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Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr.

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Sammlung der deutschen Zeitungen

Das Eingehen mif Einzelheiten würde hier zu weit führen. Der Gedanke hat
viel Bestechendes. Indessen bin ich doch nicht imstande, mich dafür in der
vorliegenden Gestalt sehr zu erwärmen. Auf alle Fälle meine ich, daß das
"Postmuseum" als "Reichs-Zeitungsmuseum" nur ein Übergangszustand sein
könnte. Was auf diesem Weg entstehen könnte, wäre nämlich doch wohl
nur eine Sammlung der Zeitungen der Gegenwart und Zukunft aus dem
ganzen Reichsgebiet. Nicht eine Sammlung der Vergangenheit, und zwar trotz
des Umstandes, daß das "Postmuseum" auch alte Zeitungen sammelt. Denn,
soviel ich habe feststellen können, haben diese bisher gesammelten alten Zeitungen
mehr den Charakter einer Merkwürdigkeitssammlung und lassen sich durch das Stich¬
wort: "ganz alte Zeitungen" kennzeichnen. Auch ist das "Zeitungsarchiv" oder die
"Registratur der Zeitungsausschnitte", wie spähn es ausdrückt, für mich von
dem Begriffe eines Zeitungsmuseums für das ganze Sprachgebiet völlig untrenn¬
bar. Ich vermag mir vorläufig kein Bild davon zu machen, woher das Reichs¬
postamt die "Volkswirtschaftler, Politiker und Historiker" nehmen sollte, die für
die "Verarbeitung des Zeitungsinhaltes" nötig wären. Übrigens glaube ich
annehmen zu dürfen, daß der ganze Gedanke, den in Straßburg zur Sprache
gebracht zu haben wiederum ein Verdienst von Armin Tille ist, nur ein Ver-
legenheitserzeugnis ist.

Man traut dem "Reiche" nicht den Willen zu, eine "Reichszentrale" zu
schaffen, dem preußischen Staate zwar diesen Willen, befürchtet aber gleichzeitig,
die anderen Regierungen würden ein preußisches Institut nicht gleich warn: zu
unterstützen geneigt sein, wie ein Reichsunternehmen. Sind beide Voraus¬
setzungen zutreffend, was ich meinerseits weder bejahen, noch verneinen möchte,
so dürfte sich der Ausweg dadurch bieten, daß der Staat Preußen das "Zeitungs¬
museum für das ganze Reichsgebiet" schafft und unterhält, das Reichspostamt
aber seinerseits die zur Feststellung des Jahresgewichts bei seinen einzelnen
Dienststellen eingehenden vollständigen Jahrgänge an es abliefert, also die
Vermittlerrolle für das Sammeln übernimmt. Ob die "Reichszentrale" dann
ihrerseits die Landes- und Provinzzeitungen, die sie selbst nicht zu behalten,
sondert? an die Landes- und Provinzzentralen abzugeben wünscht, an diese ver¬
teilen und versenden oder das Neichspostamt bitten soll, diese Verteilung und
Versendung unmittelbar vorzunehmen, ist eine Frage, die ich mich zu beantworten
nicht getraue. Dafür müssen technische Erwägungen und Rücksichten auf die
Kosten des Verteilungs- und Versendungsbetriebes maßgebend sein, hinsichtlich
derer ich nicht mitsprechen kann. Nur die bayerischen Zeitungen würden auf
diesem Wege nicht in die "Zeitungssammlung für das ganze Reichsgebiet"
gelangen. Ob die bayerische Regierung geneigt sein würde, die bei der
bayerischen Postverwaltung in der gleichen Weise eingehenden Zeitungsjahr-
günge in jene Sammlung abzugeben, oder ob sie nicht vorziehen würde, sie in
eine "Bayerische Landeszentrale" gelangen zu lassen, ist eine offene Frage. Zu
vermuten ist letzteres. Es müßte dann versucht werden, die Zeitungsverleger


