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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Doktor Jerum erinnerte sich an gewisse sehr umfangreiche Libationen, die auf
den großen Passagierdampfern von den Amerikanern in den Kabinen dem Götzen
Whisky dargebracht werden und dachte bei sich: die einen saufen heimlich und
die andern unheimlich, sagte es aber nicht. Sondern er erwiderte höflich:

"Ich muß Ihnen diesen .Brummschädel' erklären, Fräulein Doktor, vielleicht
urteilen Sie dann milder. Sehen Sie, ich habe gestern mittag einen -- ich
darf wohl sagen: für mich sehr traurigen -- Brief erhalten. Darauf bekam
ich schreckliches Heimweh nach Persien, und diesen Schmerz mußte ich betäuben.
Ein paar Freunde haben mir dabei geholfen."

"A--vnd, wie tut mir das leid!" sagte Miß Granton bewegt. "Es ist
doch keine von Ihren Relationen" -- .Verwandtschaft', verbesserte Doktor Jerum --
"gestorben? Eine von Ihre Eltern oder eine Braut?"

Das fehlte noch, dachte Doktor Jerum, daß ich in Persien oder sonstwo .eine,
oder sogar mehrere Bräute sitzen hätte, und sagte:

"Ach nein, es ist mehr ein geschäftlicher Kummer. Und 'ne Braut hab'
ich überhaupt uicht."

"Aber, Mr. Jerum, wie kamen Sie "ach Persien?"

"Hingereist," sagte Dr. Jerum. "Haben Sie mal etwas von den Kadjaren
gehört?"

Davon hatte Miß Grantou uoch nichts gehört.

"Na, sehen Sie, also diese Kadjaren----aber wie stößt dies
Automobil!"

"Wohl uicht gut für Ihren Bunnnschädel?"

"Brummschädel", verbesserte Doktor Jerum.

(Fortsetzung folgt.)




Maßgebliches und Unmaßgebliches
Reichsspiegel

Fremde Besuche in Berlin -- Gwinner gegen Rheinbaben.

Die Reichshauptstadt hat in dieser Woche politisch bedeutsame Besuche gesehen.
Das belgische Königspaar stattete dem deutschen Kaiserhof einen offiziellen Besuch
ab, ferner erschien der italienische Minister des Auswärtigen, der Marchese
ti San Giuliano, in Berlin, um sich nach Übernahme seines Amts bei dem Hof
und der Regierung der befreundeten Macht in der Weise vorzustellen, wie das


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Doktor Jerum erinnerte sich an gewisse sehr umfangreiche Libationen, die auf
den großen Passagierdampfern von den Amerikanern in den Kabinen dem Götzen
Whisky dargebracht werden und dachte bei sich: die einen saufen heimlich und
die andern unheimlich, sagte es aber nicht. Sondern er erwiderte höflich:

„Ich muß Ihnen diesen .Brummschädel' erklären, Fräulein Doktor, vielleicht
urteilen Sie dann milder. Sehen Sie, ich habe gestern mittag einen — ich
darf wohl sagen: für mich sehr traurigen — Brief erhalten. Darauf bekam
ich schreckliches Heimweh nach Persien, und diesen Schmerz mußte ich betäuben.
Ein paar Freunde haben mir dabei geholfen."

„A—vnd, wie tut mir das leid!" sagte Miß Granton bewegt. „Es ist
doch keine von Ihren Relationen" — .Verwandtschaft', verbesserte Doktor Jerum —
„gestorben? Eine von Ihre Eltern oder eine Braut?"

Das fehlte noch, dachte Doktor Jerum, daß ich in Persien oder sonstwo .eine,
oder sogar mehrere Bräute sitzen hätte, und sagte:

„Ach nein, es ist mehr ein geschäftlicher Kummer. Und 'ne Braut hab'
ich überhaupt uicht."

„Aber, Mr. Jerum, wie kamen Sie «ach Persien?"

„Hingereist," sagte Dr. Jerum. „Haben Sie mal etwas von den Kadjaren
gehört?"

Davon hatte Miß Grantou uoch nichts gehört.

„Na, sehen Sie, also diese Kadjaren----aber wie stößt dies
Automobil!"

„Wohl uicht gut für Ihren Bunnnschädel?"

„Brummschädel", verbesserte Doktor Jerum.

(Fortsetzung folgt.)




Maßgebliches und Unmaßgebliches
Reichsspiegel

Fremde Besuche in Berlin — Gwinner gegen Rheinbaben.

Die Reichshauptstadt hat in dieser Woche politisch bedeutsame Besuche gesehen.
Das belgische Königspaar stattete dem deutschen Kaiserhof einen offiziellen Besuch
ab, ferner erschien der italienische Minister des Auswärtigen, der Marchese
ti San Giuliano, in Berlin, um sich nach Übernahme seines Amts bei dem Hof
und der Regierung der befreundeten Macht in der Weise vorzustellen, wie das


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[0486] Maßgebliches und Unmaßgebliches Doktor Jerum erinnerte sich an gewisse sehr umfangreiche Libationen, die auf den großen Passagierdampfern von den Amerikanern in den Kabinen dem Götzen Whisky dargebracht werden und dachte bei sich: die einen saufen heimlich und die andern unheimlich, sagte es aber nicht. Sondern er erwiderte höflich: „Ich muß Ihnen diesen .Brummschädel' erklären, Fräulein Doktor, vielleicht urteilen Sie dann milder. Sehen Sie, ich habe gestern mittag einen — ich darf wohl sagen: für mich sehr traurigen — Brief erhalten. Darauf bekam ich schreckliches Heimweh nach Persien, und diesen Schmerz mußte ich betäuben. Ein paar Freunde haben mir dabei geholfen." „A—vnd, wie tut mir das leid!" sagte Miß Granton bewegt. „Es ist doch keine von Ihren Relationen" — .Verwandtschaft', verbesserte Doktor Jerum — „gestorben? Eine von Ihre Eltern oder eine Braut?" Das fehlte noch, dachte Doktor Jerum, daß ich in Persien oder sonstwo .eine, oder sogar mehrere Bräute sitzen hätte, und sagte: „Ach nein, es ist mehr ein geschäftlicher Kummer. Und 'ne Braut hab' ich überhaupt uicht." „Aber, Mr. Jerum, wie kamen Sie «ach Persien?" „Hingereist," sagte Dr. Jerum. „Haben Sie mal etwas von den Kadjaren gehört?" Davon hatte Miß Grantou uoch nichts gehört. „Na, sehen Sie, also diese Kadjaren----aber wie stößt dies Automobil!" „Wohl uicht gut für Ihren Bunnnschädel?" „Brummschädel", verbesserte Doktor Jerum. (Fortsetzung folgt.) Maßgebliches und Unmaßgebliches Reichsspiegel Fremde Besuche in Berlin — Gwinner gegen Rheinbaben. Die Reichshauptstadt hat in dieser Woche politisch bedeutsame Besuche gesehen. Das belgische Königspaar stattete dem deutschen Kaiserhof einen offiziellen Besuch ab, ferner erschien der italienische Minister des Auswärtigen, der Marchese ti San Giuliano, in Berlin, um sich nach Übernahme seines Amts bei dem Hof und der Regierung der befreundeten Macht in der Weise vorzustellen, wie das

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_315638/486>, abgerufen am 29.06.2024.