Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr.Charakter "Ich will überhaupt kein Tier mehr haben. Nie mehr____ Man hängt sein "Wollen Sie also, daß ich mir die ganze Zeit wie ein Verbrecher vorkomme?" Jetzt schlug sie zum erstenmal die Augen voll zu mir auf. "Wieso? ... Sie waren doch im Recht." "Ja! leider!.. . aber trotzdem -- bitte, tun Sie es mir nicht an." Dabei drängte ich ihr den Hund förmlich auf. Und sie nahm ihn. Sie "Danke." Ich fühlte mich geradezu erleichtert und fuhr mir wie nach einer glücklich "Vielleicht können Sie ihn so lieb gewinnen wie den Krapf." "O nein! das nicht!" -- und dann fügte sie gleichsam begütigend bei: Der Major hatte während unseres ganzen Gespräches schweigend und die Da der Major mir in seinem Schreiben mitgeteilt hatte, daß er selbst Jäger "Wenn ich hoffen dürfte, Sie gelegentlich einmal in meinem bescheidenen Ich pflege sonst bei derlei flüchtigen Bekanntschaften sehr vorsichtig zu sein Beim Abschied forderte ich den Major auf, wenn es ihm Vergnügen bereite, Charakter „Ich will überhaupt kein Tier mehr haben. Nie mehr____ Man hängt sein „Wollen Sie also, daß ich mir die ganze Zeit wie ein Verbrecher vorkomme?" Jetzt schlug sie zum erstenmal die Augen voll zu mir auf. „Wieso? ... Sie waren doch im Recht." „Ja! leider!.. . aber trotzdem — bitte, tun Sie es mir nicht an." Dabei drängte ich ihr den Hund förmlich auf. Und sie nahm ihn. Sie „Danke." Ich fühlte mich geradezu erleichtert und fuhr mir wie nach einer glücklich „Vielleicht können Sie ihn so lieb gewinnen wie den Krapf." „O nein! das nicht!" — und dann fügte sie gleichsam begütigend bei: Der Major hatte während unseres ganzen Gespräches schweigend und die Da der Major mir in seinem Schreiben mitgeteilt hatte, daß er selbst Jäger „Wenn ich hoffen dürfte, Sie gelegentlich einmal in meinem bescheidenen Ich pflege sonst bei derlei flüchtigen Bekanntschaften sehr vorsichtig zu sein Beim Abschied forderte ich den Major auf, wenn es ihm Vergnügen bereite, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0508" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/316793"/> <fw type="header" place="top"> Charakter</fw><lb/> <p xml:id="ID_2166"> „Ich will überhaupt kein Tier mehr haben. 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Charakter
„Ich will überhaupt kein Tier mehr haben. Nie mehr____ Man hängt sein
ganzes Herz an so ein Geschöpf, und schließlich geschieht dann doch wieder
etwas .. . und es steht weiß Gott nicht für den Kummer, den man hat."
„Wollen Sie also, daß ich mir die ganze Zeit wie ein Verbrecher vorkomme?"
Jetzt schlug sie zum erstenmal die Augen voll zu mir auf.
„Wieso? ... Sie waren doch im Recht."
„Ja! leider!.. . aber trotzdem — bitte, tun Sie es mir nicht an."
Dabei drängte ich ihr den Hund förmlich auf. Und sie nahm ihn. Sie
senkte wieder die Augen und sagte ganz einfach:
„Danke."
Ich fühlte mich geradezu erleichtert und fuhr mir wie nach einer glücklich
vollbrachten schweren Arbeit mit der Hand durchs Haar.
„Vielleicht können Sie ihn so lieb gewinnen wie den Krapf."
„O nein! das nicht!" — und dann fügte sie gleichsam begütigend bei:
„wenigstens nicht gleich."
Der Major hatte während unseres ganzen Gespräches schweigend und die
Hände auf den Rücken gelegt dagestanden. Er mußte fühlen, daß es eine
Angelegenheit war, die nur wir beide miteinander ins Reine bringen konnten.
Aber jetzt, nachdem wir unser Geschäft glücklich zum Abschluß gebracht hatten,
forderte er mich auf, doch einen Augenblick bei ihm Platz zu nehmen. Ins Hans
wolle er mich nicht führen, denn die gemietete Wohnung sei nicht genügend
repräsentabel. Wir setzten uns, auch Susanne blieb bei uns und hielt den jungen
Hund am Schoß, wo er unter leisem Streicheln bald eingeschlafen war.
Da der Major mir in seinem Schreiben mitgeteilt hatte, daß er selbst Jäger
sei, brachte ich das Gespräch natürlich gleich auf die Jagd, und da schien es, als
hätte ich auf einen Knopf gedrückt, der einen ganzen Mechanismus in Bewegung
setzt. Der Alte begann zu erzählen, ohne jemand anderen zu Wort kommen zu
lassen, aber es war ganz unterhaltend, zuzuhören. Sein Regiment hatte während
seiner Dienstzeit auch in Bosnien gestanden und so wußte er manches Neue und
Merkwürdige von der Jagd in diesen damals gleichsam noch auf einem anderen
Erdteil gelegenen Ländern zu berichten.
„Wenn ich hoffen dürfte, Sie gelegentlich einmal in meinem bescheidenen
Wiener Heim zu begrüßen," meinte er schließlich, „könnte ich Ihnen meine
Trophäen zeigen. Es sind wirklich ein paar sehr schöne Stücke darunter."
Ich pflege sonst bei derlei flüchtigen Bekanntschaften sehr vorsichtig zu sein
und alle Anspielungen auf ein Weiterspinnen des Verkehrs zu überhören. Aber
damals sagte ich sogleich zu und war auch tatsächlich entschlossen, den alten
Offizier einmal im Herbst oder im Winter zu besuchen. Dabei streifte ich Susanne
mit einem Blick, aber sie hatte unser Gespräch, das ja eigentlich nur aus den
ihr jedenfalls schon zum Überdruß bekannten Jagdgeschichten des Alten bestand,
nicht mehr verfolgt und spielte mit dem Hund.
Beim Abschied forderte ich den Major auf, wenn es ihm Vergnügen bereite,
in meinem Revier ein paar Rehböcke abzuschießen. Ihre Gehörne würden zwar
einen Vergleich mit den von ihm in Bosnien erbeuteten Trophäen nicht aushalten,
aber immerhin könne er sich auf eine ihm angenehme Weise ein paar Stunden
im Tag vertreiben. Da war er ganz außer Rand und Band, wollte meine Hand
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