Sammlung der deutschen Zeitungen

Das Eingehen mif Einzelheiten würde hier zu weit führen. Der Gedanke hat
viel Bestechendes. Indessen bin ich doch nicht imstande, mich dafür in der
vorliegenden Gestalt sehr zu erwärmen. Auf alle Fälle meine ich, daß das
„Postmuseum" als „Reichs-Zeitungsmuseum" nur ein Übergangszustand sein
könnte. Was auf diesem Weg entstehen könnte, wäre nämlich doch wohl
nur eine Sammlung der Zeitungen der Gegenwart und Zukunft aus dem
ganzen Reichsgebiet. Nicht eine Sammlung der Vergangenheit, und zwar trotz
des Umstandes, daß das „Postmuseum" auch alte Zeitungen sammelt. Denn,
soviel ich habe feststellen können, haben diese bisher gesammelten alten Zeitungen
mehr den Charakter einer Merkwürdigkeitssammlung und lassen sich durch das Stich¬
wort: „ganz alte Zeitungen" kennzeichnen. Auch ist das „Zeitungsarchiv" oder die
„Registratur der Zeitungsausschnitte", wie spähn es ausdrückt, für mich von
dem Begriffe eines Zeitungsmuseums für das ganze Sprachgebiet völlig untrenn¬
bar. Ich vermag mir vorläufig kein Bild davon zu machen, woher das Reichs¬
postamt die „Volkswirtschaftler, Politiker und Historiker" nehmen sollte, die für
die „Verarbeitung des Zeitungsinhaltes" nötig wären. Übrigens glaube ich
annehmen zu dürfen, daß der ganze Gedanke, den in Straßburg zur Sprache
gebracht zu haben wiederum ein Verdienst von Armin Tille ist, nur ein Ver-
legenheitserzeugnis ist.

Man traut dem „Reiche" nicht den Willen zu, eine „Reichszentrale" zu
schaffen, dem preußischen Staate zwar diesen Willen, befürchtet aber gleichzeitig,
die anderen Regierungen würden ein preußisches Institut nicht gleich warn: zu
unterstützen geneigt sein, wie ein Reichsunternehmen. Sind beide Voraus¬
setzungen zutreffend, was ich meinerseits weder bejahen, noch verneinen möchte,
so dürfte sich der Ausweg dadurch bieten, daß der Staat Preußen das „Zeitungs¬
museum für das ganze Reichsgebiet" schafft und unterhält, das Reichspostamt
aber seinerseits die zur Feststellung des Jahresgewichts bei seinen einzelnen
Dienststellen eingehenden vollständigen Jahrgänge an es abliefert, also die
Vermittlerrolle für das Sammeln übernimmt. Ob die „Reichszentrale" dann
ihrerseits die Landes- und Provinzzeitungen, die sie selbst nicht zu behalten,
sondert? an die Landes- und Provinzzentralen abzugeben wünscht, an diese ver¬
teilen und versenden oder das Neichspostamt bitten soll, diese Verteilung und
Versendung unmittelbar vorzunehmen, ist eine Frage, die ich mich zu beantworten
nicht getraue. Dafür müssen technische Erwägungen und Rücksichten auf die
Kosten des Verteilungs- und Versendungsbetriebes maßgebend sein, hinsichtlich
derer ich nicht mitsprechen kann. Nur die bayerischen Zeitungen würden auf
diesem Wege nicht in die „Zeitungssammlung für das ganze Reichsgebiet"
gelangen. Ob die bayerische Regierung geneigt sein würde, die bei der
bayerischen Postverwaltung in der gleichen Weise eingehenden Zeitungsjahr-
günge in jene Sammlung abzugeben, oder ob sie nicht vorziehen würde, sie in
eine „Bayerische Landeszentrale" gelangen zu lassen, ist eine offene Frage. Zu
vermuten ist letzteres. Es müßte dann versucht werden, die Zeitungsverleger


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341891_315638/471>, abgerufen am 29.06.2024.