Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr.Peter Behrens und die A, L, G. hier keine nüchterne Glashalle mehr das Ziel war, sondern ein organisch Wenn auch der rechteckige, anspruchsloser geformte Nebenbau den Gesamt¬ Es ist begreiflich, daß die Arbeiter der A. E. G. für die Schönheit dieser Mir scheint, wir können uus in jeder Hinsicht zu dem Vorgehen der A. E. G. Peter Behrens und die A, L, G. hier keine nüchterne Glashalle mehr das Ziel war, sondern ein organisch Wenn auch der rechteckige, anspruchsloser geformte Nebenbau den Gesamt¬ Es ist begreiflich, daß die Arbeiter der A. E. G. für die Schönheit dieser Mir scheint, wir können uus in jeder Hinsicht zu dem Vorgehen der A. E. G. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0041" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/316330"/> <fw type="header" place="top"> Peter Behrens und die A, L, G.</fw><lb/> <p xml:id="ID_110" prev="#ID_109"> hier keine nüchterne Glashalle mehr das Ziel war, sondern ein organisch<lb/> gestalteter, ständig begrenzter Raum, ein Stück Raumkunst.</p><lb/> <p xml:id="ID_111"> Wenn auch der rechteckige, anspruchsloser geformte Nebenbau den Gesamt¬<lb/> eindruck dieses eigenartigen Fabrikgebäudes nicht gerade hebt, so muß man doch<lb/> sagen, daß hier rein aus den Raumbedingungen der großen Werkstätte heraus<lb/> ein bauliches Monument der Arbeit von Peter Behrens geschaffen worden ist.<lb/> Und noch entschiedener fast kommt die monumentale Absicht zum Ausdruck beim<lb/> Entwurf für eine Fabrik in der Brunnenstraße. Wer dächte bei diesen groß<lb/> gegliederten Baumassen, die ihr eisernes Knochengerüst trotz der etwas reichlicher<lb/> angewendeten Betonfüllung keinen Augenblick verleugnen, noch an die draht¬<lb/> mäßigen und zerbrechlichen Eisenkonstruktionen, die uns die jüngste Vergangen¬<lb/> heit als höchste Leistungen der Ingenieurkunst gegeben hat? Auch hier ist,<lb/> ebenso wie bei dem vorigen Bau, auf jeden plastischen wie ornamentalen<lb/> Schmuck verzichtet worden. Lediglich der fein verteilte Rhythmus der kleinen<lb/> und großen Raumkörper, der vertikalen und horizontalen Linien, der Wechsel<lb/> von stützenden und füllenden Flächen macht diese wirklich baumeisterliche Phantasie<lb/> unserer Zeit so schön.</p><lb/> <p xml:id="ID_112"> Es ist begreiflich, daß die Arbeiter der A. E. G. für die Schönheit dieser<lb/> Neubauten empfänglich sind und den Wunsch haben, lieber hier als in ihren<lb/> alten Werkstätten zu schaffen. Das ist freilich für die meisten der vierunddreißig-<lb/> tausend Arbeiter vorerst ein frommer Wunsch. Mit welchen Zahlen die A. E. G.<lb/> sonst aufwarten kann, ist lehrreich genug: 44 Millionen Mark Löhne, 114<lb/> Millionen Mark Rohmaterialien, eine Viertelmilliarde Mark Umsatz im Jahr.<lb/> Bei solchen: Betriebsumfange kann auch die soziale Fürsorge besondere und<lb/> vorbildliche Form gewinnen: wie ich höre, ist Behrens schon dabei, für<lb/> zweitausendfünfhundert Angestellte des Betriebes den Bebauungsplan einer<lb/> Gartenstadt zu entwerfen, die in der Nähe des Tegeler Kanals errichtet werden<lb/> soll. Man sieht, die A. E. G. bleibt nicht bei halben oder kleinen Maßnahmen<lb/> stehen, sie schafft ganze Arbeit. Vermutlich hat sie ihre Rechnung bestätigt<lb/> gefunden, daß die richtig verwendete künstlerische Kraft auch für ein industrielles<lb/> Unternehmen keine Luxusausgabe, sondern einen geschäftlichen Gewinn bedeutet.<lb/> Sie ist so weit gegangen, die alten Modelle für ihre elektrischen Kleingeräte zu<lb/> vernichten und lediglich nach den Entwürfen von Behrens zu arbeiten. Wer<lb/> diese neuen Formen nicht will, der mag zur Konkurrenz gehen. Daß diese<lb/> neuen Formen freilich in der Herstellung billiger sein dürften als die dekorierten<lb/> alten, mag bei der geschäftlichen Erwägung dieser Neuerung auch angesprochen<lb/> haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_113" next="#ID_114"> Mir scheint, wir können uus in jeder Hinsicht zu dem Vorgehen der A. E. G.<lb/> Glück wünschen. Ein jeder Arbeitsprozeß führt, wenn er richtig verläuft, zur<lb/> Materialveredlung. Volkswirtschaftlich betrachtet kommt es darauf an, diese<lb/> Veredlung so hoch emporzuträgeu wie nur möglich. Technische Zweckvollendung,<lb/> wie sie die deutsche Industrie heute glücklicherweise auf manchen Gebieten</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0041]
Peter Behrens und die A, L, G.
