Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr.Das neue Versicheruilgsrecht Vertragsgesetz hatte im Z 163 hier eine zehnjährige Wartefrist vorgesehen. Mit Die Frage des Selbstmordes hatte bei den Beratungen des Versicherungs¬ Mit der obenerwähnten Unbedingtheit der Leistungspflicht des Versicherers Das neue Versicheruilgsrecht Vertragsgesetz hatte im Z 163 hier eine zehnjährige Wartefrist vorgesehen. Mit Die Frage des Selbstmordes hatte bei den Beratungen des Versicherungs¬ Mit der obenerwähnten Unbedingtheit der Leistungspflicht des Versicherers <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0345" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/316634"/> <fw type="header" place="top"> Das neue Versicheruilgsrecht</fw><lb/> <p xml:id="ID_1494" prev="#ID_1493"> Vertragsgesetz hatte im Z 163 hier eine zehnjährige Wartefrist vorgesehen. Mit<lb/> der Gefahrerhöhung hängt der Begriff der Weltpolice zusammen, der gleichfalls<lb/> in den neuen Bedingungen weitherzig ausgebildet ist. Nach Ablauf von zwei<lb/> Jahren seit Ausstellung des Versicherungsscheins ist dem Versicherten der Aufenthalt<lb/> in allen Teilen der Welt freigegeben; während der ersten zwei Jahre ist nur<lb/> der Tod infolge eines Aufenthalts in den Tropen ausgeschlossen, weil der<lb/> Tropenaufenthalt in der Tat besonders lebensgefährlich ist und deshalb eine<lb/> merkliche Beschwerung der Versicherungsgesellschaft darstellt. Für die Kriegs¬<lb/> versicherung gelten besondere Einrichtungen und Bestimmungen. Gänzlich sind<lb/> aus den Bedingungen verschwunden die bisherigen verschiedenartigen Vorschriften<lb/> über Änderungen des Berufs und der Lebensweise, also der Übergang zu einem<lb/> besonders gefahrvollen oder lebensgefährlichen Berufe, wozu man namentlich<lb/> auch das Älkoholgewerbe, Gaswirtschaft und dergleichen im weitesten Umfange<lb/> gerechnet hat, mutwilliger oder ausschweifender Lebenswandel, Verurteilung zu<lb/> längerer Freiheitsstrafe usw. Die Bedingungen entsprechen damit dem § 164<lb/> des Bersicherungsvertragsgesetzes, der sür derartige Beschränkungen besondere<lb/> ausdrückliche und schriftliche Vereinbarung verlangt, wobei sich aus naheliegenden<lb/> Gründen allzu merkbare Beschränkungen des Versicherungsnehmers von selbst<lb/> verbieten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1495"> Die Frage des Selbstmordes hatte bei den Beratungen des Versicherungs¬<lb/> vertragsgesetzes noch eine große Rolle gespielt; in den Bedingungen wird nun¬<lb/> mehr einheitlich bestimmt, daß auch im Falle des Selbstmordes die Versicherungs¬<lb/> summe fällig wird, wenn entweder beim Ableben des Versicherten seit Aus¬<lb/> stellung des Versicherungsscheins zwei Jahre verstrichen sind oder wenn, in den<lb/> ersten zwei Jahren, der Nachweis erbracht wird, daß die Tat in einem die<lb/> freie Willensbestimmung ausschließenden Zustande krankhafter Störung der<lb/> Geistestätigkeit begangen worden ist. Hinsichtlich des Zweikampfs, der gleichfalls<lb/> bei den Beratungen des Versicherungsvertragsgesetzes lebhaft erörtert worden<lb/> ist, verlangt das Aufsichtsamt die Aufnahme einer besondern Frage im Antrags¬<lb/> formular, ob der Antragsteller Grund zu der Annahme habe, daß er demnächst<lb/> zu einem Zweikampf genötigt sein werde, eine wunderliche Beseitigung, die sich<lb/> kaum auf die Dauer wird aufrecht erhalten lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1496" next="#ID_1497"> Mit der obenerwähnten Unbedingtheit der Leistungspflicht des Versicherers<lb/> hängt ferner zusammen, daß in jeder Lebensversicherung ein Sparelement steckt.<lb/> Nach den technischen Grundsätzen, auf denen die Berechnung der Prämie beruht,<lb/> muß ein gewisser Teil der Prämie gerade dein Versicherten zugute kommen,<lb/> der sie gezahlt hat; es bildet sich auf diese Weise in gewissem Sinne ein Spar¬<lb/> guthaben bei der Versicherungsgesellschaft, das allein für den einzelnen Ver¬<lb/> sicherten bestimmt ist, auch wenn der Versicherungsfall noch nicht eingetreten ist.<lb/> Wie schon erwähnt, spricht man hier von der Prämienreserve, einem der<lb/> schwierigsten Begriffe des ganzen Versicherungswesens. Wenn also der Ver¬<lb/> sicherungsnehmer die Versicherung aufgeben will oder die Versicherung auf</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0345]
