Die Grenzboten. Jg. 69, 1910, Zweites Vierteljahr.Im Kampf gegen die Übermacht Die Männer arbeiteten stumm mit ihren Rudern. Stunde auf Stunde. Im Achtersteven, unter Fellen und Decken begraben, jammerte der Pfarrer Als die Nacht hereinbrach und die Klage des Pfarrers kein Ende nahm, zog "Ist der Herr Pfarrer krank?" fragte er. Und der Pfarrer schlug die Augen auf und sah ihn lange wie in Fieber- "Ja, Jonas," sagte er endlich, "jetzt ist der Pfarrer krank." "Könnten wir nicht irgendwie helfen. ..? "Nein, Jonas Bersvendsen, es gibt keine Hilfe. Außer bei Gott. Sehen Seither lag der Pfarrer ruhiger. Ein paar Stunden nach Mitternacht Sie wollten ihm helfen. Aber Sören Römer ging allein hinauf. In: Studierzimmer zündete er ein Licht an und setzte sich auf seinen Stuhl. Und er saß zusammengekauert, mit geschlossenen Angen da. Er hatte Gott getrotzt. Aber der Herr hatte sich erhoben -- im Grausen des Todes -- hatte sich Seine Seele war zerschmettert, Aber in der äußersten Tiefe der Zerschmetterung redete eine Stimme zu ihm. Wenn auch in Tod und Grauen -- es war doch Gott, der bei ihm war! Und er kauerte sich zusammen über seinem ringenden Gedanken. -- -- -- Thorborg trat leise an ihn heran. Er merkte es nicht, als bis sie die Hand "Willst du nicht zu Bett gehen?" Er sah auf. Und sie vergaß niemals seinen Blick. "BaldI" flüsterte er. Und Thorborg kehrte zurück. Aber Sören Römer stand unruhig auf; seine Augen schweiften im Zimmer Er konnte nicht hier sein... Er suchte Gott. . . und mußte allein sein. Er ging hinaus unter die Sterne. Unten vom Strande her hörte er die Bei der Kirche blieb er stehen. Da drinnen war es still und einsam. Da war Gott. Und er ging in die dunkle Sakristei hinein. Wie ein Nachtwandler legte er ruhig und langsam seinen Rock ab und zog Im Kampf gegen die Übermacht Die Männer arbeiteten stumm mit ihren Rudern. Stunde auf Stunde. Im Achtersteven, unter Fellen und Decken begraben, jammerte der Pfarrer Als die Nacht hereinbrach und die Klage des Pfarrers kein Ende nahm, zog „Ist der Herr Pfarrer krank?" fragte er. Und der Pfarrer schlug die Augen auf und sah ihn lange wie in Fieber- „Ja, Jonas," sagte er endlich, „jetzt ist der Pfarrer krank." „Könnten wir nicht irgendwie helfen. ..? „Nein, Jonas Bersvendsen, es gibt keine Hilfe. Außer bei Gott. Sehen Seither lag der Pfarrer ruhiger. Ein paar Stunden nach Mitternacht Sie wollten ihm helfen. Aber Sören Römer ging allein hinauf. In: Studierzimmer zündete er ein Licht an und setzte sich auf seinen Stuhl. Und er saß zusammengekauert, mit geschlossenen Angen da. Er hatte Gott getrotzt. Aber der Herr hatte sich erhoben — im Grausen des Todes — hatte sich Seine Seele war zerschmettert, Aber in der äußersten Tiefe der Zerschmetterung redete eine Stimme zu ihm. Wenn auch in Tod und Grauen — es war doch Gott, der bei ihm war! Und er kauerte sich zusammen über seinem ringenden Gedanken. — — — Thorborg trat leise an ihn heran. Er merkte es nicht, als bis sie die Hand „Willst du nicht zu Bett gehen?" Er sah auf. Und sie vergaß niemals seinen Blick. „BaldI" flüsterte er. Und Thorborg kehrte zurück. Aber Sören Römer stand unruhig auf; seine Augen schweiften im Zimmer Er konnte nicht hier sein... Er suchte Gott. . . und mußte allein sein. Er ging hinaus unter die Sterne. Unten vom Strande her hörte er die Bei der Kirche blieb er stehen. Da drinnen war es still und einsam. Da war Gott. Und er ging in die dunkle Sakristei hinein. Wie ein Nachtwandler legte er ruhig und langsam seinen Rock ab und zog <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0290" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/315929"/> <fw type="header" place="top"> Im Kampf gegen die Übermacht</fw><lb/> <p xml:id="ID_1691"> Die Männer arbeiteten stumm mit ihren Rudern. 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Im Kampf gegen die Übermacht
Die Männer arbeiteten stumm mit ihren Rudern. Stunde auf Stunde.
