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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr.

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Also so stand es um ihren eleganten LlMtle-boarol-Partner! Miß Alice
traten die Tränen in die Angen.

Das Essen wurde aufgetragen.

Doktor Jerum wurde geweckt, schlug die Augen auf und fühlte sich aus einmal
kreuzfidel. Man speiste und trank, scherzte und lachte. Miß Granton trank
Eis- oder wenigstens eisiges Wasser. Doktor Jerum Bier mit einem Wuppdi
vorauf. An seinen Brief dachte er nicht. Aber Miß Alice dachte daran. Doch
sie hütete sich, davon zu sprechen.

Dann zeigte sie ihrem Freunde die gekauften Altvierdörser Sachen. Miß
Granton hatte alles mögliche gekauft, fogar Männerzeug.

"Was," sagte Doktor Jerum, "das sollen Altvierdörser Stücke sein? dies
Brusttuch? diese Mäuuerjacken? Und das? -- und das? -- und das? Na,
der hat Sie schön übers Ohr gehauen."
'

"Nicht echt?" fragte MißAlice. "Nicht alt?"

"I wo. Nicht älter, noch nicht mal so alt wie Sie und ich. -- Na warte,
mein Junge. -- Kommen Sie, Miß Granton, diesem alten Sünder wollen wir
die Schlappohren lang ziehen."

Man ging nebst Ilm und Paket zu Nikodemus Meyer.

"Tag, Nikodemus," sagte Doktor Jerum. "Haben Sie mal von Ihren:
Namensvetter, dein Nikodemus der Bibel gehört? Das war ein reeller Nikodemus.
Sie sind ein unreeller Nikodemus. Wissen Sie, was dieser junge Mann vorstellt"
(er wies auf Ilm). "Das ist ein Chauffeur. Ein EinHeizer. Sust ut as de
Dübel. Den haben wir mitgebracht, um Ihnen einzuheizen. Was haben Sie
der Dame hier angedreht? Das sollen alte, echte Stücke sein? Die haben Sie
in Hamburg oder sonstwo zurechtprünen lassen. Nil man wedder rut mit de
Dalers, oder gute Ware!"

(Fortsetzung folgt.)




Maßgebliches und Unmaßgebliches
Reichsspiegel

Dernburgs Rücktritt -- Die Besprechung der päpstlichen Enzyklika im
Abgeordnetenhause.

Die Leitung des Neichskolonialamts ist in andre Hände übergegangen.
Staatssekretär Dernburg hat seinen Abschied genommen, und der bisherige Unter¬
staatssekretär v. Lindequist ist an seine Stelle getreten. Ein Ereignis von nicht
geringer Bedeutung, nicht nur für die Kolonialpolitik, sondern auch für die
allgemeine Politik. In den tiefer eingeweihten Kreisen wußte man seit längerer
Zeit, daß Herr Dernberg gehen wollte. Als er dann im Mai dieses Jahres


Grenzboten II 1910 "6

Also so stand es um ihren eleganten LlMtle-boarol-Partner! Miß Alice
traten die Tränen in die Angen.

Das Essen wurde aufgetragen.

Doktor Jerum wurde geweckt, schlug die Augen auf und fühlte sich aus einmal
kreuzfidel. Man speiste und trank, scherzte und lachte. Miß Granton trank
Eis- oder wenigstens eisiges Wasser. Doktor Jerum Bier mit einem Wuppdi
vorauf. An seinen Brief dachte er nicht. Aber Miß Alice dachte daran. Doch
sie hütete sich, davon zu sprechen.

Dann zeigte sie ihrem Freunde die gekauften Altvierdörser Sachen. Miß
Granton hatte alles mögliche gekauft, fogar Männerzeug.

„Was," sagte Doktor Jerum, „das sollen Altvierdörser Stücke sein? dies
Brusttuch? diese Mäuuerjacken? Und das? — und das? — und das? Na,
der hat Sie schön übers Ohr gehauen."
'

„Nicht echt?" fragte MißAlice. „Nicht alt?"

„I wo. Nicht älter, noch nicht mal so alt wie Sie und ich. — Na warte,
mein Junge. — Kommen Sie, Miß Granton, diesem alten Sünder wollen wir
die Schlappohren lang ziehen."

Man ging nebst Ilm und Paket zu Nikodemus Meyer.

