Heirachabis war unter<lb/> dem Druck der politischen Verhältnisse zu Hause übereilt, aber wir glauben,<lb/><note type="byline"> Rudolf Wagner</note> daß jetzt die Handhabe gegeben ist, ihn zu korrigieren. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <note type="byline"> Verantwortlicher Schriftleiter: GeorgeClcinowi» Berlin-Schöneberg, Verlag: Verlag der Grenzboten G.in.v.H,<lb/> in Berlin SV, le. Druck: „Der R-ichSboti" G, in. b, H, in Berlin SV. II, D-ssmier Straße !I7,</note><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0470]
Reichsspiegel
solle das Gouvernement auf Samoa eingehen lassen und die Kolonie mit den
übrigen Südseeschutzgebieten vereinigen. Das hätte zweifellos manches für sich.
Ein Bezirksamtmann mit erweiterten Befugnissen würde für die kleine Kolonie
sicherlich genügen, und das ersparte Geld könnte anderweit nützlich angelegt
werden. Der Gouverneur der Südseeschutzgebiete, I)r. Hast, würde kaum an
an der heutigen Politik auf Samoa festhalten, sondern die Besiedlung nach
Kräften fördern, umsomehr als diese ja ein Steckenpferd des neuen Staats¬
sekretärs v. Lindequist sein soll.
Alles in allem genommen bieten die Kolonien ein Bild erfreulicher Ent¬
wicklung, und wir glauben, daß unter Herrn v. Lindequist, der mehr Sinn für
eine nationale Kolonialpolitik hat als sein Vorgänger, diese Tendenz auch
anhalten wird, wenn man im Schoße der Kolonialverwaltung die Lehren der
letzten Jahre zu würdigen versteht. Einen kleinen Zugriff in dieser Richtung
hat Herr v. Lindequist neuerdings getan: er hat die Konzession der Gesellschaft
Nordwestkamerun aufgehoben, und zwar, wie es scheint, mit Recht, denn die
Gesellschaft hat zweifellos die im Vertrag enthaltenen Pflichten in nur sehr
geringem Maße erfüllt. Vier Millionen Kapitalinvestierung für ein Gebiet so
groß wie Bayern ist keine ernsthafte Leistung. Die Gesellschaft Nordwestkamerun
hat, so wenig wie andere ähnliche Gesellschaften, das Riesengebiet nicht zu
Spekulationszwecken, sondern zur wirtschaftlichen Erschließung erhalten. Man
kann Herrn v. Lindequist nur dazu beglückwünsche«, daß er sich entschlossen
hat, einmal die Rechtslage gegenüber den großen Konzessionsgesellschaften klar¬
zustellen, denn sie treten vielfach als Hindernis für die Entwicklung der
Kolonien auf.
Erueute Unruhen in Südwest geben seit einigen Tagen zu denken.
Es kann sich zwar voraussichtlich nur um kleinere Bauteil versprengter Hotten¬
totten handeln, aber auch solche Banden sind in der Lage, uns da unten den
Kopf warm zu machen. Sicherlich wird unsere Truppe Hand in Hand mit
der englischen Polizei energisch gegen das Gesindel vorgehen, aber für alle Zeit
wird dies nicht helfen. Im Südosten, bei Warmbad, sitzen immer noch in
Lokationen die Bondelshottentotten. Ihre Zahl wechselt beständig, ein Beweis,
daß sich ein Teil umhertreibt und mit den in den Oranjebergen verteilten und
im englischen Gebiet angesiedelten Banden sympathisiert. Wir glauben, daß
nicht eher Ruhe und Sicherheit herrschen wird im Südosten der Kolonie, als
bis die Bondelslokationen aufgehoben und der Stamm in kleinen Gruppen
fern von der Grenze angesiedelt ist. Der Friede von Heirachabis war unter
dem Druck der politischen Verhältnisse zu Hause übereilt, aber wir glauben,
Rudolf Wagner daß jetzt die Handhabe gegeben ist, ihn zu korrigieren.
Verantwortlicher Schriftleiter: GeorgeClcinowi» Berlin-Schöneberg, Verlag: Verlag der Grenzboten G.in.v.H,
in Berlin SV, le. Druck: „Der R-ichSboti" G, in. b, H, in Berlin SV. II, D-ssmier Straße !I7,
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