Im Achtersteven, unter Fellen und Decken begraben, jammerte der Pfarrer
hörbar.
Als die Nacht hereinbrach und die Klage des Pfarrers kein Ende nahm, zog
der erste Bootsmann Jonas Bersvendsen die Ruder ein und kletterte nach achterm.
Vorsichtig hob er die wärmenden Hüllen in die Höhe und beugte sich nieder.
„Ist der Herr Pfarrer krank?" fragte er.
Und der Pfarrer schlug die Augen auf und sah ihn lange wie in Fieber-
Phantasien an.
„Ja, Jonas," sagte er endlich, „jetzt ist der Pfarrer krank."
"
„Könnten wir nicht irgendwie helfen. ..?
„Nein, Jonas Bersvendsen, es gibt keine Hilfe. Außer bei Gott. Sehen
wir, daß wir nach Hanse kommen."
Seither lag der Pfarrer ruhiger. Ein paar Stunden nach Mitternacht
langten sie in der Maasvärer Bucht an.
Sie wollten ihm helfen. Aber Sören Römer ging allein hinauf.
In: Studierzimmer zündete er ein Licht an und setzte sich auf seinen Stuhl.
Es war still im Hause. Thorborg und das Kind schliefen nebenan.
Und er saß zusammengekauert, mit geschlossenen Angen da.
Er hatte Gott getrotzt.
Aber der Herr hatte sich erhoben — im Grausen des Todes — hatte sich
gegen ihn erhoben.
Seine Seele war zerschmettert,
Aber in der äußersten Tiefe der Zerschmetterung redete eine Stimme zu ihm.
Er hörte Gottes Stimme. Und nach dieser Stimme hatte er solange, solange
vergebens gelauscht.
Wenn auch in Tod und Grauen — es war doch Gott, der bei ihm war!
Durch die Finsternis der Seele mußte er sich vorwärts tasten, um den lebendigen
Gott wiederzufinden. Denn ohne ihn war die ewige Verdammnis.
Und er kauerte sich zusammen über seinem ringenden Gedanken. — — —
Thorborg trat leise an ihn heran. Er merkte es nicht, als bis sie die Hand
aus seinen Kopf legte.
„Willst du nicht zu Bett gehen?"
Er sah auf.
Und sie vergaß niemals seinen Blick.
„BaldI" flüsterte er. Und Thorborg kehrte zurück.
Aber Sören Römer stand unruhig auf; seine Augen schweiften im Zimmer
umher — blieben an der Tür hängen, die sich geschlossen hatte.
Er konnte nicht hier sein... Er suchte Gott. . . und mußte allein sein.
Er ging hinaus unter die Sterne. Unten vom Strande her hörte er die
Stimmen der Männer. Und er wandte seine Schritte den gewohnten Weg hinaus
nach der Fischerspitze.
Bei der Kirche blieb er stehen.
Da drinnen war es still und einsam. Da war Gott.
Und er ging in die dunkle Sakristei hinein.
Wie ein Nachtwandler legte er ruhig und langsam seinen Rock ab und zog
den Talar an. Dann holte er den Kragen heraus und band auch den um. Und
dann ging er in die Kirche hinein.
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