Das neue Versicheruilgsrecht
Vertragsgesetz hatte im Z 163 hier eine zehnjährige Wartefrist vorgesehen. Mit
der Gefahrerhöhung hängt der Begriff der Weltpolice zusammen, der gleichfalls
in den neuen Bedingungen weitherzig ausgebildet ist. Nach Ablauf von zwei
Jahren seit Ausstellung des Versicherungsscheins ist dem Versicherten der Aufenthalt
in allen Teilen der Welt freigegeben; während der ersten zwei Jahre ist nur
der Tod infolge eines Aufenthalts in den Tropen ausgeschlossen, weil der
Tropenaufenthalt in der Tat besonders lebensgefährlich ist und deshalb eine
merkliche Beschwerung der Versicherungsgesellschaft darstellt. Für die Kriegs¬
versicherung gelten besondere Einrichtungen und Bestimmungen. Gänzlich sind
aus den Bedingungen verschwunden die bisherigen verschiedenartigen Vorschriften
über Änderungen des Berufs und der Lebensweise, also der Übergang zu einem
besonders gefahrvollen oder lebensgefährlichen Berufe, wozu man namentlich
auch das Älkoholgewerbe, Gaswirtschaft und dergleichen im weitesten Umfange
gerechnet hat, mutwilliger oder ausschweifender Lebenswandel, Verurteilung zu
längerer Freiheitsstrafe usw. Die Bedingungen entsprechen damit dem § 164
des Bersicherungsvertragsgesetzes, der sür derartige Beschränkungen besondere
ausdrückliche und schriftliche Vereinbarung verlangt, wobei sich aus naheliegenden
Gründen allzu merkbare Beschränkungen des Versicherungsnehmers von selbst
verbieten.
Die Frage des Selbstmordes hatte bei den Beratungen des Versicherungs¬
vertragsgesetzes noch eine große Rolle gespielt; in den Bedingungen wird nun¬
mehr einheitlich bestimmt, daß auch im Falle des Selbstmordes die Versicherungs¬
summe fällig wird, wenn entweder beim Ableben des Versicherten seit Aus¬
stellung des Versicherungsscheins zwei Jahre verstrichen sind oder wenn, in den
ersten zwei Jahren, der Nachweis erbracht wird, daß die Tat in einem die
freie Willensbestimmung ausschließenden Zustande krankhafter Störung der
Geistestätigkeit begangen worden ist. Hinsichtlich des Zweikampfs, der gleichfalls
bei den Beratungen des Versicherungsvertragsgesetzes lebhaft erörtert worden
ist, verlangt das Aufsichtsamt die Aufnahme einer besondern Frage im Antrags¬
formular, ob der Antragsteller Grund zu der Annahme habe, daß er demnächst
zu einem Zweikampf genötigt sein werde, eine wunderliche Beseitigung, die sich
kaum auf die Dauer wird aufrecht erhalten lassen.
Mit der obenerwähnten Unbedingtheit der Leistungspflicht des Versicherers
hängt ferner zusammen, daß in jeder Lebensversicherung ein Sparelement steckt.
Nach den technischen Grundsätzen, auf denen die Berechnung der Prämie beruht,
muß ein gewisser Teil der Prämie gerade dein Versicherten zugute kommen,
der sie gezahlt hat; es bildet sich auf diese Weise in gewissem Sinne ein Spar¬
guthaben bei der Versicherungsgesellschaft, das allein für den einzelnen Ver¬
sicherten bestimmt ist, auch wenn der Versicherungsfall noch nicht eingetreten ist.
Wie schon erwähnt, spricht man hier von der Prämienreserve, einem der
schwierigsten Begriffe des ganzen Versicherungswesens. Wenn also der Ver¬
sicherungsnehmer die Versicherung aufgeben will oder die Versicherung auf
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