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Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr.

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Das Zweckverbandsgesetz für Groß-Berlin

über die Bahneinheiten bezw. des Z 6 des Kleinbahngesetzes, d. h. die Erwerbung
der "Bahnen im Ganzen". An diesem Mangel scheiterte bekanntlich die Über¬
nahme der Großen Berliner durch die Stadt Berlin. Weiter wird in Zukunft
der Verband zu entscheiden haben, ob er die Benutzung der Straßen seiner
Glieder und gegen welche Entschädigungen durch private Bahnunternehmer
gestattet. Man sieht, der Paragraph ist beherrscht von dem Grundsatze der
Vereinheitlichung der Groß-Berliner Bahnpolitik. Immerhin ist im letzten
Absätze dem einzelnen Verbandsgliede auch fernerhin die Möglichkeit gelassen,
selbst Bahnen zu bauen, zu betreiben oder zu erwerben. Hierüber, d. h. ob und
unter welchen Bedingungen, bestimmt die Verbandsversammlung.

Die maßgebliche Beteiligung an der Aufstellung von Bebauungsplänen ist
und mußte dem Verbände zugewiesen werden, da die Behandlung der Bahn-
und Waldfragen der Natur der Sache nach nicht von derjenigen der Bauflucht¬
linienpläne und Bauordnungen getrennt werden kann. Der Z 5 nimmt deshalb
für den Verband das Recht in Anspruch, Baufluchtenpläne für Teile des Ver¬
bandsgebietes zu drei Zwecken aufzustellen und festzusetzen, nämlich:

1. zur baulichen Ausgestaltung der Umgebung von Bahnwegen, Bahn¬
stationen, Bahrein- und -ausmündungen; ein solches Vorgehen wird namentlich
als eine Ergänzung eigener Bahn Projekte des Verbandes auf städtebaulichem
Gebiete in Betracht kommen;

2. zur Schaffung oder Ausgestaltung von Durchgangs- einschließlich der
Anschlußstraßen; damit soll dem Verbände ein Mittel in die Hand gegeben
werden, dem Bedürfnisse des Verkehrs nach großen, dem internationalen Verkehr
dienenden Straßen, nach sogenannten Ausfalltoren durch die baufluchtenmäßige
Festlegung dieser "Durchgangsstraßen" und der angrenzenden Straßen, der
"Anschlnßstraßen" zu genügen;

3. zur Ausgestaltung der Umgebung von Freiflächen, z. B. von Wäldern,
Parks, die der Verband selbst erworben hat; auch hier kann die Festsetzung von
Baufluchtenplänen eine wertvolle Ergänzung der Wald-, Park-, Wiesen- oder
Platzanlagen des Verbandes auf städtebaulichem Gebiete werden.

Die sonstige Aufstellung und Festsetzung von Plänen verbleibt in der
Zuständigkeit der Einzelgemeinden, doch müssen sie sich hierbei selbstverständlich
nach den vom Verbände bereits festgesetzten Baufluchtplänen richten, deren Durch¬
führung, also besonders die Enteignung des nötigen Straßenlandes, ihnen ebenfalls
zugedacht ist. Gegen diese Regelung ist einzuwenden, daß dadurch eine weitere
Instanz für das ohnehin schon äußerst schwerfällige Verfahren bei der Aufstellung
von Bebauungspläne" geschaffen wird. Jetzt dauert es schon Jahre. Eine durch¬
greifende Abänderung der in Frage kommenden Bestimmungen des Straßen-
und Baufluchtengesetzes vom 2. Juli 1875 wäre besser gewesen. Die Erlangung
der Genehmigung eines Planes bis zu der des Königs hinauf bedeutet heute
schon eine Kraftanstrengung aller Beteiligten. Bei dem Erlaß von Bauordnungen
ist die Tätigkeit des Verbandes eine gutachtliche.


Grenzboten I 1911 34
Das Zweckverbandsgesetz für Groß-Berlin

über die Bahneinheiten bezw. des Z 6 des Kleinbahngesetzes, d. h. die Erwerbung
der „Bahnen im Ganzen". An diesem Mangel scheiterte bekanntlich die Über¬
nahme der Großen Berliner durch die Stadt Berlin. Weiter wird in Zukunft
der Verband zu entscheiden haben, ob er die Benutzung der Straßen seiner
Glieder und gegen welche Entschädigungen durch private Bahnunternehmer
gestattet. Man sieht, der Paragraph ist beherrscht von dem Grundsatze der
Vereinheitlichung der Groß-Berliner Bahnpolitik. Immerhin ist im letzten
Absätze dem einzelnen Verbandsgliede auch fernerhin die Möglichkeit gelassen,
selbst Bahnen zu bauen, zu betreiben oder zu erwerben. Hierüber, d. h. ob und
unter welchen Bedingungen, bestimmt die Verbandsversammlung.

Die maßgebliche Beteiligung an der Aufstellung von Bebauungsplänen ist
und mußte dem Verbände zugewiesen werden, da die Behandlung der Bahn-
und Waldfragen der Natur der Sache nach nicht von derjenigen der Bauflucht¬
linienpläne und Bauordnungen getrennt werden kann. Der Z 5 nimmt deshalb
für den Verband das Recht in Anspruch, Baufluchtenpläne für Teile des Ver¬
bandsgebietes zu drei Zwecken aufzustellen und festzusetzen, nämlich:

1. zur baulichen Ausgestaltung der Umgebung von Bahnwegen, Bahn¬
stationen, Bahrein- und -ausmündungen; ein solches Vorgehen wird namentlich
als eine Ergänzung eigener Bahn Projekte des Verbandes auf städtebaulichem
Gebiete in Betracht kommen;

2. zur Schaffung oder Ausgestaltung von Durchgangs- einschließlich der
Anschlußstraßen; damit soll dem Verbände ein Mittel in die Hand gegeben
werden, dem Bedürfnisse des Verkehrs nach großen, dem internationalen Verkehr
dienenden Straßen, nach sogenannten Ausfalltoren durch die baufluchtenmäßige
Festlegung dieser „Durchgangsstraßen" und der angrenzenden Straßen, der
„Anschlnßstraßen" zu genügen;

3. zur Ausgestaltung der Umgebung von Freiflächen, z. B. von Wäldern,
Parks, die der Verband selbst erworben hat; auch hier kann die Festsetzung von
Baufluchtenplänen eine wertvolle Ergänzung der Wald-, Park-, Wiesen- oder
Platzanlagen des Verbandes auf städtebaulichem Gebiete werden.