„Tag, Nikodemus," sagte Doktor Jerum. „Haben Sie mal von Ihren:
Namensvetter, dein Nikodemus der Bibel gehört? Das war ein reeller Nikodemus.
Sie sind ein unreeller Nikodemus. Wissen Sie, was dieser junge Mann vorstellt"
(er wies auf Ilm). „Das ist ein Chauffeur. Ein EinHeizer. Sust ut as de
Dübel. Den haben wir mitgebracht, um Ihnen einzuheizen. Was haben Sie
der Dame hier angedreht? Das sollen alte, echte Stücke sein? Die haben Sie
in Hamburg oder sonstwo zurechtprünen lassen. Nil man wedder rut mit de
Dalers, oder gute Ware!"

(Fortsetzung folgt.)




Maßgebliches und Unmaßgebliches
Reichsspiegel

Dernburgs Rücktritt — Die Besprechung der päpstlichen Enzyklika im
Abgeordnetenhause.

Die Leitung des Neichskolonialamts ist in andre Hände übergegangen.
Staatssekretär Dernburg hat seinen Abschied genommen, und der bisherige Unter¬
staatssekretär v. Lindequist ist an seine Stelle getreten. Ein Ereignis von nicht
geringer Bedeutung, nicht nur für die Kolonialpolitik, sondern auch für die
allgemeine Politik. In den tiefer eingeweihten Kreisen wußte man seit längerer
Zeit, daß Herr Dernberg gehen wollte. Als er dann im Mai dieses Jahres


Grenzboten II 1910 «6
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[0533] Also so stand es um ihren eleganten LlMtle-boarol-Partner! Miß Alice traten die Tränen in die Angen. Das Essen wurde aufgetragen. Doktor Jerum wurde geweckt, schlug die Augen auf und fühlte sich aus einmal kreuzfidel. Man speiste und trank, scherzte und lachte. Miß Granton trank Eis- oder wenigstens eisiges Wasser. Doktor Jerum Bier mit einem Wuppdi vorauf. An seinen Brief dachte er nicht. Aber Miß Alice dachte daran. Doch sie hütete sich, davon zu sprechen. Dann zeigte sie ihrem Freunde die gekauften Altvierdörser Sachen. Miß Granton hatte alles mögliche gekauft, fogar Männerzeug. „Was," sagte Doktor Jerum, „das sollen Altvierdörser Stücke sein? dies Brusttuch? diese Mäuuerjacken? Und das? — und das? — und das? Na, der hat Sie schön übers Ohr gehauen." ' „Nicht echt?" fragte MißAlice. „Nicht alt?" „I wo. Nicht älter, noch nicht mal so alt wie Sie und ich. — Na warte, mein Junge. — Kommen Sie, Miß Granton, diesem alten Sünder wollen wir die Schlappohren lang ziehen." Man ging nebst Ilm und Paket zu Nikodemus Meyer. „Tag, Nikodemus," sagte Doktor Jerum. „Haben Sie mal von Ihren: Namensvetter, dein Nikodemus der Bibel gehört? Das war ein reeller Nikodemus. Sie sind ein unreeller Nikodemus. Wissen Sie, was dieser junge Mann vorstellt" (er wies auf Ilm). „Das ist ein Chauffeur. Ein EinHeizer. Sust ut as de Dübel. Den haben wir mitgebracht, um Ihnen einzuheizen. Was haben Sie der Dame hier angedreht? Das sollen alte, echte Stücke sein? Die haben Sie in Hamburg oder sonstwo zurechtprünen lassen. Nil man wedder rut mit de Dalers, oder gute Ware!" (Fortsetzung folgt.) Maßgebliches und Unmaßgebliches Reichsspiegel Dernburgs Rücktritt — Die Besprechung der päpstlichen Enzyklika im Abgeordnetenhause. Die Leitung des Neichskolonialamts ist in andre Hände übergegangen. Staatssekretär Dernburg hat seinen Abschied genommen, und der bisherige Unter¬ staatssekretär v. Lindequist ist an seine Stelle getreten. Ein Ereignis von nicht geringer Bedeutung, nicht nur für die Kolonialpolitik, sondern auch für die allgemeine Politik. In den tiefer eingeweihten Kreisen wußte man seit längerer Zeit, daß Herr Dernberg gehen wollte. Als er dann im Mai dieses Jahres Grenzboten II 1910 «6

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_315638/533>, abgerufen am 01.07.2024.