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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr.

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Das neue versicherungsrecht

versäumt, so werden Versicherungsfälle, die sich nach Ablauf dieser zwei Wochen
(Anzeigefrist) plus einen Monat (Kündigungsfrist) ereignen, nicht mehr vergütet,
bis der Versicherungsnehmer die Anzeige nachholt und die Versicherungsgesellschaft
dann die Kündigungsfrist verstreichen läßt. Auch die Außenversicherung, die
bisher von den Versicherungsgesellschaften auf besonderes Verlangen genährt
wurde, also die Versicherung der Sachen, die man auf die Reise usw. mitnimmt,
ist bis zu einem bestimmten Betrage nunmehr Bestandteil der Allgemeinen
Versichcrungsbedingungen geworden (bis höchstens 2000 Mark und 10 Prozent
der versicherten Sachen gleicher Art).

In: Versichcrungsvertragsgesetz ist vorgeschrieben, daß, wenn eine Feuer¬
versicherung für einen Inbegriff von Sachen genommen ist, also z. B. für eine
Wohnungseinrichtung, sie sich auf die Sachen der zur Familie des Versicherungs¬
nehmers gehörenden sowie der in einem Dienstverhältnis zu ihm stehenden
Personen erstreckt, sofern diese Personen in häuslicher Gemeinschaft mit dem
Versicherungsnehmer leben. Dies galt übrigens auch schon früher auf Grund
besonderer Policebestimmungen.

Von besonderer praktischer Wichtigkeit sind die Vorschriften über die
Obliegenheiten des Versicherungsnehmers nach Eintritt eines Brandschadens.
Hier wird vor allen Dingen die sofortige Anzeige des Brandes an die Ver¬
sicherungsgesellschaft oder an den Agenten gefordert; diese Anzeige ist binnen
zwei Tagen zu erstatten; wird sie versäumt, so ist der Anspruch auf die Ent¬
schädigung verwirkt, es sei denn, daß der Versicherte die Versäumnis entschuldigen
kann, also z. B. krank oder verreist gewesen ist oder den Brand erst nachträglich
erfahren hat. Diese Anspruchsverwirkung ist streng, aber unentbehrlich, weil
die Versicherungsgesellschaften ohnehin in weitgehendem Maße auf die Angaben
des Versicherungsnehmers angewiesen sind und nach Ablauf einer gewissen Zeit
diese natürlich überhaupt nicht mehr nachprüfen können. Es sind ferner auf
Verlangen der Gesellschaft innerhalb einer angemessenen Frist von mindestens
Zwei Wochen spezielle vom Versicherungsnehmer unterschriebene Verzeichnisse
über die zur Zeit des Verficherungsfalls vorhanden gewesenen, die vom Schaden
betroffenen oder abhanden gekommenen und die in beschädigten oder unbeschädigten!
Zustande geretteten Sachen einzureichen, und zwar unter Angabe der Werte der
Sachen; der Verhinderer kann auch Belege und sonstige Auskunft fordern und
selber Nachforschungen anstellen. Auch hier ist überall für die schuldhafte
Verletzung dieser Pflichten die Verwirkung des Anspruchs angedroht, namentlich
für jeden Versuch einer arglistigen Täuschung der Versicherungsgesellschaft bei
den Regulierungsverhandlungen, also insbesondere für bewußt falsche Angaben
über die Menge und den Wert der beschädigten Sachen; man spricht hier von
Verletzung der Assekuranztreue. Übrigens ist- der Brand und das Abhanden¬
kommen verhinderter Sachen auch der Polizeibehörde anzuzeigen.

Die Entschädigung wird nur gewährt nach der Höhe des tatsächlich ein¬
getretenen Schadens; die Versicherungssumme, die in: Versicherungsschein angegeben


Das neue versicherungsrecht

versäumt, so werden Versicherungsfälle, die sich nach Ablauf dieser zwei Wochen
(Anzeigefrist) plus einen Monat (Kündigungsfrist) ereignen, nicht mehr vergütet,
bis der Versicherungsnehmer die Anzeige nachholt und die Versicherungsgesellschaft
dann die Kündigungsfrist verstreichen läßt. Auch die Außenversicherung, die
bisher von den Versicherungsgesellschaften auf besonderes Verlangen genährt
wurde, also die Versicherung der Sachen, die man auf die Reise usw. mitnimmt,
ist bis zu einem bestimmten Betrage nunmehr Bestandteil der Allgemeinen
Versichcrungsbedingungen geworden (bis höchstens 2000 Mark und 10 Prozent
der versicherten Sachen gleicher Art).

In: Versichcrungsvertragsgesetz ist vorgeschrieben, daß, wenn eine Feuer¬
versicherung für einen Inbegriff von Sachen genommen ist, also z. B. für eine
Wohnungseinrichtung, sie sich auf die Sachen der zur Familie des Versicherungs¬
nehmers gehörenden sowie der in einem Dienstverhältnis zu ihm stehenden
Personen erstreckt, sofern diese Personen in häuslicher Gemeinschaft mit dem
Versicherungsnehmer leben. Dies galt übrigens auch schon früher auf Grund
besonderer Policebestimmungen.