Die sonstige Aufstellung und Festsetzung von Plänen verbleibt in der
Zuständigkeit der Einzelgemeinden, doch müssen sie sich hierbei selbstverständlich
nach den vom Verbände bereits festgesetzten Baufluchtplänen richten, deren Durch¬
führung, also besonders die Enteignung des nötigen Straßenlandes, ihnen ebenfalls
zugedacht ist. Gegen diese Regelung ist einzuwenden, daß dadurch eine weitere
Instanz für das ohnehin schon äußerst schwerfällige Verfahren bei der Aufstellung
von Bebauungspläne» geschaffen wird. Jetzt dauert es schon Jahre. Eine durch¬
greifende Abänderung der in Frage kommenden Bestimmungen des Straßen-
und Baufluchtengesetzes vom 2. Juli 1875 wäre besser gewesen. Die Erlangung
der Genehmigung eines Planes bis zu der des Königs hinauf bedeutet heute
schon eine Kraftanstrengung aller Beteiligten. Bei dem Erlaß von Bauordnungen
ist die Tätigkeit des Verbandes eine gutachtliche.


Grenzboten I 1911 34
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[0439] Das Zweckverbandsgesetz für Groß-Berlin über die Bahneinheiten bezw. des Z 6 des Kleinbahngesetzes, d. h. die Erwerbung der „Bahnen im Ganzen". An diesem Mangel scheiterte bekanntlich die Über¬ nahme der Großen Berliner durch die Stadt Berlin. Weiter wird in Zukunft der Verband zu entscheiden haben, ob er die Benutzung der Straßen seiner Glieder und gegen welche Entschädigungen durch private Bahnunternehmer gestattet. Man sieht, der Paragraph ist beherrscht von dem Grundsatze der Vereinheitlichung der Groß-Berliner Bahnpolitik. Immerhin ist im letzten Absätze dem einzelnen Verbandsgliede auch fernerhin die Möglichkeit gelassen, selbst Bahnen zu bauen, zu betreiben oder zu erwerben. Hierüber, d. h. ob und unter welchen Bedingungen, bestimmt die Verbandsversammlung. Die maßgebliche Beteiligung an der Aufstellung von Bebauungsplänen ist und mußte dem Verbände zugewiesen werden, da die Behandlung der Bahn- und Waldfragen der Natur der Sache nach nicht von derjenigen der Bauflucht¬ linienpläne und Bauordnungen getrennt werden kann. Der Z 5 nimmt deshalb für den Verband das Recht in Anspruch, Baufluchtenpläne für Teile des Ver¬ bandsgebietes zu drei Zwecken aufzustellen und festzusetzen, nämlich: 1. zur baulichen Ausgestaltung der Umgebung von Bahnwegen, Bahn¬ stationen, Bahrein- und -ausmündungen; ein solches Vorgehen wird namentlich als eine Ergänzung eigener Bahn Projekte des Verbandes auf städtebaulichem Gebiete in Betracht kommen; 2. zur Schaffung oder Ausgestaltung von Durchgangs- einschließlich der Anschlußstraßen; damit soll dem Verbände ein Mittel in die Hand gegeben werden, dem Bedürfnisse des Verkehrs nach großen, dem internationalen Verkehr dienenden Straßen, nach sogenannten Ausfalltoren durch die baufluchtenmäßige Festlegung dieser „Durchgangsstraßen" und der angrenzenden Straßen, der „Anschlnßstraßen" zu genügen; 3. zur Ausgestaltung der Umgebung von Freiflächen, z. B. von Wäldern, Parks, die der Verband selbst erworben hat; auch hier kann die Festsetzung von Baufluchtenplänen eine wertvolle Ergänzung der Wald-, Park-, Wiesen- oder Platzanlagen des Verbandes auf städtebaulichem Gebiete werden. Die sonstige Aufstellung und Festsetzung von Plänen verbleibt in der Zuständigkeit der Einzelgemeinden, doch müssen sie sich hierbei selbstverständlich nach den vom Verbände bereits festgesetzten Baufluchtplänen richten, deren Durch¬ führung, also besonders die Enteignung des nötigen Straßenlandes, ihnen ebenfalls zugedacht ist. Gegen diese Regelung ist einzuwenden, daß dadurch eine weitere Instanz für das ohnehin schon äußerst schwerfällige Verfahren bei der Aufstellung von Bebauungspläne» geschaffen wird. Jetzt dauert es schon Jahre. Eine durch¬ greifende Abänderung der in Frage kommenden Bestimmungen des Straßen- und Baufluchtengesetzes vom 2. Juli 1875 wäre besser gewesen. Die Erlangung der Genehmigung eines Planes bis zu der des Königs hinauf bedeutet heute schon eine Kraftanstrengung aller Beteiligten. Bei dem Erlaß von Bauordnungen ist die Tätigkeit des Verbandes eine gutachtliche. Grenzboten I 1911 34

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 70, 1911, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341893_317612/439>, abgerufen am 24.07.2024.