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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr.

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anderen marokkanischen Häfen wesentlich größer und stetiger sei als in Larasch,
und weiterhin daraus den Schluß gezogen, daß Deutschland bei dieser Konzession
wieder einmal schlecht abgeschnitten habe, obwohl die Zahlen der Ein- und
Ausfuhrstatistik von Larasch unserer deutschen Diplomatie, die sich um die
Konzession sehr große Mühe gegeben hat, doch ebenfalls bekannt gewesen sind.
Zweifellos ist der Hafenbau in Larasch, ebenso wie jede sonstige auf die Er¬
schließung von Marokko gerichtete Politik, bis zu gewissem Grade eine Zukunfts¬
spekulation, obwohl auch die bisherigen Ausfuhrziffern von Larasch schon groß
genug sind, um die Anlage eines modernen Hafens zu rechtfertigen. Hat doch
ganz Marokko mit einer Bevölkerung von rund 16 Millionen gegenwärtig
nur einen Außenhandel von 30 bis 50 Millionen Mark, welche Zahl es bereits
im Jahre 1876 erreichte, während es an sich ohne Schwierigkeiten einen Außen¬
handel von ein paar hundert Millionen Mark haben könnte, sofern es nur
gelänge, dieses fruchtbarste Land der Welt, wie es der französische General
DÄmade sehr richtig nennt, von den: auf ihm lastenden wirtschaftlichen und
politischen Druck zu befreien. Ganz bevorzugt ist nach dieser Seite aber das
Küstengebiet, das schon Professor Fischer, der bedeutendste wissenschaftliche
Erforscher der Atlasländer, als klimatisch in hohem Grade günstig bezeichnet.
"Es vereinigt mit hoher, aber ungewöhnlich gleichmäßiger Wärme periodische
Niederschläge, welche im Norden als reichlich, in Mittel- und Südmarokko als
für die Pflanzenwelt und den Anbau des Bodens in der Regel genügend
erscheinen, um so mehr, als die Lust aus örtlichen Gründen stets einen hohen
Feuchtigkeitsgehalt hat, Nebel und Dunstbildung eine häufige, Bewölkung keine
seltene Erscheinung ist und Taufälle die Regen um so wirksamer ergänzen, als
im Küstengebiet eine Bodenart vorhanden ist, welche ganz besonders geeignet
ist, die Feuchtigkeit aufzunehmen und festzuhalten." Ebenso günstig hat sich
Professor Fischer über das breite Alluvialtal des Lukkos ausgesprochen, an
dessen Mündung Larasch liegt, und das wir bei der Fortsetzung unserer Reise
nach Fes am nächsten Tage passierten. Trotzdem das Land so gut wie gar
nicht angebaut war, und sich nur kolossale Herden ungezählten Viehs, die
angeblich dem Sultan gehören sollen, auf ihm tummelten, machte es den
Eindruck außerordentlichster Fruchtbarkeit. Sie könnte zweifellos noch ganz
bedeutend gesteigert werden, wenn man das reichliche Wasser des Lukkosflusses
zur Bewässerung verwenden würde, was bei dem dort fast andauernd wehenden
Wind ohne Schwierigkeit mittels geeigneter Turbinen zu erreichen wäre, um
so mehr, als der Wasserstand dort sehr hoch ist und die Jrrigationswässer
infolgedessen nur um wenige Meter gehoben zu werden brauchten. Was dieses
Land bei geeigneter Bewässerung hervorbringt, haben wir später in Fes gesehen,
wo die Wässer des Fesflusses schon seit Hunderten von Jahren der Bewässerung
der Stadt und der Umgegend dienen. Über die Möglichkeit einer derartigen
Bewässerung schreibt Professor Theobald Fischer: "Bei künstlicher Berieselung,
für welche in dem breiten Alluvialtal des Lukkos zwischen El-Ksar-el Kebir und