hier keine nüchterne Glashalle mehr das Ziel war, sondern ein organisch
gestalteter, ständig begrenzter Raum, ein Stück Raumkunst.
Wenn auch der rechteckige, anspruchsloser geformte Nebenbau den Gesamt¬
eindruck dieses eigenartigen Fabrikgebäudes nicht gerade hebt, so muß man doch
sagen, daß hier rein aus den Raumbedingungen der großen Werkstätte heraus
ein bauliches Monument der Arbeit von Peter Behrens geschaffen worden ist.
Und noch entschiedener fast kommt die monumentale Absicht zum Ausdruck beim
Entwurf für eine Fabrik in der Brunnenstraße. Wer dächte bei diesen groß
gegliederten Baumassen, die ihr eisernes Knochengerüst trotz der etwas reichlicher
angewendeten Betonfüllung keinen Augenblick verleugnen, noch an die draht¬
mäßigen und zerbrechlichen Eisenkonstruktionen, die uns die jüngste Vergangen¬
heit als höchste Leistungen der Ingenieurkunst gegeben hat? Auch hier ist,
ebenso wie bei dem vorigen Bau, auf jeden plastischen wie ornamentalen
Schmuck verzichtet worden. Lediglich der fein verteilte Rhythmus der kleinen
und großen Raumkörper, der vertikalen und horizontalen Linien, der Wechsel
von stützenden und füllenden Flächen macht diese wirklich baumeisterliche Phantasie
unserer Zeit so schön.
Es ist begreiflich, daß die Arbeiter der A. E. G. für die Schönheit dieser
Neubauten empfänglich sind und den Wunsch haben, lieber hier als in ihren
alten Werkstätten zu schaffen. Das ist freilich für die meisten der vierunddreißig-
tausend Arbeiter vorerst ein frommer Wunsch. Mit welchen Zahlen die A. E. G.
sonst aufwarten kann, ist lehrreich genug: 44 Millionen Mark Löhne, 114
Millionen Mark Rohmaterialien, eine Viertelmilliarde Mark Umsatz im Jahr.
Bei solchen: Betriebsumfange kann auch die soziale Fürsorge besondere und
vorbildliche Form gewinnen: wie ich höre, ist Behrens schon dabei, für
zweitausendfünfhundert Angestellte des Betriebes den Bebauungsplan einer
Gartenstadt zu entwerfen, die in der Nähe des Tegeler Kanals errichtet werden
soll. Man sieht, die A. E. G. bleibt nicht bei halben oder kleinen Maßnahmen
stehen, sie schafft ganze Arbeit. Vermutlich hat sie ihre Rechnung bestätigt
gefunden, daß die richtig verwendete künstlerische Kraft auch für ein industrielles
Unternehmen keine Luxusausgabe, sondern einen geschäftlichen Gewinn bedeutet.
Sie ist so weit gegangen, die alten Modelle für ihre elektrischen Kleingeräte zu
vernichten und lediglich nach den Entwürfen von Behrens zu arbeiten. Wer
diese neuen Formen nicht will, der mag zur Konkurrenz gehen. Daß diese
neuen Formen freilich in der Herstellung billiger sein dürften als die dekorierten
alten, mag bei der geschäftlichen Erwägung dieser Neuerung auch angesprochen
haben.
Mir scheint, wir können uus in jeder Hinsicht zu dem Vorgehen der A. E. G.
Glück wünschen. Ein jeder Arbeitsprozeß führt, wenn er richtig verläuft, zur
Materialveredlung. Volkswirtschaftlich betrachtet kommt es darauf an, diese
Veredlung so hoch emporzuträgeu wie nur möglich. Technische Zweckvollendung,
wie sie die deutsche Industrie heute glücklicherweise auf manchen Gebieten
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