Von besonderer praktischer Wichtigkeit sind die Vorschriften über die
Obliegenheiten des Versicherungsnehmers nach Eintritt eines Brandschadens.
Hier wird vor allen Dingen die sofortige Anzeige des Brandes an die Ver¬
sicherungsgesellschaft oder an den Agenten gefordert; diese Anzeige ist binnen
zwei Tagen zu erstatten; wird sie versäumt, so ist der Anspruch auf die Ent¬
schädigung verwirkt, es sei denn, daß der Versicherte die Versäumnis entschuldigen
kann, also z. B. krank oder verreist gewesen ist oder den Brand erst nachträglich
erfahren hat. Diese Anspruchsverwirkung ist streng, aber unentbehrlich, weil
die Versicherungsgesellschaften ohnehin in weitgehendem Maße auf die Angaben
des Versicherungsnehmers angewiesen sind und nach Ablauf einer gewissen Zeit
diese natürlich überhaupt nicht mehr nachprüfen können. Es sind ferner auf
Verlangen der Gesellschaft innerhalb einer angemessenen Frist von mindestens
Zwei Wochen spezielle vom Versicherungsnehmer unterschriebene Verzeichnisse
über die zur Zeit des Verficherungsfalls vorhanden gewesenen, die vom Schaden
betroffenen oder abhanden gekommenen und die in beschädigten oder unbeschädigten!
Zustande geretteten Sachen einzureichen, und zwar unter Angabe der Werte der
Sachen; der Verhinderer kann auch Belege und sonstige Auskunft fordern und
selber Nachforschungen anstellen. Auch hier ist überall für die schuldhafte
Verletzung dieser Pflichten die Verwirkung des Anspruchs angedroht, namentlich
für jeden Versuch einer arglistigen Täuschung der Versicherungsgesellschaft bei
den Regulierungsverhandlungen, also insbesondere für bewußt falsche Angaben
über die Menge und den Wert der beschädigten Sachen; man spricht hier von
Verletzung der Assekuranztreue. Übrigens ist- der Brand und das Abhanden¬
kommen verhinderter Sachen auch der Polizeibehörde anzuzeigen.

Die Entschädigung wird nur gewährt nach der Höhe des tatsächlich ein¬
getretenen Schadens; die Versicherungssumme, die in: Versicherungsschein angegeben


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[0343] Das neue versicherungsrecht versäumt, so werden Versicherungsfälle, die sich nach Ablauf dieser zwei Wochen (Anzeigefrist) plus einen Monat (Kündigungsfrist) ereignen, nicht mehr vergütet, bis der Versicherungsnehmer die Anzeige nachholt und die Versicherungsgesellschaft dann die Kündigungsfrist verstreichen läßt. Auch die Außenversicherung, die bisher von den Versicherungsgesellschaften auf besonderes Verlangen genährt wurde, also die Versicherung der Sachen, die man auf die Reise usw. mitnimmt, ist bis zu einem bestimmten Betrage nunmehr Bestandteil der Allgemeinen Versichcrungsbedingungen geworden (bis höchstens 2000 Mark und 10 Prozent der versicherten Sachen gleicher Art). In: Versichcrungsvertragsgesetz ist vorgeschrieben, daß, wenn eine Feuer¬ versicherung für einen Inbegriff von Sachen genommen ist, also z. B. für eine Wohnungseinrichtung, sie sich auf die Sachen der zur Familie des Versicherungs¬ nehmers gehörenden sowie der in einem Dienstverhältnis zu ihm stehenden Personen erstreckt, sofern diese Personen in häuslicher Gemeinschaft mit dem Versicherungsnehmer leben. Dies galt übrigens auch schon früher auf Grund besonderer Policebestimmungen. Von besonderer praktischer Wichtigkeit sind die Vorschriften über die Obliegenheiten des Versicherungsnehmers nach Eintritt eines Brandschadens. Hier wird vor allen Dingen die sofortige Anzeige des Brandes an die Ver¬ sicherungsgesellschaft oder an den Agenten gefordert; diese Anzeige ist binnen zwei Tagen zu erstatten; wird sie versäumt, so ist der Anspruch auf die Ent¬ schädigung verwirkt, es sei denn, daß der Versicherte die Versäumnis entschuldigen kann, also z. B. krank oder verreist gewesen ist oder den Brand erst nachträglich erfahren hat. Diese Anspruchsverwirkung ist streng, aber unentbehrlich, weil die Versicherungsgesellschaften ohnehin in weitgehendem Maße auf die Angaben des Versicherungsnehmers angewiesen sind und nach Ablauf einer gewissen Zeit diese natürlich überhaupt nicht mehr nachprüfen können. Es sind ferner auf Verlangen der Gesellschaft innerhalb einer angemessenen Frist von mindestens Zwei Wochen spezielle vom Versicherungsnehmer unterschriebene Verzeichnisse über die zur Zeit des Verficherungsfalls vorhanden gewesenen, die vom Schaden betroffenen oder abhanden gekommenen und die in beschädigten oder unbeschädigten! Zustande geretteten Sachen einzureichen, und zwar unter Angabe der Werte der Sachen; der Verhinderer kann auch Belege und sonstige Auskunft fordern und selber Nachforschungen anstellen. Auch hier ist überall für die schuldhafte Verletzung dieser Pflichten die Verwirkung des Anspruchs angedroht, namentlich für jeden Versuch einer arglistigen Täuschung der Versicherungsgesellschaft bei den Regulierungsverhandlungen, also insbesondere für bewußt falsche Angaben über die Menge und den Wert der beschädigten Sachen; man spricht hier von Verletzung der Assekuranztreue. Übrigens ist- der Brand und das Abhanden¬ kommen verhinderter Sachen auch der Polizeibehörde anzuzeigen. Die Entschädigung wird nur gewährt nach der Höhe des tatsächlich ein¬ getretenen Schadens; die Versicherungssumme, die in: Versicherungsschein angegeben

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_316288/343>, abgerufen am 03.07.2024.