Larasch

anderen marokkanischen Häfen wesentlich größer und stetiger sei als in Larasch,
und weiterhin daraus den Schluß gezogen, daß Deutschland bei dieser Konzession
wieder einmal schlecht abgeschnitten habe, obwohl die Zahlen der Ein- und
Ausfuhrstatistik von Larasch unserer deutschen Diplomatie, die sich um die
Konzession sehr große Mühe gegeben hat, doch ebenfalls bekannt gewesen sind.
Zweifellos ist der Hafenbau in Larasch, ebenso wie jede sonstige auf die Er¬
schließung von Marokko gerichtete Politik, bis zu gewissem Grade eine Zukunfts¬
spekulation, obwohl auch die bisherigen Ausfuhrziffern von Larasch schon groß
genug sind, um die Anlage eines modernen Hafens zu rechtfertigen. Hat doch
ganz Marokko mit einer Bevölkerung von rund 16 Millionen gegenwärtig
nur einen Außenhandel von 30 bis 50 Millionen Mark, welche Zahl es bereits
im Jahre 1876 erreichte, während es an sich ohne Schwierigkeiten einen Außen¬
handel von ein paar hundert Millionen Mark haben könnte, sofern es nur
gelänge, dieses fruchtbarste Land der Welt, wie es der französische General
DÄmade sehr richtig nennt, von den: auf ihm lastenden wirtschaftlichen und
politischen Druck zu befreien. Ganz bevorzugt ist nach dieser Seite aber das
Küstengebiet, das schon Professor Fischer, der bedeutendste wissenschaftliche
Erforscher der Atlasländer, als klimatisch in hohem Grade günstig bezeichnet.
„Es vereinigt mit hoher, aber ungewöhnlich gleichmäßiger Wärme periodische
Niederschläge, welche im Norden als reichlich, in Mittel- und Südmarokko als
für die Pflanzenwelt und den Anbau des Bodens in der Regel genügend
erscheinen, um so mehr, als die Lust aus örtlichen Gründen stets einen hohen
Feuchtigkeitsgehalt hat, Nebel und Dunstbildung eine häufige, Bewölkung keine
seltene Erscheinung ist und Taufälle die Regen um so wirksamer ergänzen, als
im Küstengebiet eine Bodenart vorhanden ist, welche ganz besonders geeignet
ist, die Feuchtigkeit aufzunehmen und festzuhalten." Ebenso günstig hat sich
Professor Fischer über das breite Alluvialtal des Lukkos ausgesprochen, an
dessen Mündung Larasch liegt, und das wir bei der Fortsetzung unserer Reise
nach Fes am nächsten Tage passierten. Trotzdem das Land so gut wie gar
nicht angebaut war, und sich nur kolossale Herden ungezählten Viehs, die
angeblich dem Sultan gehören sollen, auf ihm tummelten, machte es den
Eindruck außerordentlichster Fruchtbarkeit. Sie könnte zweifellos noch ganz
bedeutend gesteigert werden, wenn man das reichliche Wasser des Lukkosflusses
zur Bewässerung verwenden würde, was bei dem dort fast andauernd wehenden
Wind ohne Schwierigkeit mittels geeigneter Turbinen zu erreichen wäre, um
so mehr, als der Wasserstand dort sehr hoch ist und die Jrrigationswässer
infolgedessen nur um wenige Meter gehoben zu werden brauchten. Was dieses
Land bei geeigneter Bewässerung hervorbringt, haben wir später in Fes gesehen,
wo die Wässer des Fesflusses schon seit Hunderten von Jahren der Bewässerung
der Stadt und der Umgegend dienen. Über die Möglichkeit einer derartigen
Bewässerung schreibt Professor Theobald Fischer: „Bei künstlicher Berieselung,
für welche in dem breiten Alluvialtal des Lukkos zwischen El-Ksar-el Kebir und


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[0172] Larasch anderen marokkanischen Häfen wesentlich größer und stetiger sei als in Larasch, und weiterhin daraus den Schluß gezogen, daß Deutschland bei dieser Konzession wieder einmal schlecht abgeschnitten habe, obwohl die Zahlen der Ein- und Ausfuhrstatistik von Larasch unserer deutschen Diplomatie, die sich um die Konzession sehr große Mühe gegeben hat, doch ebenfalls bekannt gewesen sind. Zweifellos ist der Hafenbau in Larasch, ebenso wie jede sonstige auf die Er¬ schließung von Marokko gerichtete Politik, bis zu gewissem Grade eine Zukunfts¬ spekulation, obwohl auch die bisherigen Ausfuhrziffern von Larasch schon groß genug sind, um die Anlage eines modernen Hafens zu rechtfertigen. Hat doch ganz Marokko mit einer Bevölkerung von rund 16 Millionen gegenwärtig nur einen Außenhandel von 30 bis 50 Millionen Mark, welche Zahl es bereits im Jahre 1876 erreichte, während es an sich ohne Schwierigkeiten einen Außen¬ handel von ein paar hundert Millionen Mark haben könnte, sofern es nur gelänge, dieses fruchtbarste Land der Welt, wie es der französische General DÄmade sehr richtig nennt, von den: auf ihm lastenden wirtschaftlichen und politischen Druck zu befreien. Ganz bevorzugt ist nach dieser Seite aber das Küstengebiet, das schon Professor Fischer, der bedeutendste wissenschaftliche Erforscher der Atlasländer, als klimatisch in hohem Grade günstig bezeichnet. „Es vereinigt mit hoher, aber ungewöhnlich gleichmäßiger Wärme periodische Niederschläge, welche im Norden als reichlich, in Mittel- und Südmarokko als für die Pflanzenwelt und den Anbau des Bodens in der Regel genügend erscheinen, um so mehr, als die Lust aus örtlichen Gründen stets einen hohen Feuchtigkeitsgehalt hat, Nebel und Dunstbildung eine häufige, Bewölkung keine seltene Erscheinung ist und Taufälle die Regen um so wirksamer ergänzen, als im Küstengebiet eine Bodenart vorhanden ist, welche ganz besonders geeignet ist, die Feuchtigkeit aufzunehmen und festzuhalten." Ebenso günstig hat sich Professor Fischer über das breite Alluvialtal des Lukkos ausgesprochen, an dessen Mündung Larasch liegt, und das wir bei der Fortsetzung unserer Reise nach Fes am nächsten Tage passierten. Trotzdem das Land so gut wie gar nicht angebaut war, und sich nur kolossale Herden ungezählten Viehs, die angeblich dem Sultan gehören sollen, auf ihm tummelten, machte es den Eindruck außerordentlichster Fruchtbarkeit. Sie könnte zweifellos noch ganz bedeutend gesteigert werden, wenn man das reichliche Wasser des Lukkosflusses zur Bewässerung verwenden würde, was bei dem dort fast andauernd wehenden Wind ohne Schwierigkeit mittels geeigneter Turbinen zu erreichen wäre, um so mehr, als der Wasserstand dort sehr hoch ist und die Jrrigationswässer infolgedessen nur um wenige Meter gehoben zu werden brauchten. Was dieses Land bei geeigneter Bewässerung hervorbringt, haben wir später in Fes gesehen, wo die Wässer des Fesflusses schon seit Hunderten von Jahren der Bewässerung der Stadt und der Umgegend dienen. Über die Möglichkeit einer derartigen Bewässerung schreibt Professor Theobald Fischer: „Bei künstlicher Berieselung, für welche in dem breiten Alluvialtal des Lukkos zwischen El-Ksar-el Kebir und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316950/172>, abgerufen am 22.07.2024.